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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Er wird immer schwächer. Er stirbt. »Die Hölle … Yannic … die Hölle ist hier …« Tränen laufen ihm über das Gesicht und vermischen sich mit seinem Blut. Erschöpft lehnt er den Kopf gegen das Mauerwerk und nuschelt etwas vom Reich Satans, das über uns hereinbrechen wird, von einer Finsternis, die sich über die Welt ausbreitet, von einer Geißel der Menschheit und einem Tractatus Satanicus, einer Teufelsbibel, die ein schreckliches Geheimnis über die gefährlichste aller Reliquien birgt. »… und du wirst sein wie Gott, Yannic, wie Gott! Der hebräische Name des Erzengels Michael bedeutet: ›Wer ist wie Gott?‹ Der abtrünnige Engel Satan wollte wie Gott sein, deshalb ist er aus dem Himmel vertrieben und in die Hölle gestürzt worden.« Er schnieft. »Verstehst du? Ich habe dasselbe getan! Ich war so stolz! So gierig! Ich habe nach Gottgleichheit gestrebt, wie Satan, nach Macht, nach Herrschaft über die Welt! Ich habe … O Gott, was habe ich getan!« Wieder beginnt er zu weinen.
    Er redet ziemlich wirres Zeug, ich versteh ihn einfach nicht.
    »Lass mich dich verbinden, Conan«, bitte ich ihn sanft.
    Er schüttelt nur den Kopf und zieht die Hände weg, die seltsame Verbrennungen aufweisen. Die rechte Handfläche ist stärker aufgerissen als die linke. Durch die aufgewölbten Risse ist das rohe Fleisch zu sehen. Es sieht aus, als habe Conan ein glühendes Stück Metall im offenen Schmiedefeuer angefasst.
    »Willst du beichten?«
    »Er hat mir … die Absolution … verweigert.«
    »Um Gottes willen! Wer?«
    »Was ich getan habe … ist unverzeihlich … Das sehe ich jetzt ein.« Conan schüttelt fast unmerklich den Kopf. »Yannic? Ich habe mich gegen dich versündigt. Ich habe …« Er stockt.
    »Was?«
    »Ich habe dich … belogen … betrogen … auf eine so schändliche und verräterische Art … das Notizbuch … Vittorinos Büchlein …«
    »Was ist damit?«
    »Hast du’s noch?«
    »Ich hab’s hier in meiner Tasche.«
    »Dann hast du’s ihr also nicht gegeben.«
    »Nein.«
    »Vernichte es!«, flüstert er. »Verbrenn es!«
    »Aber wieso?«
    Er reißt sich ein Büschel Haare aus. Sie bleiben kleben an der blutigen Hand. »Es führt dich … geradewegs … in die Hölle!«
    Entsetzt starre ich ihn an. Und stelle mir vor, wie Conan in einigen Jahren aussehen wird. Ich erschauere. Er wird so grauenvoll aussehen wie … Le Coz!
    »Du konntest den Code entschlüsseln.«
    Er nickt schwach. »Letzte Nacht. Die seltsamen Schriftzeichen kenne ich nicht. Aber die Sprache ist halb Italienisch, halb Lateinisch. Vergib mir, Yannic, ich habe …«
    Conan hat das Testament des Satans gefunden!
    Er sieht mein Entsetzen. »Yannic …«
    »Ist schon gut, Conan.«
    »Und versprich mir … dass du mir nicht in die Hölle folgst.« Er hebt seine Arme und zeigt mir die Schnitte an seinen Handgelenken, aus denen immer noch Blut strömt. »Gib die Suche auf, Yannic. Sie führt dich ins Inferno deines Gewissens. Und in die Hölle von Tod und Verderben.«
    Traurigkeit schnürt mir die Kehle zu. Auf diese Weise einen Freund zu verlieren! Ihm beim Sterben zuzusehen! »Ich versprech’s dir«, presse ich mit heiserer Stimme hervor.
    »Und sag meiner geliebten Youenna und meinem kleinen Ronan …« Mit dem Ärmel wischt er sich über das von Schmerz, Tod und Höllenangst verzerrte Gesicht.
    »Was, Conan? Was soll ich ihnen sagen?«
    »Sag meiner Frau und meinem Sohn, dass ich sie liebe. Und dass ich von ganzem Herzen bereue, ins Kloster zurückgekehrt zu sein, wo ich mit ihnen doch so glücklich war.«
    »Ich sag’s ihnen«, flüstere ich erschüttert. Vor mir sehe ich nicht Conan, der in meinen Armen stirbt, sondern Rozenn, deren Körper von den Wellen gegen die Klippen geschleudert und zerschmettert wurde. Das Atmen fällt mir schwer.
    Mein Freund ahnt, was in mir vorgeht. »Tut mir leid.«
    »Ist schon gut«, winke ich ab.
    »Nein, ist es nicht, und es tut mir leid. Mögen Gott und sein Erzengel dich beschützen, Yannic!«
    »Und dich.«
    »Lass mich jetzt allein!«
    »Conan …«
    »Yannic, bitte!« Verzweifelt birgt er sein blutüberströmtes Gesicht in seinen Händen und weint mit zuckenden Schultern.
    Schweigend stehe ich auf und deute auf das Ewige Licht neben den Kerkerschächten. »Ich lass dir das Licht da, damit du …« Ich kann nicht weitersprechen.
    Conan ist von tiefster Dunkelheit umfangen, fern von Gott, fern von Erlösung. Es tut mir weh, ihn so zu sehen. Was für ein schreckliches Gefühl, wenn man

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