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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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sich von Gott verlassen meint. Selbst das Ewige Licht scheint angesichts des Grauens nicht mehr so hell zu brennen wie vorhin.
    Nach einem letzten Blick auf meinen sterbenden Freund erhebe ich mich und verlasse den Kerker mit Tränen in den Augen. Sobald ich den Gang erreiche, bleibe ich stehen, lehne mich mit dem Rücken gegen die Wand und weine.
    Es dauert eine Weile, bis ich mich beruhigt habe. Dann trockne ich die Tränen mit dem Ärmel meiner Kukulle, die ganz nass ist von Conans Blut. Ich muss mich umziehen, bevor sie mich für Conans Mörder halten! Und den der anderen Opfer, die von satanischen Symbolen aus Blut umgeben waren!
    Mit der Faust schlage ich gegen das Mauerwerk.
    Was geht hier vor?
    › Du wirst sterben!‹ drohte die Blutschrift, die ich vor einer Stunde auf Conans Pult im Scriptorium gelesen habe.
    Woher konnte der Verfasser wissen, dass Conan Selbstmord begehen würde? Gott steh uns allen bei! Die Mächte des Bösen sind entfesselt! Ich muss zu den anderen, sofort!
    Noch während ich die Treppe hinaufhetze, kann ich ganz leise hinter mir einen panischen Schrei hören, gefolgt von einem Fluch: »Möge Gott dich bis in alle Ewigkeit verfluchen! Was hast du getan?«

Alessandra
Kapitel 27
    Im Almosensaal
Viertel vor zwei Uhr nachts
    Geschwind laufe ich durch den Almosensaal, der zu Yannics Reich gehört. Als Hôtelier ist er für den Empfang von Gästen zuständig und als Aumônier für die Verteilung der Almosen an die Pilger, die hier ihren Weg über die Chemins du Paradis, die Pilgerwege ins Paradies, beenden und im Almosensaal übernachten. Doch durch die englische Belagerung ist die reichste und mächtigste Abtei Frankreichs von der Welt abgeschnitten. Seit dem Besuch von Königin Marie vor zwei Jahren bin ich die erste Pilgerin auf dem Mont.
    Nebenan liegt der Keller der Abtei, dessen schlichtes Kreuzgratgewölbe mit den massiven Pfeilern das Scriptorium und den Kreuzgang trägt. Die Säulen machen den Raum, der nur wenige Fenster hat, dunkel und unheimlich. In diesem kühlen Keller an der Nordseite der Abtei werden die Vorräte gelagert, aber wegen der Belagerung ist er bis auf einige Kisten mit Obst und Gemüse, mehrere Säcke und Weinfässer nahezu leer.
    Die Tür am Ende öffnet sich zu einer Treppe hinunter in den Klostergarten. Der letzte Gewölbebogen führt zu einer Lastenrampe, über die die Vorräte in die Abtei gebracht werden. Mithilfe eines Laufrades kann ein hölzerner Lastschlitten wie auf Gleitschienen über eine steile Rampe heraufgezogen werden. Der Schlitten lehnt an einem der Pfeiler.
    Ich trete an den Rand, streiche über die Nesselquaddeln an meinen Armen und Händen und blicke in die Tiefe. Die Rampe führt steil nach unten, verschwindet zwischen den wogenden Baumkronen des Eichenwäldchens und erreicht etliche Ellen tiefer den Strand mit dem Saint-Aubert-Brunnen, der einzigen Frischwasserquelle auf dem Mont, die seltsamerweise nur drei Schritte von der Meeresbrandung entfernt liegt. Den nächsten Halt für das Auge bietet die mit Fackeln erleuchtete Prieuré auf der Insel Tombelaine, die zwei Meilen entfernt liegt – und hinter dem Granitfelsen? Das sturmgepeitschte Meer. Und dahinter? Die Inseln Jersey und Guernsey. Und dann ist es nicht mehr weit bis England.
    Von dort naht drohend das Unheil. Vom Sturm zerfetzte Wolken, von innen durch ein unablässiges Lodern in Schwefelgelb, Purpur und Violett erhellt, rasen mir entgegen. Über dem unsichtbaren Horizont, dort wo Himmel und Meer miteinander verschmelzen, dräut eine beängstigende Schwärze wie ein gähnender Höllenschlund. So etwas habe ich noch nie gesehen – dieser Sturm wird schlimmer als das Gewitter vor vier Jahren über dem Tempelberg in Jerusalem! Damals ergossen sich die Regenfluten durch die schmalen Gänge des Labyrinths unter dem Tempelberg, während ich auf der Suche nach dem Gottesschrein durch die Zisternen kroch. Wenn der Regen mit Wucht zur Erde herunterrauscht, vielleicht sogar mit Hagelkörnern, dann wird es lebensgefährlich für mich dort unten am Steilhang!
    Ich habe keine Zeit mehr zu verlieren. Los geht’s!
    Entschlossen nehme ich das Seil von der Schulter, binde das eine Ende um eine Aufhängung des Laufrades und werfe das andere über die Rampe in die Tiefe. Dann flechte ich mir meine langen Haare zu einem Zopf, damit sie mir in den starken Böen nicht ins Gesicht wehen. Nachdem ich durch die Öffnung auf die Rampe geklettert bin, lasse ich mich, in kleinen Schritten rückwärts

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