Das Testament eines Excentrischen
Milwaukee in Wisconsin bis nach Washington, dem Sitze der Regierung der Vereinigten Staaten, machen können, der ihm durch das engmaschige Bahnennetz in den betreffenden Landestheilen wesentlich erleichtert worden war.
»Man hat noch immer keine Ahnung, wer der Unbekannte ist? fragte Max Real.
– Nicht die geringste, liebes Kind.
– Ich bin überzeugt, Mutter, daß er in den Agenturen eine wichtige Rolle spielt und daß viele hohe Wetten auf ihn eingegangen werden.
– Ja, viele Leute glauben an seine Gewinnaussichten, und ich gestehe, auch mir flößt er gewisse Befürchtungen ein.
– Da sieht man, was es bedeutet, eine geheimnißvolle Persönlichkeit zu sein!« erklärte Max Real.
Auf die Frage, ob sich jener X. K. Z. augenblicklich in Chicago befinde oder bereits nach dem District Columbia abgereist sei, hätte kein Mensch antworten können. Und doch verdient es Washington, wenn es auch nur der Mittelpunkt der Bundesverwaltung und ohne Industrie und Handelsverkehr ist, ganz gewiß, ihm wenigstens einige Tage zu opfern.
In freundlicher Lage, unsern der Vereinigung des Potamac und der Anacostia, sowie durch die Chesapeakebai mit dem Ocean verbunden, zählt die Bundeshauptstadt, selbst außer der Zeit, wo die Tagung des Congresses ihre Bevölkerung fast verdoppelt, nicht weniger als zweihundertfünfzigtausend Einwohner. Zugegeben, daß der Bundesbezirk so beschränkt ist, daß er die letzte Stelle unter den Staaten der amerikanischen Republik einnimmt, so entspricht die Stadt nichtsdestoweniger ihrer hohen Bestimmung. Zuerst bestand sie eigentlich nur aus ihren größten Bauwerken, die auf den Gebieten der Tuscazoras und der Monacans errichtet worden waren; jetzt aber hat sie sich schon über mehrere benachbarte Orte hin ausgedehnt.
Der siebente Partner hätte, wenn er damit noch nicht bekannt war, die herrliche Architektur ihres Capitols auf seinem nach den Potamac zu abfallenden Hügel, die drei Gebäudetheile bewundern können, die für den Senat, die Deputiertenkammer und den Congreß bestimmt sind, worin sich also die gesammte Vertretung des Volkes vereinigt, und darüber die hohe eiserne Kuppel mit der sie krönenden Figur der Amerika, ihre Säulenringe und doppelte Colonnade mit den Basreliefs, die sie schmücken, und den Statuen, die sie beleben.
Wenn er das Weiße Haus nicht kannte, so hätte er unter den vom Capitol ausstrahlenden Alleestraßen die Pennsylvaniastraße wählen können, die geraden Weges zur Residenz des Präsidenten – eine bescheidene, demokratische Wohnstätte – führt, die sich zwischen den Gebäuden des Schatzamtes und mehrerer Ministerien erhebt.
Wenn er das Denkmal Washington’s nicht kannte, so würde er den hundertsiebenundfünfzig Fuß (47∙8 Meter) hohen Marmorobelisk schon von weitem inmitten der Anlagen am Potamacuser erblickt haben. Kannte er das Bundes-Postamt noch nicht, so hätte er ein in antikem Stile gehaltenes Bauwerk aus weißem Marmor, vielleicht das schönste Gebäude der prunkreichen Stadt, bewundern können.
Und welch angenehme und belehrende Stunden hätte es geboten, durch die reichen, im Patentamt untergebrachten naturhistorischen und ethnographischen Sammlungen der Smitshonian Institution zu wandern, die Museen mit ihrer großen Anzahl von Statuen, Gemälden und Bronzen, sowie das Arsenal zu besuchen, wo sich eine Ehrensäule für die in einem Gefechte vor Algier gefallenen amerikanischen Seeleute erhebt, die die rachedrohende Inschrift: »Verstümmelt durch die Engländer!« trägt.
Jetzt erfreut sich die Hauptstadt der Vereinigten Staaten eines recht heilsamen Klimas. Das Wasser des Potamac benetzt sie in ausgedehntem Maße, ihre zusammen fünfzig Lieues (nahezu 195 Kilometer) langen Straßen, ihre Gärten und Parke werden von mehr als sechzigtausend Bäumen beschattet – darunter die, die das Invalidenhôtel und die Howard-Universität, den Park des Rechtes und den Nationalfriedhof umgeben, in dem das Mausoleum William I. Hypperbone’s einen ebenso schönen Platz wie in den Oakswoods von Chicago gefunden hätte.
Glaubte X. K. Z. dann endlich, der Bundeshauptstadt einen größeren Theil seiner Zeit widmen zu dürfen, so würde er deren Bezirk auch nicht verlassen haben, ohne die nationale Pilgerfahrt nach dem vier Lieues (15∙6 Kilometer) entfernten Mount Vernon zu unternehmen, wo ein Verein von Damen für die Erhaltung des Hauses sorgt, in dem Washington einen Theil seines Lebens verbrachte und zuletzt auch aus diesem schied.
Doch wenn
Weitere Kostenlose Bücher