Das Testament
nach. Es war pechschwarze Nacht, und niemand rührte sich in den drei anderen Betten, als Nate endlich die Spinnweben seiner Bewusstlosigkeit abschüttelte und Lebenszeichen von sich gab. Er konnte kaum sehen, wer da außer ihm im Zimmer war. Durch die offene Tür fiel ein leichter Lichtschimmer aus dem Gang herein. Man hörte keine Stimmen, und keine Füße schlurften vorüber.
Er fasste nach seinem schweißnassen Hemd und merkte, dass er darunter wieder nackt war. Er rieb sich die geschwollenen Augen und versuchte die steifen Beine zu strecken. Seine Stirn fühlte sich sehr heiß an. Er hatte Durst und konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal gegessen hatte. Er bemühte sich, keine Bewegung zu machen, um niemanden um sich herum zu wecken. Bestimmt würde bald eine Schwester vorbeikommen.
Die Laken waren nass von Schweiß, und als der Schüttelfrost erneut einsetzte, gab es keine Möglichkeit, warm zu werden. Er zitterte, seine Zähne schlugen aufeinander, und er rieb sich Arme und Beine. Nachdem der Schüttelfrost abgeklungen war, versuchte er wieder zu schlafen, was ihm während der Nacht auch für jeweils kurze Zeit gelang, doch als es am dunkelsten war, stieg das Fieber erneut. Es hämmerte so sehr in Nates Schläfen, dass ihm die Tränen kamen. Er legte sich das Kissen um den Kopf und drückte zu, so fest er konnte.
Eine schattenhafte Gestalt trat in das dunkle Zimmer, ging von Bett zu Bett und blieb schließlich neben dem Nates stehen. Sie sah eine Weile zu, wie seine Gliedmaßen unter den Laken zuckten und hörte sein vom Kissen gedämpftes leises Stöhnen. Dann fasste sie ihn sacht am Arm und flüsterte: »Nate.«
Unter normalen Umständen wäre er hochgeschreckt, aber inzwischen hatte er sich an solche Erscheinungen gewöhnt. Er legte sich das Kissen auf die Brust und versuchte, die Gestalt zu erkennen.
»Ich bin es, Rachel«, flüsterte sie.
»Rachel?« flüsterte er zurück. Sein Atem ging schwer. Er versuchte sich aufzusetzen und bemühte sich dann, seine Lider mit den Fingern hochzuschieben.
»Rachel?«
»Ich bin hier, Nate. Gott hat mich geschickt, Sie zu schützen.«
Er streckte die Hand nach ihrem Gesicht aus, und sie nahm sie. Sie küsste seine Handfläche. »Sie werden nicht sterben«, sagte sie. »Gott hat Pläne mit Ihnen.«
Er konnte nichts sagen. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte sie sehen. »Ja, Sie sind es«, sagte er. Oder war das wieder ein Traum?
Er sank wieder zurück, legte den Kopf auf das Kissen und spürte, wie sich die Anspannung in seinen Muskeln und die Verkrampfung seiner Gelenke löste. Er schloss die Augen, ließ ihre Hand aber nicht los. Das Hämmern hinter seinen Augen ließ nach. Die Hitze schwand von seiner Stirn und aus seinem Gesicht. Das Fieber hatte seine Kräfte erschöpft, und er sank wieder in Schlummer, einen tiefen Schlaf, den nicht die Medikamente bewirkt hatten, sondern seine völlige Erschöpfung.
Er träumte von Engeln - junge Mädchen in weißen Gewändern schwebten zu seinem Schutz in den Wolken über ihm, summten Melodien, die er nie gehört hatte, die ihm aber trotzdem vertraut vorkamen.
In Jevys und Valdirs Begleitung verließ Nate, mit Anweisungen des Arztes versehen, das Krankenhaus am nächsten Mittag. Es gab keine Spur von Fieber, keinen Ausschlag, lediglich Gelenke und Muskeln schmerzten ein wenig. Er bestand darauf zu gehen, und der Arzt erklärte sich rasch damit einverstanden. Er war froh, ihn loszuwerden.
Zuerst machten sie in einem Restaurant halt, wo er eine große Schüssel Reis und einen Teller gekochte Kartoffeln verzehrte. Anders als Jevy würdigte er die Steaks und Koteletts keines Blicks. Beide hatten noch Hunger von ihrem gemeinsamen Abenteuer. Der Anwalt trank Kaffee, rauchte Zigaretten und sah ihnen beim Essen zu.
Niemand hatte Rachel beim Betreten oder Verlassen des Krankenhauses gesehen.
Nate hatte Jevy das Geheimnis zugeflüstert, der seinerseits die Schwestern und Helferinnen befragt hatte. Nach dem Mittagessen verließ Jevy die beiden und machte sich zu Fuß in der Stadt auf die Suche nach Rachel. Er ging zum Fluss und sprach mit den Matrosen auf dem letzten Viehtransportboot, das in der Stadt eingetroffen war. Mit ihnen war sie nicht gereist. Auch die Fischer hatten sie nicht gesehen. Niemand schien etwas über das Eintreffen einer Weißen aus dem Pantanal zu wissen.
Als Nate allein in Valdirs Büro war, wählte er die Nummer von Staffords Kanzlei, an die er sich
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