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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Lippen brachte.
    – Nun… was fangen wir jetzt an? fragte ihre Gefährtin.
    – Wir warten… wir warten, meine Liebe!
    – Warten?… Auf was denn?…
    – Das weiß ich selbst nicht. Uebrigens haben wir vierzehn Tage Zeit, ehe wir ins Gefängniß müssen…
    – Nicht aber bis zum Bezahlen des Einsatzes, Jovita, und das setzt uns doch am meisten in Verlegenheit…
    – Ach Gott… ja… Lissy… ja freilich. Laß uns indes warten…
    – Hier?…
    – Beileibe… nein!«
    Dieses Jovita aus dem Herzen kommende »Nein« entsprach ganz dem veränderten Verhalten, das die Gäste des Mammoth Hotel jetzt Lissy Wag gegenüber erkennen ließen.
    Das bedauernswerthe junge Mädchen sah sich durch den letzten unglücklichen Würfelfall plötzlich verlassen. Noch gestern Favoritin, war sie es seit heute Vormittag nicht mehr. Die Wettlustigen, die Stürmer im »Boom«, die fleißig auf sie gesetzt hatten, hätten sie jetzt lieber herzlos verwünscht. Ins Gefängniß, das arme Mädchen mußte in’s Gefängniß wandern, und die Partie ging voraussichtlich zu Ende, ehe sie daraus befreit wurde. Gleich von der ersten Stunde an wichen ihr alle aus. Das war Jovita Foley nicht entgangen, und es entsprach ja wohl der gewöhnlichen Menschennatur.
    Kurz, von diesem Tage an zogen sich alle Touristen von ihnen zurück, und John Hamilton, der Gouverneur von Illinois, bereute es jetzt vielleicht nicht wenig, die beiden Freundinnen so offenkundig geehrt zu haben. Der Oberst Wag und der Oberstlieutenant Foley spielten fortan in der Miliz von Illinois natürlich nur noch eine recht traurige Rolle.
    Am Nachmittage des selben Tages bezahlten sie deshalb schon die Rechnung des Mammoth Hotel und benutzten einen Zug nach Louisville, um dort zu warten… ja, worauf?…
    »Meine gute Jovita, sagte da Lissy Wag, als sie wieder aus dem Waggon stiegen, weißt Du wohl, was wir nun zu thun haben?
    – Nein, Lissy, ich habe ganz und gar den Kopf verloren. Ich bin gänzlich verwirrt!
    – Nun also, wir haben einfach baldigst bis Chicago weiterzufahren, in unsere Wohnung zurückzukehren und unsere Plätze im Magazin des Herrn Marshall Field schleunigst wieder einzunehmen. Wäre das nicht das klügste?
    – Sehr klug und weise, meine Liebe!… Und doch – ich kann’s einmal nicht ändern – möchte ich lieber stocktaub werden, als auf die Stimme der Klugheit hören!
    – Das ist die reine Thorheit…
    – Ja, ich gesteh’ es ja, ich bin thöricht, bin es, seit diese Partie begonnen hat, und werde es bis zu ihrem Ausgange bleiben…
     

    Jovita Foley fuhr vor Freude wie ein Feuerwerkskörper in die Höhe. (S. 412.)
     
    – Ich bitte Dich, für uns ist sie ja schon zu Ende, Jovita, ganz zu Ende!
    – Wer kann das wissen?… Ich gäbe gleich zehn Jahre meines Lebens darum, jetzt einen Monat älter zu sein!«
    Solche zehn Jahre hatte sie bereits bei der oder jener Gelegenheit so häufig versprochen, daß sie, zusammengerechnet, schon hundertdreißig Jahre ihres Lebens für nichts und wieder nichts verschleudert hatte.
    Hegte Jovita Foley also wirklich noch eine Spur von Hoffnung? Jedenfalls verstand sie, bei Lissy Wag, die die Schwachheit hatte, auf sie zu hören, es schließlich durchzusetzen, daß die Partie nicht aufgegeben wurde. Beide wollten einige Tage in Louisville verweilen. Sie hatten ja, sich nach Missouri zu begeben, die Zeit vom 6. bis zum 20. Juni noch vor sich.
    So begruben sie denn ihren Kummer in einem bescheidenen Gasthause Louisvilles… wenigstens Jovita, denn deren Gefährtin hatte sich schnell getröstet, da sie an einen schließlichen Erfolg niemals geglaubt hatte.
    Der 7., 8. und 9. Juni verstrichen ohne eine Aenderung ihrer Lage, und Lissy Wag bat so dringend, nach Chicago heimzukehren, daß Jovita Foley schon zustimmte.
    Die Zeitungen – sogar der »Chicago Herald«, der die fünfte Partnerin sonst immer vertreten hatte – »schnitten« sie jetzt in fast beleidigender Weise. Voller Wuth durchflog Jovita Foley die Zeitungen und zerriß sie dann mit der Hand, um nicht zu sagen, mit fieberhafter Kralle. Lissy Wag »zählte« in den Agenturen gar nicht mehr, ihr Curs war auf Null, ja noch darunter gesunken.
    Am Morgen des 8. hatten die beiden Freundinnen erfahren, daß der Commodore Urrican neun Augen – sechs und drei – erhalten hatte, wodurch er mit einem Sprunge nach Wisconsin, dem sechsundzwanzigsten Felde kam.
    »Der hat die letzte Scharte schnell ausgewetzt!« rief die unglückliche Jovita.
    Am 10. meldete der

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