Das Tao der Physik
Beschreibung der starken Wechselwirkungen erfolgreich ist. Ein bisher ungelöstes Problem ist die Vereinigung
der Quanten- und der allgemeinen Relativitätstheorie zu einer
Quantentheorie der Schwerkraft. Obwohl die jüngste Entwicklung der
»Superschwerkraft«-Theorien 6 einen Schritt nach
vorn zur Lösung dieses Problems darstellen könnte, hat man
bisher noch keine befriedigende Theorie gefunden.
Die im vierzehnten Kapitel beschriebenen Quantenfeldtheorien beruhen auf der Vorstellung des Quantenfelds, einer fundamentalen Einheit, die in kontinuierlicher Form, also als Feld,
und in diskontinuierlicher Form, also als Teilchen, existieren
kann, wobei verschiedene Arten von Teilchen mit verschiedenen Feldern in Verbindung gebracht werden. Diese Theorien
haben die Vorstellung von Teilchen als fundamentalen Objekten durch die subtilere Vorstellung von Quantenfeldern ersetzt.
Nichtsdestoweniger befassen sie sich mit fundamentalen Einheiten und sind daher in gewissem Sinne semi-klassische Theorien, welche die quantenrelativistische Natur der subatomaren
Materie nicht in vollem Umfang offenbaren.
Die Quantenelektrodynamik, die erste der Quantenfeldtheorien, verdankt ihren Erfolg der Tatsache, daß die elektromagnetischen Wechselwirkungen sehr schwach sind und es daher ermöglichen, die klassische Unterscheidung zwischen Materie und Wechselwirkungskräften weitgehend aufrechtzuerhalten.* Das gilt auch für die Feldtheorien, die sich mit den
schwachen Wechselwirkungen befassen. Tatsächlich wurde die
Ähnlichkeit von elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkungen seit kurzem durch die Entwicklung einer neuen
Art von Quantenfeldtheorien noch erheblich deutlicher, nämlich durch die sogenannten Gauge -Theorien, die es möglich
gemacht haben, beide Wechselwirkungen zu vereinen. In der
sich daraus ergebenden vereinigten Feldtheorie - die nach ihren beiden Hauptarchitekten Steve Weinberg und Abdus Salam als Weinberg-Salam-Theorie bekannt ist - bleiben die beiden Wechselwirkungen zwar unterschieden, mathematisch je
* Technisch ausgedrückt bedeutet dies, daß die elektronische Kupplungskonstante so klein ist, daß eine Störungsexpansion eine ausgezeichnete Annäherung ergibt.
doch werden sie miteinander verknüpft. Sie werden dementsprechend kollektiv als »elektroschwache« Wechselwirkungen
bezeichnet. 7
Den Ansatz der Gauge-Theorie hat man auch auf die starken
Wechselwirkungen ausgedehnt, und zwar mit der Entwicklung
einer als Quantenchromodynamik (QCD) bezeichneten Feldtheorie. Viele Physiker bemühen sich jetzt um die »große Vereinigung« der QCD und der Weinberg-Salam-Theorie. 8 Doch
ist die Verwendung der Gauge -Theorie bei der Beschreibung
stark wechselwirkender Teilchen ziemlich problematisch. Die
Wechselwirkungen zwischen Hadronen sind so stark, daß sich
die Unterscheidung zwischen Teilchen und Kräften verwischt.
Daher war die QCD bei der Beschreibung von Vorgängen, an
denen stark wechselwirkende Kräfte beteiligt sind, nicht sehr
erfolgreich. Die QCD ist nur bei einigen sehr speziellen Phänomenen anwendbar — den sogenannten »tief unelastischen«
Streuprozessen —, bei denen sich die Teilchen aus noch nicht
richtig verstandenen Gründen beinahe wie klassische Objekte
verhalten. Trotz großer Anstrengungen ist es den Physikern
bisher nicht gelungen, die QCD über diesen engen Bereich von
Phänomenen hinaus anzuwenden. Die anfänglichen Hoffnungen, sie als theoretischen Rahmen für die Ableitung der Eigenschaften stark wechselwirkender Teilchen verwenden zu können, haben sich bisher nicht erfüllt. 9
Die Quantenchromodynamik stellt die gegenwärtige mathematische Formulierung des Quarkmodells dar (siehe Kapitel 16), wobei die Felder mit Quarks assoziiert werden und das
»chromo« sich auf die Farbeigenschaften dieser Quarkfelder
bezieht. Wie alle Gauge -Theorien
wurde
die
QCD nach der
Quantenelektrodynamik (QED) modelliert. Während in der
QED die elektromagnetischen Wechselwirkungen durch den
Austausch von Photonen zwischen aufgeladenen Teilchen
übermittelt werden, werden die starken Wechselwirkungen
durch den Austausch von »Gluonen« zwischen farbigen
Quarks übermittelt. Diese Gluonen sind keine echten Teilchen,
sondern eine Art von Quanten, die Quarks zu Mesonen und
Baryonen zusammenleimen (engl.: glue). 10
Während der vergangenen zehn Jahre mußte das Quarkmodell erheblich ausgeweitet und verfeinert werden, da in Kollisions-Experimenten mit Teilchen, die immer stärker beschleunigt werden
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