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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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einer
solchen Theorie würden die Hadronen-Symmetrien in der
mathematischen Struktur der S-Matrix sich so ausdrücken,
daß sie nur Elemente enthält, die den von den Erhaltungsgesetzen zugelassenen Reaktionen entsprechen. Diese Gesetze
hätten dann nicht mehr den Status von empirischen Regeln,
sondern wären eine Konsequenz der S-Matrix-Struktur, daher
eine Konsequenz der dynamischen Natur der Hadronen.
    Zur Zeit versuchen die Physiker, dieses ehrgeizige Ziel dadurch zu erreichen, daß sie mehrere allgemeine Prinzipien aufstellen, die die mathematischen Möglichkeiten, S-Matrix-Elemente zu konstruieren, einschränken und somit der S-Matrix
eine definitive Struktur geben. Bisher wurden drei dieser allgemeinen Prinzipien aufgestellt. Das erste legt uns die Relativitätstheorie und unsere makroskopische Erfahrung von Raum
und Zeit nahe. Es besagt, daß die Reaktionswahrscheinlichkeiten (und somit die S-Matrix-Elemente) sowohl von der räumlichen und zeitlichen Anordnung der Experimentiergeräte als
auch von ihrer Orientierung im Raum sowie vom Bewegungszustand des Beobachters unabhängig sein müssen. Wie im vorhergehenden Kapitel besprochen, beinhaltet die Unabhängigkeit einer Teilchenreaktion von Änderungen der Orientierung
und der Anordnung in Raum und Zeit die Erhaltung des Gesamtbetrags an Rotation, Impuls und Energie, die an der Reaktion beteiligt sind. Diese Symmetrien sind für unsere wissenschaftliche Arbeitsmethode unerläßlich. Würden sich die Ergebnisse eines Versuchs mit dem Ort und der Zeit seiner
Durchführung ändern, dann wäre die Wissenschaft in ihrer gegenwärtigen Form unmöglich. Die letzte Forderung schließlich,
daß die Versuchsergebnisse nicht von der Bewegung des Beobachters abhängen dürfen, ist das Relativitätsprinzip, das die
Grundlage der Relativitätstheorie bildet (s. S. 167).
    Auf das zweite allgemeine Prinzip weist die Quantentheorie
hin. Es behauptet, daß der Ausgang einer Reaktion nur als
Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann, und außerdem,
daß die Summe der Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen
Ausgänge — eingeschlossen den Fall, daß keine Wechselwirkung zwischen den Teilchen auftritt - gleich eins sein muß. Mit
anderen Worten, wir können sicher sein, daß die Teilchen entweder miteinander in Wechselwirkung treten oder nicht. Diese
anscheinend triviale Behauptung erweist sich in Wirklichkeit
als mächtiges Prinzip, das unter dem Namen »Unitarität« bekannt ist und die Möglichkeiten, S-Matrix-Elemente zu konstruieren, stark einschränkt.
    Das dritte und letzte Prinzip bezieht sich auf unseren Begriff
von Ursache und Wirkung. Es behauptet, daß Energie und Impuls über räumliche Entfernungen nur durch Teilchen übertragen werden und daß diese Übertragung so erfolgt, daß ein Teilchen nur dann in einer Reaktion erzeugt und in einer anderen
vernichtet werden kann, wenn die letztere Reaktion nach der
ersteren erfolgt. Die mathematische Formulierung des Kausalitätsprinzips ergibt, daß die S-Matrix in stetiger Weise von den
Energien und Impulsen der an einer Reaktion beteiligten Teilchen abhängt, außer für die Werte, bei denen die Erzeugung
neuer Teilchen möglich wird. Bei diesen Werten ändert sich die
Struktur der S-Matrix abrupt; sie bildet, was Mathematiker
eine
»Singularität«
nennen. Jeder Reaktionskanal enthält
mehrere dieser Singularitäten, d. h., es gibt in jedem Kanal
mehrere Werte von Energie und Impuls, bei denen neue Teilchen erzeugt werden können. Die
vorher
erwähnten
Resonanzenergien sind Beispiele solcher Werte.
    Die Tatsache, daß die S-Matrix Singularitäten aufweist, ist
eine Folge des Kausalitätsprinzips, aber der Ort der Singularitäten wird nicht von diesem bestimmt. Die Werte an Energie
und Impuls, bei denen Teilchen erzeugt werden können, sind
für verschiedene Reaktionskanäle verschieden und hängen von
den Massen und anderen Eigenschaften der erzeugten Teilchen
ab. Die Orte der Singularitäten reflektieren somit die Eigenschaften dieser Teilchen, und da alle Hadronen in Teilchenreaktionen erzeugt werden können, reflektieren die Singularitäten der S-Matrix alle Strukturen und Symmetrien der Hadronen.
    Das zentrale Ziel der S-Matrix-Theorie ist daher, die Singularitätsstruktur der S-Matrix aus den allgemeinen Prinzipien
abzuleiten. Bis jetzt war es nicht möglich, ein mathematisches
Modell zu konstruieren, das allen drei Prinzipien genügt, und es
kann gut sein, daß sie für die eindeutige Bestimmung

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