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Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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betrachtete das Pantanal, das sich majestätisch Hunderte von Kilometern vor ihm erstreckte.
    Dann überfiel ihn die Erschöpfung, und er schleppte sich ins Hotel zurück, um wieder zu schlafen. Er wurde davon wach, dass Jevy an die Tür klopfte. Sie hatten sich für sieben Uhr zum Abendessen verabredet, und es war acht Uhr durch.
    Beim Eintreten hielt Jevy misstrauisch Ausschau nach leeren Flaschen. Es gab keine.
    Sie aßen Brathähnchen in einem Straßencafe. Fußgänger belebten die Straßen, und Musik erfüllte die Luft. Paare mit kleinen Kindern kauften Eiscreme und kehrten nach Hause zurück. Halbwüchsige zogen in Gruppen ohne erkennbares Ziel umher.
    Vor den Lokalen standen die Gäste auf dem Bürgersteig. Junge Männer und Frauen zogen von einem Lokal zum nächsten. Auf den Straßen war es warm und sicher; kein Mensch schien zu befürchten, dass man auf ihn schießen oder ihn ausrauben könnte.
    An einem Tisch in der Nähe trank ein Mann kaltes Brahma-Bier aus einer braunen Flasche, und Nate sah ihm bei jedem Schluck zu.
    Nach dem Nachtisch verabschiedeten sie sich voneinander und verabredeten, früh am nächsten Morgen gemeinsam weiterzusuchen. Jevy ging in die eine Richtung, und Nate in die andere. Er war ausgeruht und hatte es satt, im Bett herumzuliegen.
    Zwei Nebenstraßen vom Fluss entfernt wurde es stiller. Die Läden waren geschlossen, in den Häusern brannte kein Licht, es herrschte kaum Verkehr. Vor sich sah Nate die Lichter einer kleinen Kapelle. Da wird sie sein, sagte er sich. Fast hätte er es laut gesagt.
    Da die Tür weit offen stand, konnte er vom Bürgersteig aus hölzerne Bankreihen sehen, die leere Kanzel, das Wandbild mit Christus am Kreuz und die Rücken einiger Menschen, die mit gesenkten Köpfen versunken beteten. Leise Orgelmusik lockte ihn ins Innere. Er blieb in der Tür stehen und sah, dass insgesamt fünf Menschen in den Bänken verteilt saßen. Keiner von ihnen sah Rachel auch nur im entferntesten ähnlich. Die Orgelbank unter dem Wandgemälde war leer. Die Musik kam aus einem Lautsprecher.
    Er hatte Zeit und konnte warten. Vielleicht würde sie ja kommen. Langsam ging er an der hintersten Bankreihe entlang und setzte sich. Er betrachtete die Kreuzigungsszene, die Nägel in Seinen Händen, den Lanzenstich in Seiner Seite, die Qual auf Seinen Zügen. Hatte man Ihn wirklich auf so abscheuliche Weise umgebracht? Irgendwann in seinem kläglichen und auf weltliche Dinge gerichteten Leben hatte auch Nate die Geschichten aus dem Leben Jesu gelesen oder erzählt bekommen: die jungfräuliche Geburt, daher Weihnachten; das Gehen auf dem Wasser; dann noch das eine oder andere Wunder; hatte der Wal Ihn verschlungen, oder war das ein anderer gewesen? Dann der Verrat durch Judas, das Verfahren vor Pilatus, die Kreuzigung, daher Ostern, und schließlich die Himmelfahrt.
    Ja, die grundlegenden Tatsachen waren Nate bekannt. Vielleicht hatte seine Mutter sie ihm erzählt. Keine seiner Frauen war zur Kirche gegangen, obwohl Gattin Nummer zwei katholisch gewesen war und sie jedes zweite Jahr die Christmette besucht hatten.
    Drei weitere Menschen kamen von der Straße herein. Ein junger Mann mit einer Gitarre trat durch einen Seiteneingang und ging zur Kanzel. Es war genau halb zehn. Er schlug einige Akkorde an und begann zu singen, wobei sein Gesicht vor Begeisterung glühte. Eine winzige Frau, die eine Bank weiter saß, klatschte in die Hände und sang mit.
    Unter Umständen würde die Musik Rachel anlocken. Sie musste doch große Sehnsucht nach dem Gottesdienst in einer richtigen Kirche mit einem Holzfußboden und Buntglasfenstern haben, in der vollständig angezogene Menschen in einer Kultursprache aus der Bibel lasen. Gewiss suchte sie die Kirchen auf, wenn sie in Corumba war.
    Als das Lied zu Ende war, las der junge Mann einen Bibeltext und begann darüber zu sprechen. Nate hatte im Verlauf seines kleinen Abenteuers noch niemanden so langsam portugiesisch sprechen hören. Die leisen, verschliffenen Laute und der getragene Rhythmus fesselten ihn. Obwohl er kein Wort verstand, versuchte er, sich die Sätze zu wiederholen. Dann schweiften seine Gedanken ab.
    Sein Körper hatte sich von den Auswirkungen der Fieberanfälle und der Medikamente erholt. Er war gut genährt, ausgeruht und tatendurstig. Er war wieder er selbst, und das bedrückte ihn mit einem Mal. Die Gegenwart stand wieder vor ihm, Hand in Hand mit der Zukunft. Die Last, die er bei Rachel abgeladen hatte, drohte ihm wieder, hier in

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