Das Testament des Satans
Schnurrhaaren.
Bestürzt starre ich auf die Altarplatte, die … Allmächtiger Gott! … die eine Gruft verschließt. Tyson sucht nicht das Testament des Satans. Sondern Yannic.
Das sechste Siegel
Und ich sah, als das Lamm das sechste von den
sieben Siegeln öffnete, ein großes Erdbeben.
Die Sonne wurde schwarz.
Und der Mond wurde wie Blut.
Und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde,
geschüttelt von einem starken Wind.
Der Himmel schwand dahin wie ein Buch,
das zusammengerollt wird.
Und jeder Berg und jede Insel wurden
von ihren Stellen gerückt.
Gekommen ist der große Tag des Zorns.
Und wer vermag zu bestehen?
Apokalypse des Johannes
Yannic
Kapitel 72
In der Grotte unter der Krypta Notre-Dame-sous-Terre
Viertel nach sieben Uhr morgens
Zwischen den schweren Schlägen auf die Granitplatte über mir kann ich Tyson maunzen hören.
Wer ist dort oben?, denke ich panisch. Padric? Zuerst habe ich Schritte gehört. Ein Knistern, als ob jemand niederkniet, wie vorhin Padric. Ein Kratzen, wie von einem spitzen Metall. Einem Dolch. Dann war es plötzlich wieder still, eine ganze Weile. Wer auch immer die Krypta auf der Suche nach dem Testament des Satans betreten hat, hat sich auf die Schnelle Werkzeug von der Chorbaustelle besorgt: Hammer, Meißel, Stemmeisen. Ein Seil?
Bummm!
Die Schläge werden mit ziemlicher Wucht ausgeführt. Der Fels bebt. Der Mörtel zerplatzt und spritzt in alle Richtungen.
Bummm!
Robin?
Atemlos starre ich nach oben. Zwischen Granitplatte und Steinboden erscheint ein fingerdicker Lichtstrahl.
Meine Augen schwimmen in Tränen. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Mein Herz krampft sich schmerzhaft zusammen, und ich ringe nach Atem, so aufgewühlt bin ich.
Erschöpft lasse ich mich neben der Truhe zu Boden sinken, lehne den Kopf gegen den Fels, lege die Arme um die Knie und warte ab. Vielleicht gibt derjenige auf, die schwere Granit …
Von wegen!
Bummm! Bummm! Bummm!
Der zerstoßene Mörtel prasselt durch den Schacht zu mir herunter.
»Miau!«
Tyson, mein Junge! Meine Kehle wird eng. Ich muss schlucken.
Sein erneutes klägliches »Miau!« ruft nach mir. Aber ich bringe keinen Ton heraus.
Als die Altarplatte hochgewuchtet wird, dringt flackernder Kerzenschein in die Grotte und beleuchtet den archaischen Altar. Mit einem Satz springt Tyson durch den Schacht und kommt zu mir herüber. »Miau!«
Schluchzend nehme ich meinen Kater in den Arm und drücke mein Gesicht in sein weiches Fell. Ich kann mich nicht länger beherrschen, ich muss weinen.
Von oben dringt ein Knirschen in die Grotte. Ein Seil wird durch den Schacht nach unten geworfen.
Dann steht sie plötzlich vor mir. »Alessandra!«
»Yannic!«
Sie wirft mich fast um, als sie ihre Arme um meinen Hals legt und mich ungestüm umarmt. »Ich wollte dir noch was sagen …«, nuschelt sie in mein Skapulier, als sie ihre Stirn gegen meine Schulter lehnt.
»Was?«
»Ich liebe dich, Yannic.«
Sie blickt auf, will noch etwas sagen, wahrscheinlich etwas über Yared und Elija, etwas über ihre Liebe zu ihrem Mann und ihrem Sohn, aber ich schüttele den Kopf und küsse sie leidenschaftlich.
»Lass es geschehen, Alessandra, lass es geschehen«, flüstere ich. »Es ist gut, wie es ist.«
»Yannic, ich erwarte nicht, dass du dasselbe für mich empfindest. Ich wollte dir nur sagen, was ich fühle …«
»Ich liebe dich auch«, erwidere ich leise und streiche ihr mit dem Finger zärtlich über die geöffneten Lippen. »Ich liebe dich, Alessandra.«
Unsere Gefühle überwältigen uns. Wir weinen beide, während wir uns aneinander festhalten und innig küssen.
Wir stehen noch immer eng umschlungen, ihr Kopf an meiner Schulter, ihre Hände in intimer Vertrautheit unter meinem Skapulier, als ich ihr schließlich die Truhe mit dem Testament des Satans zeige. Sie löst sich aus meiner Umarmung, kniet nieder und hebt mit beiden Händen langsam den Deckel an.
»Das Flammenschwert des Satans, mit dem er gegen den Erzengel kämpfte«, flüstert sie fasziniert.
»Du wusstest es?«, staune ich.
Sie nickt stumm. Ihre Lippen bewegen sich, als sie die Inschrift liest. Dann sieht sie auf. »Der Papst will, dass ich das Schwert zum Heiligen Jahr nach Rom bringe.«
»Um Gottes willen!«
Sie atmet tief durch. »Wir sollten so schnell wie möglich verschwinden.«
»Was hast du vor?«
»Das Schwert vernichten. Und damit seine Macht brechen.« In kurzen Worten berichtet sie mir, was während der Prim geschehen ist. Dann erklärt
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