Das Tao der Physik
in Harmonie leben.
Eine Rückschau auf die Neue Physik
Nachwort zur revidierten Auflage
Seit dem Erscheinen der Erstausgabe dieses Buches wurden in
mehreren Bereichen der Teilchenphysik beträchtliche Fortschritte erzielt. Im Vorwort zu dieser Neuausgabe habe ich
festgestellt, daß die neuen Entwicklungen keine der Parallelen
zum östlichen Denken widerlegt, sondern diese im Gegenteil
bestätigt haben. Hier möchte ich nun die bedeutsamsten Ergebnisse der neuen Forschung in den Bereichen der Kern- und
Teilchenphysik bis zum Sommer 1982 erörtern.
Eine der stärksten Parallelen zur östlichen Mystik bestand in
der Erkenntnis, daß die Bausteine der Materie und die mit ihnen zusammenhängenden Phänomene eng miteinander verknüpft sind und nicht als isolierte Einheiten begriffen werden
können, sondern nur als integrale Bestandteile eines einheitlichen Ganzen. Die Vorstellung einer grundlegenden »Quantenverknüpfung«, die ich im zehnten Kapitel in allen Einzelheiten erörtert habe, wurde von Bohr und Heisenberg im gesamten Verlauf der Geschichte der Quantentheorie stets hervorgehoben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten fand sie jedoch
erneut Beachtung, als den Physikern klar wurde, daß die einzelnen Phänomene im Universum tatsächlich auf viel subtilere
Weise miteinander verknüpft sein könnten, als man bis dahin
gedacht hatte. Die inzwischen festgestellte neue Art der Verknüpfung verstärkt nicht nur die Übereinstimmungen zwischen
den Anschauungen der Physiker und denen der Mystiker, sie
gibt uns auch die höchst interessante und anregende Möglichkeit, die Teilchenphysik mit der Jungschen Psychologie in Beziehung zu bringen, vielleicht sogar mit der Parapsychologie,
und sie wirft ein neues Licht auf die fundamentale Rolle der
Wahrscheinlichkeit in der Quantenphysik.
In der klassischen Physik bedient man sich des Begriffs der
Wahrscheinlichkeit, wenn die an einem Geschehen teilhabenden Einzelheiten unbekannt sind. So könnten wir zum Beispiel
beim Würfelspiel — im Prinzip — das Ergebnis voraussagen, wären uns nur alle im jeweiligen Spiel anfallenden mechanischen
Einzelheiten bekannt: die genaue Zusammensetzung des Würfels, der Oberfläche, auf die er fällt, und so weiter. Diese Einzelheiten nennt man lokale Variablen, weil sie innerhalb der
teilnehmenden Objekte liegen. In der subatomaren Physik stehen die lokalen Variablen für die Verbindung von räumlich getrennen Ereignissen mittels Signalen—Teilchen und Netzwerke
von Teilchen - welche den gewöhnlichen Gesetzen räumlicher
Trennung unterliegen. So kann beispielsweise kein
Signal
schneller als mit Lichtgeschwindigkeit übermittelt werden. In
jüngster Zeit hat man jedoch jenseits dieser lokalen Zusammenhänge andere, nichtlokale entdeckt. Diese Zusammenhänge sind augenblicklich und unmittelbar und können zur Zeit
nicht mit mathematischer Genauigkeit vorhergesagt werden.
Einige Physiker sehen in diesen nichtlokalen Zusammenhängen das wirklich Wesentliche der Quantenrealität. In der
Quantentheorie haben individuelle Ereignisse nicht immer
eine wohldefinierte Ursache. So kann etwa der Sprung eines
Elektrons von einer atomaren Umlaufbahn auf eine andere
oder der Zerfall eines subatomaren Teilchens ganz spontan
auftreten, ohne daß irgendein bestimmtes Geschehen das verursacht. Wir können nie voraussagen, wann und wie ein solches
Phänomen auftreten wird, sondern können nur seine Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Das soll nicht heißen, daß atomare
Ereignisse vollständig willkürlich eintreten, sondern nur, daß
sie nicht von lokalen Ursachen ausgelöst werden. Das Verhalten jedes Teils wird bestimmt durch seine nichtlokalen Beziehungen zum Ganzen, und da wir diese nicht genau kennen,
müssen wir den klassischen Begriff von Ursache und Wirkung
durch den weiterreichenden Begriff statistischer Kausalität ersetzen. Die Gesetze der Kernphysik sind statistische Gesetze,
nach denen die Wahrscheinlichkeiten atomarer Geschehnisse
durch die Dynamik des ganzen Systems bestimmt werden. In
der klassischen Physik bestimmen die Eigenschaften und das
Verhalten der Teile das Verhalten des Ganzen. In der Quantenphysik ist es genau umgekehrt: Es ist das Ganze, das das
Verhalten der Teile bestimmt.
Der Begriff der Wahrscheinlichkeit wird also in der klassischen wie in der Quantenphysik aus ähnlichen Gründen verwendet. In beiden Fällen gibt es uns unbekannte, „verborgene"
Variablen, und diese Unkenntnis verhindert genaue Voraussagen. Es gibt jedoch einen
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