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Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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wie er Rose im Arm hält, weiß ich, was er tun wird. Ich kann den Anblick von Nähe nicht länger ertragen, frage mich, warum ich erst Ronnie verloren habe und dann Tom. Im Zimmer stelle ich meine Flasche neben den Schreibtisch auf den Boden und werfe mich auf mein zerwühltes Bett. Um mich abzulenken, greife ich nach dem Umschlag auf dem Schreibtisch. Ein amtliches Schreiben. City of Riverside. California.
    Die Adresse sagt mir nichts. Der Name auch nicht.
    Ich taste nach meinem Taschenmesser in der Schublade und ziehe es vorsichtig aus der Lederhülle, auf der eingestanzt ist: Cree & Söhne, Fields.
    Gedankenverloren fährt mein rechter Zeigefinger die Schneide entlang und ich zucke nicht zusammen, obwohl ich den Schmerz spüre. Ein solches Messer kann man immer brauchen. Habe ich von Ronnie gelernt.
    Etwas zieht sich in meiner Brust zusammen. Die Erinnerungen. Wie wir uns gefunden und wieder verloren haben. Durch meine Schuld.
    Als ich neun oder zehn war, lauerte mir über ein Jahr lang fast jeden Tag auf dem Nachhauseweg von der Schule irgendwer auf. Ich galt als Träumer, Clown und dabei war ich einfach nur ein Feigling. Ich haute nämlich nicht ab, sondern ließ mich regelmäßig vermöbeln. Irgendwie fehlt mir das Gen für Aggression. Mich zu wehren, kam mir gar nicht in den Sinn. Mom, die besorgt war, erklärte ich, ich sei mit dem Fahrrad hingefallen, gegen eine Wand gestoßen, ein Basketball hätte mich beim Sport am Kopf getroffen.
    Das ging so lange, bis Ronnie auftauchte und mich zu Mr Kowalskis Schrottplatz brachte, wo es Tausende von Verstecken gab.
    »Die einen sind Verlierer, die anderen Gewinner«, erklärte mir Ronnie. »Du musst dich nur entscheiden.«
    Komischerweise erschien er mir immer als Gewinner, obwohl er in dieser heruntergekommenen gruseligen Wohnwagensiedlung hauste und ich in einer idyllischen Vorstadtvilla lebte mit akkurat geschnittenem Rasen, rosa blühenden Magnolienbäumen und Moms Schaukelstuhl auf der weiß gestrichenen Veranda.
    Ronnie hatte einen unglaublichen Charme, er war mein Held, schon allein, weil er frei war. Er konnte sich in der Stadt herumtreiben, wann immer er wollte und wie lange er wollte, während ich meinen übertrieben fürsorglichen Eltern immer Rechenschaft ablegen musste.
    Ronnie und ich wurden Blutsbrüder. Wir verpflichteten uns, in jeder Situation bedingungslos füreinander einzustehen. In unerschütterlicher Treue. Wir hatten uns gesucht und gefunden, zwei Außenseiter, gerade noch gesellig genug, um lieber gemeinsam als allein unterzugehen.
    Unsere Blutsbrüderschaft hielt gerade einmal zwei Jahre.
    Und sie endete damit, dass Ronnie mich anspuckte.
    Es war Sommer.
    Es war heiß.
    Aber wenn ich ehrlich bin, dann begann es schon vorher zu bröckeln. Mom ging es immer schlechter, und während Ronnie und ich langsam auseinanderdrifteten, versuchte ich zu retten, was zu retten war. Je mehr Ronnie sich von mir entfernte, desto näher rückte ich ihm. Ja, das war ein Fehler. Dabei schien es mir, als ob alles stimmte. Der Fluss, der sich scheinbar träge vorwärtsbewegte, das warme Gras am Ufer, die Sonne, die so kitschig am Horizont unterging. Ronnie hatte wieder einmal aus einer seiner Quellen sagenhaften Stoff besorgt. Wir zogen uns einen Joint nach dem anderen rein. Der Himmel hatte die verrücktesten Farben. Orangefarbene und feuerrote Streifen liefen ineinander und dann wieder ein grelles Pink, das so knallte, dass Ronnie sagte: »Da wird man ja blind.«
    »Ja, farbenblind«, erwiderte ich und wir brachen in dieses Lachen aus, das einen nur überfällt, wenn man total stoned ist.
    Ronnie war der Erste, der aufsprang, seine Shorts und das T-Shirt abstreifte. Er zerrte mich hoch und zog mich Richtung Wasser. Wir hatten uns schon oft angefasst. Aber an diesem Abend hatte sich etwas verändert. Wir hatten uns beide in den letzten Monaten verändert. Die Pubertät hatte uns voll im Griff. Ein einziger Hormonschub hatte genügt, dass sich meine Stimme anhörte wie die eines Kastraten und an Stellen Haare wuchsen, auf die ich nicht vorbereitet war.
    Jedenfalls umarmte ich Ronnie.
    Er schüttelte mich ab wie eine nasse Katze, sagte wütend: »Versuch das nie wieder«, und begann, sich anzuziehen. Danach war die Stimmung vorbei. Ich hatte sie zerstört.
    Zwei Tage später passierte es dann.
    Diesmal trafen wir uns nicht am Fluss, sondern auf dem Schrottplatz, wo wir uns den Joint in einem alten Buick reinzogen, der nur noch ein Rad besaß. Die Sache am Fluss

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