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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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dort wieder hinüber. Wenn alles gutgeht, werden wir sie überraschen. Wir haben eine Aufgabe für dich.« Er beschrieb die Rolle, ohne viele Umstände zu machen, ohne etwas zu beschönigen. »Das ist alles«, meinte er sachlich. »Wir werden uns um das übrige kümmern.«
    »Alles!« schrie Scrat auf. Er zitterte.
    »Das ist nicht viel, Scrat.«
    Der Winzling sah ihn verstört an. »Nur eben auf Grus Türschwelle warten …«
    »Nachts, am Fluß. Es wird dunkel sein.«
    »Den Weg zeigen?«
    »Vom Ufer aus.« Kine nickte.
    »Das Nerzufer!«
    »Niemand wird dich sehen.«
    »In das Labyrinth?«
    »Du kennst dich dort aus. Wir brauchen einen Eingang auf der Rückseite, Scrat.«
    »Der Bunker der Teuflin!« Scrat jammerte. »Du hast den Verstand verloren, Kine. Du bist wahnsinnig … wahnsinnig …«
    Kine scharrte ungeduldig mit den Pfoten. Dunkle, sichelförmige Mauersegler sausten über sie hinweg, auf der Jagd nach Schnaken, die schwerfällig durch die Luft flogen. So dicht glitten die Mauersegler vorbei, daß man deutlich das Surren ihrer Flügel hören konnte. Kine sagte: »Ja, ich bin wahnsinnig, Scrat, wahnsinnig und gefährlich. Ich habe Rache geschworen …«
    Bald würden die Mauersegler wieder fortziehen. Wie schnell das Korn gereift war, dachte er; es schien gestern gewesen zu sein, als sich das Gras auf dem Heufeld wiegte und Kia in den sanften Wogen tanzte. Wie schnell der opalblaue Juni zum goldenen August geworden war. »Reiz mich nicht! Wenn du das verloren hättest, was ich verloren habe, Scrat, dann würdest du mich verstehen. Ich bitte dich nun darum …«
    »Ich kann dich verstehen.« Der Winzling zitterte, aber seine Stimme blieb fest. Seine Schnauze bewegte sich heftig. Kine dachte, daß er weinen würde. Doch Scrat schluckte nur. »Sie ist gut zu mir gewesen«, sagte er mit einer nahezu sicheren Stimme. »Sie ist gut zu mir gewesen.«
    »Es ist etwas gefährlich«, sagte Kine rasch.
    »Aber das ist nun einmal so, wenn man s-spioniert.«
    »Wir brauchen deine Hilfe.«
    »Ich beneide euch nicht um eure Wanderung durch den großen Sumpf, Kine. Woher soll ich wissen, wann ihr den Burghügel erreicht habt?«
    »Ich werde die Saatkrähe losschicken, Scrat.«
    »Noch ein Tip, Kine. Ich bin zwar nicht so mutig wie ein Wiesel, aber ich kenne die Marsch. Schwimmt in das Schilf neben der Auslaßöffnung, dann könnt ihr euch wenigstens noch versteckt halten, bis ihr euch wieder gesammelt habt. Von dort bis zum Bunker befindet sich eine freie Fläche – da werdet ihr schnell laufen müssen. Ich werde euch zeigen, wie ihr hineinkommen könnt. Um die Pumpstation herum ist die Erde abgefallen, und man kann ins Fundament gelangen. Nicht ich, wohlgemerkt! Ich werde draußen bleiben. Das Gemetzel ist Sache der Wiesel.«
    »Überlaß das uns!«
    »Das werde ich tun.«
    »Und, Scrat …« Kine brach ab und sagte dann mit leiser Stimme: »Schon gut, Scrat. Du mußt verstehen. Sie haben keines von den Jungen geschont; kein einziges …«
     

Dritter Teil
Die Dandy Hounds

14. Kapitel
    Entschlossen führte Kine die Wieselbande aus dem Wald, lief in südöstlicher Richtung bis zum äußersten Punkt seines Reviers und ließ sie dort anhalten. Er kundschaftete die Gegend aus, beobachtete die Strömung des Flusses, der ruhig dahinzog und sich im frühen Morgenlicht glatt und glasartig zeigte, unterhalb der stillen Ufer schwarz. Auf der anderen Seite befand sich der Bau des Otters.
    Der Otter, ein entfernter Verwandter Kines, von ehrwürdiger Abstammung, war meistens nicht zu Hause anzutreffen. Er suchte diesen Bau nur sehr selten auf; ein zurückhaltendes, einsames Tier, das in der Nacht zwischen seinen Schlupfwinkeln, die mehrere Kilometer auseinanderlagen, umherhuschte. Der Otter bewegte sich rastlos von einem Ort zum anderen. Einmal hielt er sich im Tal auf, dann wanderte er zum Meer, wo er für kurze Zeit in Klippenhöhlen wohnte; dann kehrte er, die Wasserwege benutzend, wieder zurück.
    Die Wiesel hatten seit der Eiszeit zusammen mit dem großen Wasserbewohner in dem Tal gelebt. Kine kannte seine Gewohnheiten. Und nun wußte er anhand der Losung und anderer Zeichen, daß er zu Hause war, daß er in seinem schlammigen Bau Ausschau hielt. Plötzlich erschien das breite Gesicht des Otters, seine Augen leuchteten wie Lampen auf, und mit einer schnellen Bewegung verschwand er im Wasser, um in einer anderen Gegend nach Forellen zu jagen.
    Kine rief die Wiesel herbei. Als eins nach dem anderen in den Fluß glitt, blickte

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