Das Teehaus im Grünen
an, lerne neue Leute kennen. Sieh zu, daß du aus deinem alten Geleise herauskommst! Vergiß Gordon! Lerne einen anderen kennen, ehe es zu spät ist.
»Ich weiß es noch nicht«, meinte Vicky träumerisch. »Wenn ich genug Geld hätte, könnte ich vielleicht...« Sie stockte.
»Könntest du vielleicht was?«
»Ach, ich weiß nicht recht. Ich könnte mir etwas Eigenes kaufen. Irgend etwas für die Dauer. Etwas Sicheres.«
Da war es wieder, dieses Verlangen nach Dauer, nach Sicherheit. Das war eigentlich seltsam an Vicky, die stets so unbekümmert und sorglos war. Plötzlich dachte Lucy: Damals, als ich sie traf, war sie von Angst völlig verstört, und ich habe es nicht gemerkt. Sie wollte es nicht zeigen, aber in ihrem Innersten hatte sie Angst vor der Zukunft.
Da fiel ihr das Haus unter den Bäumen ein und Vickys sehnsüchtiges Gesicht. Dort könnte auch sie aus ihrem alten Trott herauskommen und der Erinnerung an Gordon entfliehen.
Doch sie sagte nur: »Du hast jetzt doch Sicherheit. Die Wohnung gehört dir genausogut wie mir — und jetzt kommen wir in diesem Verkehr doch noch zu spät.«
So war es auch, aber niemand kümmerte sich darum; denn Vicky platzte natürlich mit ihrer Neuigkeit sofort heraus. Das gab einen Wirbel! Das ganze Büro summte wie ein Bienenhaus vor freudiger Erregung. Ein wenig schmerzlich wurde es Lucy bewußt, daß es dergleichen nicht gegeben hätte, wenn sie der alleinige Gewinner gewesen wäre. Man hätte sich mit ihr gefreut, ihr höflich gratuliert, und dann wäre man zum Alltag zurückgekehrt. Fünf Minuten hätte das alles gedauert, nicht länger. Aber dank Vicky, die in ihrem Glück strahlte und jedem davon erzählte, schlug man fast ein wenig über die Stränge. Das war ein Schnattern und Lachen! Sogar Mr. Sheldon schüttelte ihnen beiden die Hand; dabei hielt er die Vickys ein wenig länger fest als die seiner Privatsekretärin... Obwohl Vicky doch erst seit drei Wochen in diesem Büro tätig war! Ein wenig besorgt fragte sich Lucy, wie es wohl nach drei Monaten sein würde.
Vor Büroschluß gab es noch eine kleine Feier in Mr. Sheldons Allerheiligsten; alle waren dabei, und aus dem Schrank wurde eine Flasche Sherry hervorgeholt. Man trank auf ihr Wohl, was nicht ohne Neckereien abging. Ehe sie sich verabschiedeten, sagte Mr. Sheldon zu Lucy: »Wenn Sie wollen, schaue ich mich nach einer netten, sicheren Anlage für Sie beide um. Mit mindestens sechs Prozent Verzinsung.«
Statt einer Antwort lächelte Lucy ihn dankbar an.
Vickys Augen strahlten, als sie ins Auto stiegen. Sie war erfüllt von ihrem Glück und hübscher denn je. »Wo wollen wir jetzt hin?« fragte Lucy. »Sollen wir in ein feines Restaurant gehen und dort feiern?«
»Nein, nein. Wir fahren heim! Es war ein wunderbarer Tag, aber jetzt möchte ich mit dir allein sein. Aber könnten wir wohl bei dem Mann in dem Kiosk halten? Ich habe ein Geschenk für ihn.«
»Was denn?«
»Eine Flasche Whisky. Mr. Cox hat sie mir in der Mittagspause besorgt.«
»Wir machen halbe-halbe. ...Aber wenn der alte Knabe Anti-Alkoholiker ist, was dann?«
»Niemals! Hast du seine Nase nicht gesehen?«
Sie hatte völlig recht. Nur mit Schwierigkeiten kamen sie drum herum, mit ihm gemeinsam aus einem reichlich unappetitlichen Glas zu trinken. »Ich täte es ja gerne«, sagte Vicky freundlich, »aber von Whisky bekomme ich immer Sodbrennen. Wir bringen Ihnen noch eine Flasche, wenn erst das Geld da ist.«
Er rief ihnen innige Segenswünsche nach, und draußen fragte Lucy: »Sodbrennen? Ich glaube, du weißt kaum, was das ist!«
»Stimmt. Aber wir konnten ihn doch nicht kränken! Hast du das gräßliche Glas gesehen?«
Lucy lachte. »Freilich, und darum will ich dir für dieses Mal vergeben. Jetzt will ich etwas für unser Dinner einkaufen. Wie wär’s mit einem gebratenen Hähnchen?«
»Ach, Lucy, das ist nun schon unser zweites Fest... Es kommt mir beinah sündhaft vor!«
Bei der Mahlzeit blickten sie sich an, und Vicky meinte: »Jetzt wollen wir darüber sprechen. Jetzt wollen wir unsere Zukunft planen.«
4
»Es heißt doch immer, daß auf einen Glücksfall ein weiterer folgt«, behauptete Vicky alsbald. »Deshalb würde ich mich gar nicht wundern, wenn Vaters Haus nächstens verkauft würde.«
»Schon möglich, aber darauf kannst du nicht rechnen. Willst du inzwischen deine fünfzehnhundert Pfund nicht vorteilhaft anlegen?«
»Was wäre damit gewonnen.«
»Na, auf diese Weise hättest du ein kleines
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