Das Tao der Physik
des Wandels herstellt und sie Dinge
nennt. .. Wenn wir die Wahrheit über die Dinge wissen, wird uns
klar, wie absurd es ist, isolierte Produkte der unaufhörlichen Serie
von Umwandlungen zu verehren, als ob sie ewig und real wären.
Das Leben ist kein Ding und kein Zustand eines Dinges, sondern
eine kontinuierliche Bewegung oder Wandlung. 5
Die moderne Physik und die Östlichen Mystiker haben erkannt,
daß alle Phänomene in dieser Welt dynamisch zusammenhängen. Hindus und Buddhisten sehen diesen Zusammenhang als
kosmisches Gesetz, das Gesetz des » Karma«, aber sie befassen
sich im allgemeinen nicht mit spezifischen Strukturen im universalen Netzwerk von Vorgängen. Die chinesische Philosophie andererseits, die auch Bewegung und Wandel betont, hat
den Begriff von dynamischen Strukturen entwickelt, die im
kosmischen Fluß des Tao ständig gebildet und wieder aufgelöst
werden. Im/ Ching oder »Buch der Wandlungen« (vgl. S. 112)
wurden diese Strukturen zu einem System von Ursymbolen
ausgearbeitet, den sogenannten Hexagrammen.
Die Grundordnung der Strukturen im / Ching ist das Zusammenspiel der polaren Gegensätze Yin und Yang. Das Yang
wird durch eine durchgehende Linie ( – ), das Yin durch eine
unterbrochene Linie ( – – ) dargestellt, und das ganze System
von Hexagrammen ist aus diesen beiden Linien aufgebaut.
Werden sie zu Paaren kombiniert, erhält man vier Konfigurationen:
Fügt man zu jeder von diesen eine dritte Linie hinzu, ergeben
sich acht »Trigramme«:
Im alten China repräsentierten die Trigramme alle möglichen
kosmischen und menschlichen Situationen. Sie erhielten Namen, die ihre Grundcharakteristiken wiedergeben, wie »Das
Schöpferische«, »Das Empfangende«, »Das Erregende« etc.,
und wurden mit vielen Bildern aus der Natur und dem sozialen
Leben assoziiert. Sie repräsentieren Himmel, Erde, Donner,
Wasser etc., aber auch eine Familie mit Vater, Mutter, drei
Söhnen und drei Töchtern. Man verband sie außerdem mit den
Himmelsrichtungen und den Jahreszeiten und ordnete sie oft so
an:
Sommer
Winter
In dieser Anordnung sind die acht Trigramme in der »natürlichen Ordnung«, in der sie entstanden, um einen Kreis gruppiert. Der Anfang liegt oben (bei den Chinesen immer der Süden), die ersten vier Trigramme kommen auf die linke Seite des
Kreises, die zweiten vier auf die rechte. Diese Anordnung zeigt
einen hohen Grad von Symmetrie; gegenüberliegende Trigramme haben Yin- und Yang-Linien vertauscht.
Um die Anzahl der möglichen Kombinationen weiter zu erhöhen, wurden die acht Trigramme paarweise übereinander
angeordnet. Dadurch ergeben sich vierundsechzig Hexagramme, von denen jedes aus sechs durchgehenden oder unterbrochenen Linien besteht. Die Hexagramme wurden in verschiedenen regelmäßigen Mustern angeordnet, am häufigsten in den
beiden unten abgebildeten: ein Quadrat aus acht mal acht
Hexagrammen und eine kreisförmige Folge in der gleichen
Symmetrie wie die Kreisanordnung der Trigramme.
Die vierundsechzig Hexagramme sind die kosmischen Archetypen, auf denen der Gebrauch des I Ching (oder I Ging) als
Orakelbuch basiert (s. S. 114). Für die Deutung jedes Hexagramms müssen die verschiedenen Bedeutungen seiner beiden
Trigramme berücksichtigt werden. Liegt z. Β. das Trigramm
»Das Erregende« auf dem Trigramm »Das Empfangende«, so
wird das Hexagramm als »Bewegung, die auf Hingabe stößt
und daher mitreißend, begeisternd wirkt«, interpretiert. Der
Name des ganzen Zeichens ist denn auch »Begeisterung«. 6
Das Erregende
Das Empfangende
Die Begeisterung
Das Hexagramm für Fortschritt, um ein anderes Beispiel zu
nennen, wird durch »Das Haftende« über dem »Empfangenden« dargestellt und als die aufgehende Sonne über der Erde
interpretiert. Es ist somit ein Symbol des schnellen, leichten
Fortschritts.
Das Haftende
Das Empfangende
Der Fortschritt
Im I Ching stellen die Trigramme und Hexagramme die Strukturen des Tao dar, die vom dynamischen Zusammenspiel von
Yin und Yang erzeugt werden, und spiegeln sich in allen kosmischen und menschlichen Situationen. Diese Situationen werden
daher nicht statisch gesehen, sondern als Stadien in einem kontinuierlichen Fluß und Wandel. Alle Dinge in der Welt sind der
Wandlung unterworfen, und ihr Abbild, die Trigramme und
Hexagramme, ebenso. Sie befinden sich in einem Zustand
ständigen Übergangs; eins wird zum anderen, durchlaufende
Linien dehnen sich und zerbrechen in zwei Teile, unterbrochene Linien ziehen sich zu
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