Das Testament eines Excentrischen
lächelnd.
– Sieh, Lissy, sind denn die anderen Partner nicht ohne so viele Bedenklichkeiten auf die Sache eingegangen? Befindet sich das Titbury’sche Ehepaar nicht auch bereits auf dem Wege nach Maine?…
– Die armen Leute! Ich bedauere sie.
– O, Du wirst mich zuletzt noch ganz erbittern!
– Und Du, meine Liebe, wenn Du Dich nicht zu beruhigen vermagst, wenn Du fortfährst, Dich so nervös zu erregen, wie es schon seit einer Woche geschehen ist, Du wirst Dich schließlich krank machen, und dann bleib’ ich daheim, um Dich zu pflegen.
– Ich… krank werden?… Nein, bist Du närrisch! Die Nerven sind es ja, die mich aufrecht erhalten, mir Ausdauer verleihen, und nervös werde ich auf der ganzen Reise bleiben!
– Leider magst Du recht haben, doch wenn Du dabei nicht bettlägerig wirst, dann bin ich es jedenfalls, die…
– Du!… Du!… Nun, laß Dir ja nicht einfallen, krank zu werden! rief das vortreffliche und zu leicht erregbare Mädchen, das sich Lissy Wag an den Hals warf.
– Dann werde Du ruhiger, sagte Lissy Wag, indem sie ihre Küsse erwiderte, und alles wird sich gut machen!«
Jovita Foley gelang es nur mit großer Anstrengung, sich zu bemeistern, so erschrocken war sie bei dem Gedanken, daß ihre Freundin am Tage der Abreise könnte das Bett hüten müssen.
Am Vormittage des 7. brachte Jovita Foley, als sie vom Auditorium nach Hause kam, die Nachricht mit, daß der vierte Partner, Harris T. Kymbale, für den sechs Augen geworfen worden waren, sich zuerst nach dem Staate New York und nach der Niagarabrücke, dann aber nach Santa-Fé in Neumexiko zu begeben habe.
Lissy Wag machte dazu nur die Bemerkung, daß der Berichterstatter der »Tribune« infolgedessen einen einfachen Einsatz zu erlegen habe.
»Das wird seine Zeitung in keine große Verlegenheit setzen, erwiderte ihre Freundin.
– Nein, Jovita, uns würde es aber gar nicht gleichgiltig sein, wenn wir gleich zu Anfang oder auch im Verlaufe der Reise tausend Dollars opfern sollten!«
Die andere antwortete ihrer Gewohnheit nach darauf nur mit einer Bewegung des Kopfes, die offenbar bedeuten sollte: So etwas kommt nicht vor!… Nein, das ist ganz unmöglich!
Im Grunde beunruhigte sie das doch nicht wenig, obwohl sie davon nichts merken lassen wollte. Nacht für Nacht träumte sie in unruhigem Schlafe, der auch Lissy Wag’s Schlummer störte, von der Brücke, dem Gasthause, dem Labyrinth, von dem Schachte und dem Gefängnisse, also von den gefährlichen Feldern, wo die Spieler einfache, doppelte oder gar dreifache Einsätze bezahlen mußten, um überhaupt an der Partie weiter theilnehmen zu können.
Endlich brach der 8. Mai an. Am nächsten Tage sollten sich die beiden jungen Reisenden auf den Weg machen. Mit den glühenden Kohlen, worauf Jovita Foley schon seit einer Woche stand, hätte man bequem eine Schnellzugslocomotive auf der Fahrt durch ganz Amerika heizen können.
Selbstverständlich hatte Jovita Foley einen umfassenden Führer für alle Fahrten durch die Vereinigten Staaten gekauft, das beste und vollständigste der Guide-Books, das sie durchblätterte, durchlas und wieder durchlas, obgleich sie gar nicht in der Lage war, jetzt schon einen Reiseweg auszuwählen.
Um über alles Auskunft zu erhalten, genügte es übrigens, die Tagesblätter der Hauptstadt oder die Zeitungen jeder beliebigen anderen Stadt einzusehen. Schon von Anfang an war ein Nachrichtendienst zwischen allen beim Würfeln herausgekommenen Staaten, besonders aber mit jeder der Ortschaften eingerichtet worden, die William I. Hypperbone als Ziele angegeben hatte. Post, Telephon und Telegraph arbeiteten ja zu jeder Stunde. Morgenzeitungen und Abendzeitungen enthielten mehr oder weniger zuverlässige, vielfach freilich, muß man sagen, mehr oder weniger phantastische Berichte. Es ist ja eine alte Erfahrung, daß der Leser einer einzeln gekauften Nummer und der Abonnent einer Zeitung in dem Punkte eines Sinnes sind, daß sie lieber falsche Neuigkeiten als gar keine aufgetischt sehen wollen.
Jene Nachrichten hingen übrigens, wie erklärlich, von den Partnern und von der Art ihres Verhaltens ab. Was Max Real betraf, so konnten alle Mittheilungen über ihn kaum ernst genommen werden, weil er über seine Pläne, mit Ausnahme seiner Mutter, niemand ins Vertrauen gezogen hatte. Da man weder von seinem Eintreffen in Omaha mit Tommy, ferner aus Kansas City und von seiner Schiffsreise auf dem »Dean Richmond« etwas gehört hatte, bemühten sich die Reporter
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