Das Teehaus im Grünen
sich nach einem alten Haus zu sehnen.
Vicky hingegen verlor ihre Zeit nicht damit, ernste Beschlüsse zu fassen; das tat sie höchst selten. Sie legte sich im Gras in die warme Sonne, um zu schlafen. Es war angenehm warm, das Rauschen des Wassers klang wie Musik, wenn man den Verkehr überhörte. Hoch droben trillerte eine Lerche. Das Leben war herrlich. Bald war sie eingeschlafen.
Keine von beiden hörte, wie ein Wagen durch das Tor fuhr und neben dem ihren hielt. Ein hochgewachsener Mann stieg aus, blickte in das leere Auto, murmelte etwas und ging rasch über den Rasen. Beinahe wäre er auf die schlafende Vicky getreten. »Was zum Teufel…« sagte er so laut, daß Vicky die Augen auf schlug und ihn anstarrte. Sie sah besonders reizend aus, mit ihren schlafheißen Wangen, dem langen blonden Haar und den großen, lächelnden grauen Augen. Aber den Mann schien das nicht zu beeindrucken. Er hätte wohl eher erwartet, daß sie erschrocken und verlegen ausgesehen hätte. Schließlich hatten sie etwas Verbotenes getan! Wieso schlief sie da auf dem Rasen in seinem Garten? Sie blieb liegen, lächelte ihn an und sagte versonnen: »Ist das heute nicht ein herrlicher Tag?«
Als er sie aber weiter böse anstarrte und nicht geneigt schien, über das Wetter zu reden, plauderte sie munter weiter: »Das ist ein bezauberndes Haus, finden Sie nicht auch? Wollen Sie es kaufen?«
James Seymour machte ein sehr ernstes Gesicht. »Ganz im Gegenteil! Es gehört mir. Darf ich fragen, was Sie hier tun?«
Vicky machte immer noch keine Miene, sich zu erheben. »Natürlich dürfen Sie das. Schließlich ist es ja Ihr Haus. Wie glücklich müssen Sie sein! Es gefällt uns riesig!«
»Das ist noch keine Entschuldigung dafür, daß Sie hier ungebeten einfallen.«
»Aber das tun wir doch nicht. Nur eine Horde kann irgendwo einfallen. Wir sind aber nur zu zweit. Wir haben hier gepicknickt. Sie tun so, als ob wir Vandalen wären! Dabei würden wir nicht um alles in der Welt an Ihrem netten alten Haus etwas kaputt machen.«
Jetzt hatte auch Lucy die Stimmen gehört und kam eilig um die Ecke. Sie wollte Vicky noch rechtzeitig daran hindern, von Kaufabsichten zu sprechen. Der große Mann mit seinem würdevollen Gesicht und dem strengen Mund schien für Scherze wenig übrigzuhaben. Er blickte auf Vicky keineswegs mit dem Entzücken hernieder, das sie sonst hervorrief. Vicky ihrerseits schien höchst zufrieden, im Gras vor seinen Füßen zu liegen.
»Sie haben uns erwischt, verzeihen Sie«, sagte Lucy. »Wir haben uns in Ihr Haus verliebt und hier gepicknickt. Wir haben weder Zigarettenschachteln noch Eierschalen liegenlassen, aber wir hätten uns natürlich nicht hier niederlassen dürfen. Vicky, steh doch auf! Wir wollen gehen.«
Er machte keine Miene, sie zurückzuhalten; er half auch Vicky nicht, als sie widerwillig aufstand. Sie war es nicht gewohnt, daß ein Mann sie unfreundlich und unbeeindruckt von ihrem Charme ansah. Trotzdem machte sie noch einen letzten Versuch und sagte liebenswürdig: »Ach, seien Sie doch nicht so unfreundlich. Ihr Haus hat uns eben so gut gefallen!« Sie dachte, daß ihn das versöhnlich stimmen würde.
Aber er entgegnete nur: »Pflegen Sie immer in anderer Leute Besitz einzudringen und da zu picknicken?«
»O nein«, antwortete Vicky kühl. »Vor allem dann nicht, wenn ein Besitz bewohnt ist. Die Leute würden uns ja beneiden, wenn sie durch das Fenster sehen, wie wir uns unsere Sardinen auf ihrem Rasen schmecken lassen. Aber der Tankwart sagte, das Haus stehe seit langer Zeit leer, und es sah so einsam und traurig aus.«
Nun mußte er doch beinahe lächeln. »Da beschlossen Sie, es ein wenig aufzumuntern? Na ja, Sie haben wohl nichts Böses getan, aber jetzt...«
Er zögerte; er mochte sie doch nicht direkt zum Gehen auffordern. Lucy dachte: Er ist ziemlich unfreundlich, aber wir sind freilich im Unrecht. Sie begann aufs neue, sich zu entschuldigen, und meinte schließlich: »Ihr Haus ist schuld mit dem Zauber, den es auf uns ausübte. Wir haben es schon vor vierzehn Tagen gesehen und mußten seitdem immer daran denken; wir wünschten uns, daß wir es kaufen könnten.« Und lächelnd stieg sie in ihr Auto.
»Ich freue mich, daß es jemandem gefällt«, erwiderte er, schon etwas weniger ungnädig. »Bei solchen alten Häusern ist das heutzutage nicht mehr selbstverständlich.« Aber er hielt Vicky nicht den Wagenschlag auf, und diese stieg mit beleidigter Miene ein. Mit sichtlicher Anstrengung brachte er
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