Das Teehaus im Grünen
letzten Endes ist es ja auch Ihre Angelegenheit«, sagte er förmlich.
»Es ist ausschließlich Vickys Sache, nicht die meine. Ich selbst habe mich da herausgehalten. Aber ich habe gerade frischen Tee aufgegossen. Heute war ein schwerer Tag. Trinken Sie eine Tasse mit uns?«
Beinahe schüchtern kam die Antwort: »In der Tat wollte ich Sie gerade fragen, ob ich wohl bei Ihnen noch etwas zu essen kriegen könnte. Wegen einer Besprechung muß ich noch einmal in die Stadt. Und ich habe vergessen, noch rechtzeitig etwas einzukaufen. Ein Stück Apfelkuchen reicht mir völlig.«
»Selbstverständlich! Sie brauchen aber keinen Apfelkuchen zu essen. Wir haben jeden Abend eine warme Mahlzeit. Das Gemüse ist noch nicht gekocht, aber ich mache Ihnen schnell einen Salat, und kaltes Fleisch habe ich auch noch.« Als er dann aß, setzte sie sich mit ihrem Tee zu ihm.
Sie ist eine angenehme, ruhige Person, stellte er im stillen fest; eine der wenigen Frauen, mit denen man eine gute und doch nicht zu enge Freundschaft schließen konnte. Er genoß es richtig, mit ihr zu plaudern und währenddessen Vicky auf der Veranda zu beobachten. Vicky versuchte gerade, Mrs. Kelston zu überreden, keine Wespen mit ins Haus zu bringen.
Es war schön, wieder mal in seinem ehemaligen Heim zu verweilen und sich mit einer jungen Frau angenehm zu unterhalten. Er hatte das seit langer Zeit nicht mehr getan.
Plötzlich sagte er: »Nett von Ihnen, daß ich bei Ihnen etwas zu essen bekomme. Es ist so umständlich, sich abends nach einem arbeitsreichen Tag noch etwas zu kochen.«
»Haben Sie nie daran gedacht, eine Haushälterin zu engagieren?«
»Und ob ich daran gedacht habe! Ich habe fünf Haushälterinnen gehabt, und eine war schlechter als die andere. Sie haben mir sehr viel mehr Ärger als Hilfe eingebracht. Gelegentlich esse ich schnell in der Stadt eine Kleinigkeit, vor allem wenn ich länger im Büro zu tun habe. Aber oft genug klappt es nicht. Dann muß ich ewig auf mein Essen warten, und das ist recht unangenehm.«
»Wie wäre es denn, wenn Sie hier bei uns äßen? Wir essen regelmäßig um halb sieben, sobald der Tea-Room aufgeräumt ist. Es macht uns wirklich keine Mühe, für eine Person mehr zu kochen.«
»Wirklich nicht? Sie haben doch schon die alte Dame auf dem Hals; Sie sollten sich nicht noch mehr Lasten aufbürden.«
»Das ist doch keine Last! Um Mrs. Kelston kümmert Vicky sich. Ich will sie aber vorher um ihre Meinung fragen.«
»Es müßte dann aber ganz korrekt zugehen. Ich habe so viel Tee umsonst bei Ihnen getrunken, daß ich wenigstens die Mahlzeiten bezahlen möchte.«
Sie machte keine Einwendungen. »Wie Sie wollen. Hauptsache ist, daß alle Beteiligten zufrieden sind.«
Sie waren es alle zufrieden. Lucy legte Wert auf eine ordentliche Mahlzeit am Abend, schon um sich vom Anblick all ihrer Kuchen und Törtchen zu erholen. Es gab natürlich kein großes Dinner, aber wenn Mr. Seymour das nichts ausmachte... Es machte ihm nichts aus. Im Gegenteil, er ging geradezu überwältigt von dannen und wunderte sich über sich selbst. Auf was hatte er sich da eingelassen? Er hatte sich doch geschworen, nie wieder mit einer Frau anzubändeln! Es würde natürlich eine enorme Erleichterung bedeuten, wenn er sich abends beim Nachhausekommen nichts mehr zusammenkochen mußte, was dann doch nicht schmeckte. Doch warum hatte er nach all den friedlichen stillen Jahren bloß so etwas angefangen? Der Gedanke an Lucys angenehm sachlichen Ton beruhigte ihn freilich wieder. Sie würde sich gewiß nie in sein Leben drängen, nicht einmal übertriebenen Anteil daran nehmen. Ihr Herz gehörte wahrscheinlich einem anderen Mann. Er ahnte nicht, wer der Glückliche war; aber jedenfalls stellte das einen Sicherheitsfaktor dar.
Und was dieses andere Mädchen betraf... An diesem Punkt seiner Überlegungen trat James Seymour aufs Gas und sagte sich, es wäre höchste Zeit, zu seiner Besprechung zu kommen.
Am selben Abend besuchte Amy Swales die Freundinnen. Sie kam öfters nach Ladenschluß, um eine Bestellung zu erledigen und um zu fragen, wie das Geschäft denn gegangen sei.
»Ich glaube, wir kommen über die Runden«, meinte Lucy. »Wir sammeln zwar keine Reichtümer, aber es geht voran. Natürlich wird es im Winter schwieriger werden, aber den Sommer über werden wir genug verdienen, um uns den Winter hindurch über Wasser halten zu können. Was sagen Sie zu unserem Gast?«
Um diese Zeit lag Mrs. Kelston schon im Bett, wohlversorgt mit
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