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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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Sumpfwiesel folgte ihm, benutzte den neuen Pfad. Der Kleine lief dicht hinter Ford.
    Das Feuer war überall. Sie schienen nur immer gerade einen Sprung weit von ihm entfernt zu sein. Das Feld glich einem Ofen, einem Inferno, das mit einer derartigen Heftigkeit tobte, daß Kine glaubte, die Welt würde zusammen mit ihnen verbrennen, das ganze Universum. Die Luft war am Kochen. Sie trocknete seine Lunge aus. Lodernde Flammen betäubten die Sinne, versengten die Haare, schienen ihn auszudörren. Rote Zungen schnappten nach ihm. Eine Stoppelreihe färbte sich vor Hitze schwarz, als er sie durchbrach und weiterstürmte. Vor ihnen raste die Spitze entlang und drohte ungestüm ihre Flucht zu vereiteln.
    Von der Seite her bewegte sich die gewölbte Feuerwand wie eine sich schließende Schiebetür. Der Korridor zur Sicherheit wurde immer schmaler, während sie ihn entlangliefen und seine schwarzen Schwaden einatmeten. Er war mit Gasen gefüllt, die sich mit einem plötzlichen Wirbel entzündeten und den Fluchtweg vor ihnen mit Flammen bedeckten. Erschrocken und verzweifelt wichen die Wiesel zurück. Dann sauste Kine auf das Hindernis zu. »Mittendurch, nicht zögern!« schrie er. »Das ist unsere einzige Chance!«
    Alle Instinkte außer acht lassend, stürmten sie zusammen ins Feuer. Kine schloß seine Augen und befand sich im brennenden Raum, seine Nerven rebellierten gegen den Schmerz, gegen die sengende Hitze. Er schien mitten in der Luft geröstet zu werden, zu vertrocknen, schien sich mit den Schwaden zu füllen, die sein Bewußtsein vernebelten. Dann ein schockierendes Platschen, und er lag im Wasser, die anderen neben ihm, und die Flut schlug sanft gegen ihre Körper, während sie durchnäßt wurden. Wiesel sprenkelten den Rand des Sumpfes, tauchten unter, wälzten sich. Sie beobachteten die Flammen. Eine Zeitlang sprach niemand ein Wort, dann meinte Ford grinsend: »Du kannst gegen den Sumpf sagen was du willst, in Brand stecken können sie ihn jedenfalls nicht!«
    Sie standen inmitten der Asche, während Trecker und Pflug sich in der Ferne auf dem oberen Feldrand entlangbewegten, und Kine bezeigte den Umgekommenen seine Hochachtung: denjenigen Wieseln, die seit Beginn der Wanderung ihr Leben verloren hatten. Die erkaltete, schwarze Landschaft bot einen trostlosen Anblick. Hier und dort zeigte ein braungelber Streifen auf der verkohlten Fläche an, wo das Feuer kurze Abschnitte einiger Stoppelreihen verschont hatte, doch die Flammen waren insgesamt gesehen recht gründlich gewesen, und das Feld trauerte. Man konnte sich schwerlich vorstellen, daß auf dieser leblosen Anhöhe innerhalb von einigen Tagen Pflanzen hervorsprießen würden, aber der Pflug förderte bereits fruchtbare Erde und robuste Würmer zutage.
    Er würde jedoch auch die verbrannten Knochen einiger Wiesel begraben, die es nicht geschafft hatten zu entkommen, und Kine stellte sie auf eine Stufe mit den Opfern am Galgen. »Wir werden sie nicht vergessen. Niemand, der auf unserem Weg umgekommen ist, wird in Vergessenheit geraten, ob er nun zertrampelt worden, ertrunken oder verbrannt ist. Wir werden sie in Erinnerung behalten.« Asche trieb im Wind, und einige vorüberfliegende Schwäne beteiligten sich mit dem wilden Wohlklang ihrer heiseren Schreie an der Totenmesse. »Sie kamen mit uns, um das zu tun, was noch getan werden muß«, sagte er. »Wenn wir jetzt vor dem Abschluß der Unternehmung stehen, werden sie uns mit Kraft erfüllen. Laßt uns weitergehen.«
    Die Luft war trocken, wirkte belebend, und die ungewohnten Hecken, an denen Ford sie vorbeiführte, hingen voller Früchte. Die Ansammlungen der Brombeeren in den Sträuchern glichen Weintrauben; die Schlehen waren getüpfelt von ihren blauschwarzen Früchten. Überall wetteiferten die zinnoberroten Hagebutten der wilden Rosen mit den kirschroten Mehlbeeren des Weißdorns darum, die Sonnenstrahlen einzufangen. Diese letzte Etappe war nach dem Hochwasser und dem Feuer eine angenehme Abwechslung, und die Wiesel setzten ihren Weg mit neuem Schwung fort. Bachdurchlässe gurgelten. An den Rändern der Dickichte wurde es warm. An feuchten Stellen standen rötliche, mit Lamellen versehene Giftpilze und flechtenbewachsene, uralte Zaunpfähle, die genauso fest eingewurzelt zu sein schienen wie die Hecken. Die Wiesel liefen mit wachsender Zuversicht voran.
    Diejenigen, die sie sahen – und menschliche Augen waren nicht dabei –, vergaßen nicht mehr die Einzigartigkeit der geschmeidigen, eleganten

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