Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
mein Herr, der Sie mir Ihren Platz einräumen wollen?…
    – John Berry.
    – Nun, meine Herren Stanton, Flock und Berry, ich danke Ihnen… doch jetzt vorwärts, und möge der heilige Cycle, der Schutzgott der Radfahrer, mit uns sein!«
    Fünfzehn Lieues in weniger als einer Stunde!… Diesen Record hatte noch kein Berufsfahrer aufgestellt.
    Noch bevor sie starteten, sagte Kymbale:
    »Aber, meine Herren, ich weiß gar nicht, wie ich mich abfinden soll…
    – Dadurch, daß Sie gewinnen, erwiderte einfach Will Stanton.
    – Wir haben auf Sie gewettet,« setzte Robert Flock hinzu.
    Das Triplett, eine Maschine aus der Fabrik von Cambdon and Co. in New York, war auf siebenundzwanzig Fuß zwei Zoll übersetzt und hatte sich bereits bei einem internationalen Wettfahren auf dem Velodrom von Chicago trefflich bewährt. Die berühmten Fahrer Will Stanton und Robert Flock, beide aus Washington gebürtig, galten als vorzügliche Steher und waren jetzt in bester Form, also zu den größten Leistungen fähig, die im Radfahrsport erwartet werden können. Der auf dem mittleren Sattel sitzende Harris T. Kymbale brauchte sich eigentlich nur mitnehmen zu lassen, er gedachte aber, seine Entraineurs – hier wörtlich: Dahinzieher – mit all seiner Muskelkraft zu unterstützen und fleißig mit Pedal zu treten.
    Will Stanton setzte sich also vornehin, Robert Flock sprang hinten auf und Harris T. Kymbale nahm zwischen beiden Platz. Einige hilfsbereite Personen, die die Maschine auf der Straße erst hielten, gaben ihr einen kräftigen Anstoß, und begrüßt von dröhnenden Hurrahs rollte sie pfeilschnell dahin.
    Der Start war prächtig gelungen. Das flüchtige Gefährt flog wie »ein geölter Blitz« – ein echt amerikanischer Ausdruck! – über den gut unterhaltenen Weg, eine Sportplatzfahrbahn nur ohne Kurven, der in dem der Küste benachbarten Theile von Washington auch sehr eben verlief. Die drei Radfahrer sprachen kein Wort; sie hielten den Mund geschlossen und zwischen den Lippen nur eine Federspule, die, ohne der Luft ein zu heftiges Eindringen in die Lungen zu gestatten, doch die Athmung durch die Nase unterstützte.
    In dieser Weise »spurteten« sie gleich vom Anfange des rasenden Rennens an. Die Räder des Tripletts drehten sich mit der Schnelligkeit einer von einem mächtigen Motor angetriebenen Dynamomaschine, hier bildeten den Motor freilich drei Männer, deren zu Bleuelstangen verwandelte Beine den Apparat aus Leibeskräften vorwärts trieben. Hinter dem Triplett zog eine dichte Staubwolke her, und wenn es durch einen seichten Wasserlauf rollte, schlug das Wasser klatschend in die Höhe und fiel auf die Radkränze nieder. Der Führende klingelte häufig und anhaltend, um sich freien Weg zu sichern, und die Leute auf der Straße stellten sich an deren Seiten auf, um die Blitzmaschine vorübersausen zu lassen.
    Nach der ersten Viertelstunde waren, wie Will Stanton, der die Meilensteine des Weges im Auge behielt, ansagte, die ersten fünf Lieues (19∙49 Kilometer) überwunden, und es bedurfte also nur der Einhaltung des bisherigen Tempos, um das Ziel einige Minuten vor zwölf Uhr zu erreichen.
    Wenn sich der Fahrt erst kein Hinderniß entgegenzuthürmen schien, so änderte sich das leider bald, als das Triplett über eine weite Ebene flog, indem sich plötzlich ein wüthendes Geheul vernehmen ließ.
    Robert Flock that unwillkürlich einen Schrei, wobei er die Federspule aus dem Munde verlor.
    »Coyolten! rief er, Coyolten!«
    In der That handelte es sich um Coyolten, um etwa zwanzig jener schrecklichen Prairiewölfe. Jedenfalls von Hunger gequält, sprangen die gefährlichen Thiere auf das Triplett schneller zu, als dieses entweichen konnte.
    »Haben Sie einen Revolver zur Hand? fragte Will Stanton, ohne die Schnelligkeit der Fahrt zu vermindern.
    – Ja, antwortete Harris T. Kymbale.
    – Halten Sie sich bereit, Feuer zu geben… und auch Du, Flock, mit dem Deinigen… Ich muß die Steuerung behalten. Wir wollen aber alle drei kräftig in die Pedale treten, vielleicht gelingt es doch, der Meute zu entfliehen.«
    Ihr entfliehen?… Es zeigte sich bald, daß das unmöglich war.
    In tollen Sprüngen jagten die Coyolten dem Triplett nach, begierig, sich auf den Reporter und seine Begleiter zu stürzen, die rettungslos verloren waren, wenn sie zum Stürzen kamen.
    Da krachten zwei Schüsse, und tödtlich getroffen kollerten zwei Wölfe heulend auf die Straße. Nur noch wüthender stürzten die anderen auf die Maschine zu, die

Weitere Kostenlose Bücher