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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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noch heraus: »Wenn — wenn Sie wieder mal hier picknicken möchten, dann tun Sie es nur. Das Haus ist einsam, wie Sie sagen, und es ist mal was Neues, wenn jemand es nicht für abbruchreif hält.«
    »Das würde ich nie tun«, meinte Lucy; ihr wurde richtig warm ums Herz. »Es erinnert mich so sehr an das Haus, in dem ich geboren wurde und meine Kindheit verbrachte. Ich bekam richtig Heimweh… Vielen Dank, daß Sie nicht die Polizei geholt haben!« Damit startete sie den Wagen.
    Er sah ihnen nach, und da Vicky eine tragende Stimme besaß, hörte er noch: »Was für ein grimmiger Riese! Ob er wohl überhaupt lachen kann?«
    Und er dachte: Die Kleine hat vielleicht Nerven! Sie ist der Typ, den ich nicht ausstehen kann. Sie denkt, weil sie hübsch ist, kann sie machen, was sie will. Läßt sich hier in meinem Grundstück nieder und geniert sich nicht im geringsten... Die andere scheint mehr Anstand zu haben... Seltsam, daß ihnen das Haus so gut gefiel! Und Vicky hätte befriedigt feststellen können, daß in dem würdevollen Gesicht nun doch ein Lächeln erschien.
    »Na, das wär’s also!« stellte Lucy fest, als sie davonfuhren. »Das machen wir kein zweitesmal. Es war aber auch wirklich Pech, daß der Besitzer gerade vorbeikam.«
    »Aber er sagte doch, wir könnten wiederkommen! Wir machen’s auch. Ich habe das Gefühl, daß wir dort hingehören.«
    »Das ist eben leider nicht der Fall. Wir gehören in eine Stadtwohnung und in ein Büro. Und der Mann — sagte der Tankwart nicht, er heiße Seymour? — will uns dort auch nicht haben. Nein, Vicky, wenn wir mal wiederherkommen, lagern wir uns bei den Wasserfällen. Aber ich glaube, nächstes Wochenende fahren wir in Richtung Süden.«
    Aber am nächsten Wochenende regnete es; sie blieben daheim, gingen ins Kino und versuchten, nicht mehr an das Haus mit den alten Bäumen und den Sonnenflecken auf dem Rasen zu denken.
    Doch Vicky schien es einfach nicht vergessen zu können. »Ich glaube, ich habe eine Vorliebe für altertümliche Häuser«, meinte sie eines Tages. »Schließlich bin ich ja auch in einem aufgewachsen; es war allerdings nicht so schön wie dieses.«
    Lucy erinnerte sich an Tim O’Briens Haus. Es war ein gemütlicher Bau, freilich nicht in einem vornehmen Stadtviertel. »Was ist eigentlich mit dem Haus deines Vaters?« fragte sie. »Ist es vermietet, oder steht es leer, bis es verkauft ist?«
    In den Jahren nach ihrer Schulzeit war sie dort häufig zu Gast gewesen. Sie hatte die großzügige und doch einfache Gastlichkeit genossen, die so ganz anders war als die konventionelle Eleganz, die im Hause ihrer Mutter herrschte. Vicky hatte den Haushalt gut und gewandt versorgt; sie war viel geschickter, als man vermutete, und wenn Tim Freunde mitbrachte, schien ihr das nicht die geringste Mühe zu machen. Tim selbst war stets ein charmanter Gastgeber; man lernte viele interessante Leute bei ihm kennen, ganz andere Menschen als die Freunde ihrer Mutter.
    »Das Haus ist vermietet«, berichtete Vicky. »Der Notar hofft, daß die Mieter es kaufen.«
    »Warum bekommst du die Miete nicht?«
    »Davon müssen die Schulden, die Daddy hinterlassen hat, bezahlt werden. Das Begräbnis war auch furchtbar teuer. Ich glaube, jetzt ist alles bezahlt. Aber es liegt auch eine Hypothek auf dem Haus, und von der Miete müssen die Zinsen bezahlt werden. Ich wäre ja so froh, wenn sie es kaufen würden. Ich hätte so gern ein bißchen eigenes Geld. Der Notar meint, ich bekäme wohl tausend Pfund dafür.«
    »Was würdest du damit anfangen? Eine Reise machen?«
    Vicky schüttelte den Kopf und sah ganz geheimnisvoll aus. Aber sie sagte nur: »Was ich wirklich möchte, das wäre ein Häuschen, das mir selbst gehört.«
    Plötzlich wurde es Lucy klar, daß dieses Mädchen niemals ein richtiges Zuhause gekannt hatte. Sie hatte keine Ausbildung erhalten, und es gab keinen Menschen, an den sie sich nach dem Tode ihres Vaters hätte halten können. »Paß auf, eines Tages wirst du heiraten und dann ein eigenes Heim haben! Einstweilen aber wollen wir nächstes Wochenende irgendwohin fahren und etwas Neues anschauen.«
    Doch am nächsten Wochenende war dieser Plan vergessen.
    Am Freitagmorgen war Lucy dabei, sich zurechtzumachen, um ins Büro zu gehen. Sachlich betrachtete sie sich im Spiegel: Ein attraktives Gesicht, gestand sie sich zu; große dunkle Augen, eine klare, helle Haut, glänzendes, gepflegtes Haar, ein nicht zu kleiner, aber gut geschnittener Mund und eine wohlgeformte

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