Das Tal der Wiesel
Wieselbande, ein äußerst ungewöhnlicher Anblick. Die kleinen Tiere bewegten sich auf den Burghügel zu und legten eine Großtuerei an den Tag, die kaum etwas von den erduldeten Qualen merken ließ. Die glänzenden, auf und ab hüpfenden Felle gaben den dandy hounds das Aussehen eines Karnevalszuges; eine trügerische, ausgelassene Schalkheit verhüllte die Schrecklichkeit ihres Vorhabens. Schwärme junger Spatzen, die das Tal erforschten, schwirrten mit unternehmungslustigem Interesse um die Wiesel herum. Eine Gruppe von Reihern in einem Wasserlauf streckte sich gereizt, aber neugierig, und auf einer Wiese blickte ein altes Pony verwundert auf die einzige Wieselbande, die es jemals sehen würde.
Gelegentlich flüsterten sich Igel, die ehrwürdigen Virtuosen der Überlebenskunst, aus den Dickichten Warnungen zu, als das Wieselvolk vorbeilief. Die schwerfälligen Igel waren gut ausgerüstet. Nicht nur ihre spitzen Rückenstacheln dienten ihnen zur Verteidigung, auch ihre robuste innere Konstitution schützte sie. So waren sie unempfindlich gegen das Gift ihres alten Feindes, der Kreuzotter. Sie konnten den Winter bei niedrigen Temperaturen durchschlafen. Aber wahrscheinlich bestand der Hauptgrund ihres zahlreichen Auftretens in dem Tal darin, daß sie sich tagsüber versteckten und erst nachts auf Nahrungssuche gingen. Dann verkündeten ihre sonderbar geräuschvollen Stimmen die Vorzüge des Nachtlebens.
»Schlagt in der Dunkelheit zu«, sagten sie. »Was ihr auch immer vorhabt, schlagt in der Dunkelheit zu.«
Kine ließ sich nicht beirren. Er hatte die Vorteile eines nächtlichen Überfalls abgewägt, und sie wurden durch das Risiko, blind durch die starke Strömung des Flusses zu schwimmen, in Frage gestellt. Er hielt einen Angriff bei Tagesanbruch noch immer für das Beste. Im Labyrinth, überlegte er, würde es dunkel genug sein. Er malte sich die Situation aus: die Schrecken des Bunkers, seine verhaßten Bewohner. Er zweifelte nicht daran, daß die entscheidende Auseinandersetzung unter der Erde stattfinden würde.
Aber nun wärmte die Sonne ihren Weg, und als endlich der Hügel in Sicht kam, sah er überraschend ruhig und friedlich aus, nichts deutete darauf hin, daß von hier aus ein grausamer Überfall gestartet werden sollte. Sie waren an einem kleinen Gehölz entlang zu einer holprigen Weidefläche gekommen, zu einem Zauntritt, der sich im Zerfallsstadium befand, die hölzerne Stufe war am Verfaulen, und plötzlich ragte der Hügel im Abendlicht vor ihnen auf, eine leicht bewaldete, stämmige Insel, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlend. Seine Böschungen waren sanft und grasbewachsen. Wo die Sonne auf die hohen Bäume schien, leuchtete das Laubwerk golden, wo die Schatten vorherrschten, färbte es sich dunkelrot. Vögel sangen aus ihrem Versteck heraus.
»Ihr seid angekommen«, knurrte Ford zufrieden. »Von hier an müssen wir dicht beieinanderbleiben. Seid vorsichtig.«
»Streifen hier Nerze herum?«
»Überall. Wir werden uns über ihrem Schlupfwinkel befinden, wenn wir den Hügel hinaufgeklettert sind.«
Kine betrachtete die Anhöhe. »Natürlich«, murmelte er. Sie sah einladend aus – sehr einladend; und es war kaum zu glauben, daß sie sich von dort aus an das Versteck der todbringenden Nerzin heranschleichen würden.
18. Kapitel
Die gefleckte Henne öffnete ein Auge, doch es war dunkel draußen, und die Haut schob sich wieder über die runde Linse. Einige Minuten lang achtete sie nicht auf das Knirschen des Holzes neben der Lattentür. Die Nacht war immer voller Geräusche, und die Hühner rückten auf ihrer Stange im Stall näher zusammen. Der Holzverschlag war schon alt, seit Wilderers Krankheit doppelt vernachlässigt, doch die Hühner, die von dem Mädchen, das jeden Abend vorbeikam, eingeschlossen worden waren, fühlten sich geborgen.
Es handelte sich um eine gemischte Gesellschaft – gekreuzte Leghorns, Rhodeländer und Sussex-Hühner – ungefähr zwanzig, die gefleckte Henne stand an der Spitze ihrer Hackordnung. Sie hatte schon einige Jahre lang in Wilderers Obstgarten herumgescharrt, war die mutigste von allen, doch nun, als das nagende Geräusch lauter wurde, fürchtete sie sich etwas, und die anderen bewegten sich unruhig. Zähne rissen an der Bretterwand, drangen in das morsche Holz. Sie arbeiteten schnell, hielten nur inne, um die Splitterstücke der Latten aus dem Weg zu räumen.
Nach vier oder fünf Minuten hörte der Lärm auf; ein Zittern durchlief die Hühner, die auf
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