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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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einer durchlaufenden zusammen.
    Wegen seiner Vorstellung von dynamischen Strukturen, die
durch Wandel und Umbildung erzeugt werden, ist das/ Ching vielleicht die beste Analogie der östlichen Gedankenwelt zur
S-Matrix-Theorie. In beiden Systemen liegt die Betonung mehr
    auf Prozessen als auf Objekten. In der S-Matrix-Theorie sind
diese Prozesse Teilchenreaktionen, die alle Phänomene der
Hadronen entstehen lassen. Im / Ching heißen die Grundprozesse »Wandlungen«:
Die Wandlungen sind es, wodurch die Heiligen und Weisen alle
Tiefen erreicht und alle Keime erfaßt haben. 7
    Die Wandlungen in der Hadronenwelt lassen Strukturen und
symmetrische Muster entstehen, die
symbolisch durch die
Reaktionskanäle dargestellt werden. Weder die Strukturen
noch die Symmetrien können als fundamentale Züge der Hadronenwelt gelten, sondern als Folgen der dynamischen Natur
der Teilchen, d. h. ihrer Tendenzen zu Wandel und Umbildung.
    Im / Ching führen die Wandlungen auch zu Strukturen — den
Trigrammen und Hexagrammen. Diese sind wie die Kanäle der
Teilchenreaktionen
symbolische Darstellungen von
Wandlungsstrukturen. Wie die Energie durch die Reaktionskanäle
fließt, so fließen die Wandlungen durch die Linien der Hexagramme:
    Veränderung, Bewegung ohne Rast
Durchfließen die sechs leeren Plätze;
Sie steigen auf und fallen ohn' Verharren,
8 Nur Änderung ist es, was hier wirkt.
    In der Anschauung der Chinesen entstehen alle Dinge und
Phänomene um uns aus den Strukturen der Wandlung und sind
durch die verschiedenen Linien der Trigramme und Hexagramme dargestellt. Somit werden die Dinge in der physikalischen Welt nicht als statische, unabhängige Objekte gesehen,
sondern lediglich als Übergangsstadien im kosmischen Prozeß,
der das Tao ist:
    Der Weg (das Tao) hat Veränderungen und Bewegungen. Darum
heißen sie die veränderlichen Striche. Diese Striche haben Stufen,
darum stellen sie die Dinge dar. 9
    Wie in der Teilchenwelt können die wechselnden Strukturen in
verschiedenen symmetrischen Mustern angeordnet werden, so
in dem gleichen achteckigen Muster, das die acht Trigramme
bilden, in denen gegenüberliegende Trigramme Yin- und
Yang-Linien ausgetauscht haben. Dieses Muster weist sogar
eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Mesonen-Oktett auf (vgl.
Kap. 16), in dem Teilchen und Antiteilchen einander gegenüberstehen. Das Wichtige daran ist jedoch nicht diese zufällige
Ähnlichkeit, sondern die Tatsache, daß sowohl die moderne
Physik als auch altchinesisches Denken Wechsel und Wandlung
als den primären Aspekt der Natur betrachten und die von den
Wandlungen erzeugten Strukturen und Symmetrien als sekundär. Wie Richard Wilhelm in seiner Einführung zur Übersetzung des I Ching erklärt, betrachtet er diese Vorstellung als
grundlegend für das »Buch der Wandlungen«:
    Diese acht Zeichen wurden als Bilder dessen, was im Himmel und
auf Erden vorging, aufgefaßt. Dabei herrschte die Anschauung
eines dauernden Übergangs des einen in das andere, ebenso wie in
der Welt ein dauernder Übergang der Erscheinungen ineinander
stattfindet. Hier haben wir nun den entscheidenden Grundgedanken der Wandlungen. Die acht Zeichen sind Zeichen wechselnder
Übergangszustände, Bilder, die sich dauernd verwandeln. Worauf
das Augenmerk gerichtet war, waren nicht die Dinge in ihrem Sein—
wie das im Westen hauptsächlich der Fall war -, sondern die Bewegungen der Dinge in ihrem Wechsel. So sind die acht Zeichen nicht
Abbildungen der Dinge, sondern Abbildungen ihrer Bewegungstendenzen. 10
    In der modernen Physik sehen wir jetzt die »Dinge« auf ganz
ähnliche Weise. Wir betonen Bewegung, Umbildung und
Wandel und betrachten die Teilchen als Übergangszustände in
einem fortlaufenden kosmischen Prozeß.

Gegenseitige Durchdringung 18
    Unsere Untersuchung des modernen physikalischen Weltbilds
hat wiederholt gezeigt, daß die Vorstellung von »Grundbausteinen« der Materie nicht länger zu halten ist. In der Vergangenheit war dieser Begriff sehr nützlich, er führte die physikalische Welt auf einige wenige Atome zurück, die Strukturen der
Atome auf einige wenige von Elektronen umgebene Atomkerne und die Kerne auf zwei »Bausteine«, das Proton und das
Neutron. So wurden der Reihe nach Atome, Atomkerne und
Hadronen als »Elementarteilchen« betrachtet, doch keins von
ihnen entsprach der Erwartung. Jedesmal erwiesen sich diese
Teilchen ihrerseits als zusammengesetzte Strukturen, und die
Physiker hofften, daß die nächste Generation von Bestandteilen

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