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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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doch keine guten Aussichten.
    – Keine guten Aussichten… Du?…
    – Ja… ich; das Schicksal hat fehlgegriffen, als es Dich nicht an meine Stelle setzte. Morgen wärst Du im Auditorium gewesen… wärst an demselben Tage abgefahren…
    – Ich wäre abgefahren und hätte Dich in einem solchen Zustande zurückgelassen?… Niemals!
    – Ich hätte Dich schon dazu gezwungen!
    – Nun, um alles das handelt es sich ja nicht, erwiderte Jovita Foley. Ich bin eben die fünfte Partnerin nicht… ich nicht die zukünftige Erbin des seligen Hypperbone… das bist Du allein!… Ueberlege Dir nur recht, meine Liebe! Es ist noch nichts verloren, wenn sich unsere Abreise auch um achtundvierzig Stunden verzögert. Da haben wir immer noch dreizehn Tage für die Reise… und in dreizehn Tagen kann man von einem Ende der Union bis zum andern gelangen!«
    Lissy Wag wollte darauf nicht antworten, daß sich ihre Krankheit um eine Woche oder – wer wußte es? – vielleicht über die vorgeschriebenen vier. zehn Tage hinaus hinziehen könnte.
    »Ich verspreche Dir, Jovita, begnügte sie sich zu sagen, daß ich mich bemühen werde, so schnell wie möglich gesund zu werden.
    – Mehr verlange ich auch gar nicht… Doch nun genug mit dem Plaudern. Du darfst Dich nicht überanstrengen. Versuche ein wenig zu schlummern. Ich bleibe an Deiner Seite sitzen.
    – Du wirst Dich zuletzt selbst noch krank machen!
    – Ich?… Darüber sei nur ruhig. Uebrigens haben wir freundliche Nachbarn, die im Nothfall gewiß an meine Stelle träten. Schlaf’ nur ganz ruhig, meine Lissy!«
     

    Als Jovita Foley von diesen Mittheilungen Kentniß erhielt… (S. 172.)
     
    Nachdem sie mit ihrer Freundin noch einen Händedruck gewechselt hatte, wendete sich das junge Mädchen um und schlummerte bald recht sanft ein.
    Was Jovita Foley noch nebenbei beunruhigte und erregte, war die Beobachtung, daß die Straße am Nachmittage eine in diesem stillen Stadttheile ganz ungewohnte Belebtheit zeigte. Hier herrschte ein Lärmen, das selbst in dem von den Freundinnen bewohnten neunten Stockwerk die Ruhe der Miß Wag zu stören drohte. Geschäftige Leute blieben vor der Nummer neunzehn stehen und stellten an jedermann laute Fragen. Wagen auf Wagen kamen angerasselt und rollten dann eiligst nach den reichen Quartieren der Stadt wieder davon.
    »Nun, wie steht es? fragten die einen.
    – Nicht gerade gut, antworteten die anderen.
    – Man spricht von einem Schleimfieber…
    – Nein, von einer typhösen Erkrankung…
    – O, das arme Ding!… Es giebt doch wirklich Menschen, die besonderes Pech haben!
    – Nun, sie ist doch immerhin eine, die zu dem Match Hypperbone mit gewählt wurde.
    – Ein rechtes Glück, wenn man nicht daran theilnehmen kann!
    – Und wenn Lissy Wag auch im Stande wäre, rechtzeitig abzufahren, wer sagt, daß sie auch die Anstrengungen so vielfacher Reisen auszuhalten vermöchte?
    – Oho, vollkommen… wenn sich die Partie nach wenigen Zügen entscheidet, was ja nicht ausgeschlossen ist.
    – Wenn sie aber monatelang dauert?…
    – Weiß man denn jemals, wie der Zufall spielt?«
    So schwirrten Reden und Gegenreden hundertfach durcheinander.
    Selbstverständlich stellten sich zahlreiche Neugierige – vielleicht an Wetten betheiligte, jedenfalls aber viele Journalisten – an Jovita Foley’s Wohnung ein.
    Trotz ihrer Bitten weigerte sie sich aber, die Leute zu empfangen. Infolgedessen tauchten desto mehr einander widersprechende Nachrichten über die Krankheit auf, die durch Uebertreibung entstanden oder völlig falsch waren, und verbreiteten sich mit Windeseile in der ganzen Stadt. Jovita Foley blieb aber fest; sie trat nur ans Fenster, um den tollen Lärm auf der Straße zu verwünschen. Eine Ausnahme machte sie nur mit einem Angestellten des Hauses Marshall Field, dem sie übrigens die beruhigendsten Mittheilungen machte… es handle sich um einen Rheumatismus… einen einfachen Rheumatismus.
    Zwischen vier und fünf Uhr nachmittags, als der Lärm sich verdoppelte, steckte sie einmal den Kopf zum Fenster hinaus und erkannte unter der erregten Menschenmenge… wen?… Hodge Urrican. Ihn begleitete ein Mann von etwa vierzig Jahren, anscheinend ein kräftiger, untersetzter Seemann, der sehr heftig gesticulierte. Man hätte ihn für noch aufbrausender und grimmiger als den schrecklichen Commodore selbst halten können.
    Theilnahme für seine jugendliche Partnerin konnte es schwerlich sein, die ihn heute hierher gelockt hatte, als er vor dem Hause in

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