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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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mehr, nur die kalten Steine der Kapelle, auf denen ich lag und mich selbst quälte.
    Diese andauernde Selbstverleugnung ging nur so lange gut, bis ich Pierrics Brief erhielt. Frommer Selbstbetrug! Mein Zusammenbruch war vollständig, körperlich wie geistig. Padric erbarmte sich meiner und brachte mich nach Wales. Denn Gott war nicht da, als ich ihn brauchte. Ich hatte keine Kraft mehr, ein Priester zu sein. Aber ein Mann zu sein hatte ich in dem Moment aufgegeben, als ich dich verließ.
    Rozenn, du fehlst mir so. Ich habe dich so sehr geliebt. Dein Tod, an dem ich durch meine Unbarmherzigkeit die Schuld trage, hat eine tiefe, unheilbare Wunde gerissen. Sie schmerzt und blutet noch immer.
    Eine Weile sehe ich der Kerze zu, wie sie langsam niederbrennt.
    Es macht mich unendlich traurig.

Alessandra
Kapitel 69
    Zwischen den Felsen oberhalb der Mole mit Yannics Boot
Kurz vor halb sieben Uhr morgens
    Ich keuche. Mein Herz rast. Ich habe Kopfschmerzen. Die Panik beherrscht meine Sinne, meine Gedanken.
    Yannics Boot wird von zwei königlichen Bogenschützen bewacht. Ich kann die Insel nicht verlassen.
    Wohin soll ich? In jeder finsteren Nische lauern sie mir auf.
    Menschenjagd.
    In geduckter Haltung husche ich am Wasser entlang über die glitschigen Granitfelsen in Richtung der Kapelle. Eine andere Möglichkeit habe ich nicht. Sie sind bewaffnet, ich nicht.
    Also zurück in die Abtei. Zurück zu Yannic. Nur er kann mir noch helfen.
    Ein Bolzen zischt an meiner Schulter vorbei und prallt gegen den Granit.
    Dann ein Schrei, den der Sturm halb übertönt: »Da … sie!«
    In diesem Augenblick gleite ich aus auf dem nassen Moos und stürze auf die schroffen Felsen. Ich stöhne auf vor Schmerz, komme mühsam wieder hoch und krieche auf allen vieren weiter. Wieder pfeift ein Bolzen durch den Sturm.
    Ein Felsgrat rettet mich. Mit letzter Kraft gleite ich über die Steine und ducke mich. Die Bogenschützen stehen noch auf der umtosten Mole und deuten aufgeregt zu mir herüber.
    Wo sind die Mönche?
    Ich sehe hoch. Oberhalb der wogenden Wipfel der Eichen schimmern die Lichter der Abtei: Kerker, Infirmarium und Apotheke, darüber die kleine Terrasse vor dem Hauptportal der Kirche. Der Hang ist zu steil. Das schaffe ich nicht.
    Ein Ruf.
    Einer der Bogenschützen folgt mir über die Felsen. Sieben Schritte, sechs, fünf. Nichts wie weg. Ich springe auf und haste weiter über den steil zum Meer hin abfallenden Abhang.
    Der sturmdurchtoste Himmel, das aufgewühlte Meer, spritzende Gischt, prasselnder Regen. Die Sturmböen werfen mich fast um, als ich schließlich den Felssturz vor der Treppe zur Kapelle erreiche. Die Hummerreuse lehnt an der Mauer der kleinen Terrasse.
    Ein Schuss. Der Bolzen streift meinen Arm.
    Vor Schreck gleite ich aus, stürze mit hochgerissenen Armen den glatten Felsen hinunter und pralle auf dem Absatz zwischen den Treppen, die beiderseits zum Meer hinabführen.
    Außer Sicht des Bogenschützen. Das ist meine Chance.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht laufe ich die Stufen hinunter und springe in die gischtende Brandung. Das Wasser ist tief, es steigt immer noch. Ich muss schwimmen. An den schroffen Felsen, aus denen die Kapelle emporwächst, taste ich mich weiter von der Treppe fort.
    Der Lichtschein einer Fackel kommt näher. Jetzt muss ich handeln.
    Ich hole tief Luft und tauche unter. Durch die aufgewühlte Wasseroberfläche kann ich über mir das flackernde Licht sehen. Jemand beugt sich über die Mauer und sucht mich im Wasser. Hält er mich für tot?
    An den Felsen ziehe ich mich tiefer hinunter und tauche an der Felsflanke entlang um die Kapelle herum. Die reißende Strömung presst mich gegen das Fundament, sodass ich nur langsam vorankomme. Kurz Atem holen, dann weiter.
    Das Licht verschwindet auf der einen Seite der Kapelle und taucht auf der anderen wieder auf. Er kann mich nicht sehen, weil ich mich hinter der Kapelle verberge.
    Mit dem Dolch wurfbereit in der Hand belauere ich ihn, bis er schließlich fluchend den Rückzug antritt: keine Spur von einer Kopf unter Wasser treibenden Leiche.
    Ich lasse die Klinge sinken.
    Wieder etwas Zeit gewonnen.
    Ich wage einen Blick. Sobald er verschwunden ist, schwimme ich durch die Brandung zur Treppe, die zur Kapelle hinaufführt.
    Kurze Verschnaufpause. Trotz der Kälte, die mich zittern lässt. Denn das Schwierigste und Anstrengendste kommt noch.

Yannic
Kapitel 70
    In der Grotte unter der Krypta Notre-Dame-sous-Terre
Viertel vor sieben Uhr

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