Das Tal Bd. 7 - Die Jagd
fort. »Ich habe einen Vertrag unterschrieben, dass ich nie versuchen werde, dich zu treffen. Ich habe versucht, mich daran zu halten, aber ich bin nun mal nicht der Typ für Verträge. Ich treibe die Produzenten echt in den Wahnsinn, weil ich nie die Termine einhalte bei meinen Drehbüchern …«
»Du schreibst Drehbücher?« Die Frage bricht aus mir heraus. Ich kann es nicht verhindern. Ich hatte keine Ahnung, dass Gene so hinterhältig und gemein sein können. Dieselben Augen – okay. Die gleiche Haarfarbe … kein Problem. Aber offenbar teilt sie meine Leidenschaft für Filme. Das macht mich nervös und anfällig für ihren Charme, den sie … das muss ich sagen … durchaus besitzt, auf diese verlebte, fertige Art und Weise.
»Ich lebe bei Los Angeles und arbeite für verschiedene Filmproduktionen. Kennst du den Film Fright Night? Da habe ich am Drehbuch mitgeschrieben.«
»Ich liebe diesen Film. Ich habe …«
Noch bevor ich den Satz zu Ende bringen kann, wird sie nervös und starrt in den engen Tunneleingang, der sich hinter mir öffnet. »Wir haben nicht mehr viel Zeit«, sagt sie. Sie lässt die Zigarette fallen und löscht sie mit der Fußspitze. »Nein, falsch, ich hab nicht mehr viel Zeit.«
Plötzlich will ich nicht, dass sie geht. Ich habe noch so viele Fragen. »Wie seid ihr damals verschwunden? Warum hat man behauptet, ihr seid verschollen?«
»Das ist lange her. Es gab viele Gründe zu verschwinden. Der Tod von Grace, Milton, der Paul getötet hat, und … das College wollte es so.«
»Das College? Sie wussten davon? Aber sie haben doch Suchmannschaften geschickt.«
Sie lacht wieder auf, abermals dieser entsetzliche Tonfall und dieses falsche, zynische Gelächter.
»Alle haben zusammengehalten. Der Dean, John Bishop und William Finder. Er war der Sicherheitschef vom Solomon-College und hatte Beziehungen zur Polizei. Er hat uns falsche Pässe besorgt, damit wir untertauchen konnten. Wir mussten unterschreiben, dass wir Stillschweigen bewahren. Alles lief über die Stiftung …«
»Welche Stiftung? Ich muss alles darüber wissen. Meine Freunde sind in Gefahr … irgendetwas geht hier oben vor und …«
Ich erhalte keine Antwort. Sie macht nicht mal Anstalten, etwas zu sagen. Stattdessen verflüchtigt sie sich einfach. Sie verblasst, verschmilzt mit der Wand.
Und jetzt kann ich auch erkennen, was dort geschrieben steht.
KATIE WAS HERE.
Angela’s Truth
W as auch immer mich in die Realität zurückgebracht hat, ich wache auf, weil um mich herum eine aufgeregte Diskussion im Gange ist.
Bevor ich noch richtig wach bin, höre ich mich selbst sagen:
»Stillschweigen, Erbe, Absturz.«
So plötzlich aus meinem Zustand gerissen, für den ich immer noch keinen Namen habe, pocht mein Herz wie wild. Ich weiß nicht, was diese Worte bedeuten, oder besser, in welchem Zusammenhang sie stehen. Ich versuche, mich verzweifelt an alles zu erinnern, jedes Detail, aber die Bilder … ich spüre es, besitzen nur eine geringe Kraft, als ob jemand schon dabei ist, sie wieder zu löschen. Ich muss es sofort den anderen erzählen. Aber niemand schenkt mir Aufmerksamkeit, als ich die Augen aufschlage. Sie scheinen nicht bemerkt zu haben, dass ich mich erneut auf eine Zeitreise begeben habe, wobei ich langsam glaube, es handelt sich um etwas anderes. Denn es liegt keine Logik in dem Ganzen. Also nicht in dem Sinne, dass ich Beobachter bin bei Ereignissen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben … oder besser, ich bin natürlich Beobachter, aber gleichzeitig spiele ich auch mit. Und eben bin ich das erste Mal auf die Gegenwart getroffen. Das glaube ich zumindest.
Ich schaue zu den anderen hinüber. Sie achten noch immer nicht auf mich. Irgendetwas lenkt die Aufmerksamkeit von mir ab und im selben Moment begreife ich auch, was es ist,
oder besser, wer es ist.
Debbie.
Sie steht mitten im Raum, und wenn mich nicht alles täuscht, bekommt sie kaum Luft.
»Nein, ich will mich nicht beruhigen«, kreischt sie. »Ihr hört mir jetzt mal zu! Steh auf, Robert. Und wenn du wirklich so schlau bist und diese hellseherischen Kräfte besitzt, die man dir zuschreibt, dann hast du das gewusst. Du hast es gewusst, stimmt’s?«
Natürlich wartet sie die Antwort nicht ab. Ihr Gesicht ist fleckig vor Aufregung und ihre Augen blitzen. Normalerweise besitzen sie eine Leuchtkraft von null Watt, aber jetzt könnte sie damit vermutlich einer Lampe Konkurrenz machen. Und irgendein seltsamer Geruch hängt im Zimmer und ich
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