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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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sechs verschiedene Prozesse dar, von denen
aber nur die beiden oben erwähnten für unsere Diskussion der Wechselwirkungskräfte von Bedeutung sind.
    Dieses Pion – der Zwischenzustand im gekreuzten Kanal
wird
als Manifestation der Kraft gedeutet, die im direkten Kanal als
Bindung zwischen dem Proton und dem π~ wirkt und das Neu
tron bildet. Somit werden beide Kanäle benötigt, um die Kräfte
mit den Teilchen in Beziehung zu bringen. Was im einen Kanal
als Kraft erscheint, manifestiert sich im anderen als Zwischenteilchen.
    Obwohl es relativ einfach ist, mathematisch von einem Kanal
zum anderen umzuschalten, ist es äußerst schwierig, wenn nicht
unmöglich, sich ein intuitives Bild von der Situation zu machen.
Das kommt daher, daß »Crossing« ein im wesentlichen relativistisches Konzept ist, das im Zusammenhang mit dem vierdimensionalen Formalismus der Relativitätstheorie entsteht
und somit schwer vorstellbar ist. Eine ähnliche Situation tritt in
der Feldtheorie auf, wo die Wechselwirkungskräfte als Austausch virtueller Teilchen dargestellt werden. Das Diagramm
mit dem Zwischen-Pion im gekreuzten Kanal erinnert tatsächlich an die Feynman-Diagramme, die diesen Teilchenaustausch
darstellen,* und man könnte vereinfacht sagen, daß das Proton
und das π~ durch den Austausch eines π 0 miteinander wechsel
wirken. Solche Worte werden von den Physikern oft gebraucht,
aber sie beschreiben die Situation nicht vollständig. Eine angemessene Beschreibung kann nur mithilfe von direkten und
von gekreuzten Kanälen gegeben werden, d. h. in abstrakten
Begriffen, die man sich vorstellen kann.
    Trotz des unterschiedlichen Formalismus ist die allgemeine
Vorstellung von einer Wechselwirkungskraft in der S-MatrixTheorie der in der Feldtheorie recht ähnlich. In beiden Theorien manifestieren sich die Kräfte als Teilchen, deren Massen
die Reichweite der Kräfte bestimmen (s. S. 217), und in beiden
Theorien werden sie als innere Eigenschaften der wechselwirkenden Teilchen angesehen. In der Feldtheorie reflektieren sie
die Struktur der virtuellen Wolke der Teilchen, und in der SMatrix-Theorie werden sie durch gebundene Zustände der zusammenwirkenden Partikel erzeugt. Die
früher diskutierte
Parallele (s. S. 220) zu der Östlichen Anschauung von Kräften
ist somit auf beide Theorien anwendbar. Sie läuft auf den wichtigen Schluß hinaus, daß alle bekannten Teilchen irgendeine
innere Struktur haben müssen, da sie nur dann mit dem Beobachter in Wechselwirkung treten und somit registriert werden
können. Mit den Worten Geoffrey Chews, eines der Hauptarchitekten der S-Matrix-Theorie: »Ein wahrhaft elementares
Teilchen - ohne irgendeine innere Struktur — könnte keinerlei
Kräften unterworfen sein, die uns erlauben würden, es zu entdecken. Die bloße Kenntnis der Existenz eines Teilchens bedeutet also, daß das Teilchen eine innere Struktur besitzt.« 2
    * Man erinnere sich jedoch, daß S-Matrix-Diagramme keine Raum-Zeit-Diagramme sind, sondern symbolische Darstellungen von Teilchen-Reaktionen. Das Umschalten von einem Kanal zum anderen findet in einem abstrakten mathematischen Raum statt.
    Ein besonderer Vorteil des
S-Matrix-Formalismus
liegt
darin, daß er den »Austausch« einer ganzen Hadronen-Familie
beschreiben kann. Wie im vorigen Kapitel erwähnt, fallen alle
Hadronen in Folgen, deren Glieder die gleichen Eigenschaften
haben, mit Ausnahme ihrer Massen und ihrer Spins. Ein ursprünglich von Tullio Regge vorgeschlagener Formalismus ermöglicht es, jede dieser Folgen als ein einziges Hadron zu behandeln, das in verschiedenen Erregungszuständen existiert. In
den letzten Jahren wurde es möglich, den Regge-Formalismus
in das Gerüst der S-Matrix einzubauen, wo er sehr erfolgreich
für die Beschreibung von Hadronenreaktionen angewendet
wurde. Dies war eine der wichtigsten Entwicklungen in der SMatrix-Theorie und kann als erster Schritt zu einer dynamischen Erklärung der Teilchen Strukturen betrachtet werden.
    Das Gerüst der S-Matrix kann also die Struktur von Hadronen,
die Kräfte, mit denen sie miteinander wechselwirken, und einige der Strukturen, die sie bilden, auf dynamische Weise beschreiben, wobei jedes Hadron als integraler Bestandteil eines
untrennbaren Netzwerks von Reaktionen zu verstehen ist. Die
größte Aufgabe der S-Matrix-Theorie ist die Anwendung dieser dynamischen Beschreibung zur Erklärung der Symmetrien, die zu den im vorigen Kapitel diskutierten Hadronenstrukturen und
Erhaltungsgesetzen führen. In

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