Das Testament
Werk eines Geisteskranken. Wie lasse sich sonst erklären, dass er ein so gewaltiges Vermögen einer unbekannten Erbin vermacht hatte? Während sich Grit weiter über die geradezu unglaublich enge Beziehung zwischen Phelan und seiner Tochter Mary ROSS verbreitete, begann diese zu schluchzen - endlich hatte sie verstanden, worauf er hinauswollte. Auch Grit schien am Rande der Tränen zu sein. Ja, fuhr er fort, sie würden kämpfen und gegen diese schreiende Ungerechtigkeit angehen -
notfalls bis zum Obersten Gerichtshof. Warum? Weil in diesem Testament nicht der Troy Phelan zu erkennen sei, den sie kannten. Zwischen ihm und seinen Kindern habe stets gegenseitige Zuneigung geherrscht, und ihre Bindung aneinander, die sich durch Schicksalsschläge und schwere Zeiten hindurch bewährt habe, sei unvorstellbar eng gewesen. Ja, sie seien entschlossen zu kämpfen, weil ihr geliebter Vater bei der Abfassung dieses schrecklichen Schriftstücks nicht er selbst gewesen sei.
Josh Stafford hatte nicht die geringste Eile, den Gerichtssaal zu verlassen. In aller Seelenruhe unterhielt er sich mit Hark Gettys und einigen der Anwälte von den anderen Tischen und versprach, ihnen Exemplare des furchtbaren Testaments zu schicken. Dann aber wurde die anfangs freundliche Atmosphäre feindselig. Ein Reporter von der Washington Post, den er kannte, wartete auf dem Gang, und Josh ließ sich volle zehn Minuten von ihm befragen, ohne wirklich etwas zu sagen. Das besondere Interesse des Reporters galt Rachel Lane. Wie ihr Lebenslauf außehe, wollte er wissen, und wo sie sich aufhalte. Auf keine seiner zahllosen Fragen hatte Josh eine Antwort.
Doch er war sicher, dass Nate sie früher finden würde als jeder andere.
Die Geschichte zog Kreise. Auf den Funkwellen der neuesten hochspezialisierten Telekommunikations-Geräte verließ sie das Gerichtsgebäude. Die Reporter hantierten mit ihren Mobiltelefonen, Laptops und Modems und redeten drauflos, ohne eine Sekunde nachzudenken.
Die wichtigsten Sender brachten die Nachricht schon zwanzig Minuten nach Sitzungsende, und eine Stunde später unterbrach der erste Nachrichtensender, der rund um die Uhr Informationsmüll verbreitete, sein Programm für eine Direktschaltung zum Gericht, wo eine Mitarbeiterin vor der Kamera verkündete, dass es verblüffende Neuigkeiten gebe, und dann die ganze Geschichte erzählte, die sie zum größten Teil richtig wiedergab.
Hinten im Gerichtssaal saß Pat Solomon. Er war der letzte noch von Troy persönlich verpflichtete Vorstandssprecher der Phelan-Gruppe und hatte diese Position sechs sehr ereignislose und sehr ertragreiche Jahre hindurch ausgefüllt.
Er verließ das Gericht, ohne auch nur von einem einzigen Reporter erkannt zu werden. Während er im Fond seiner Limousine zurückgefahren wurde, versuchte er zu verstehen, was sich hinter der von Troy gezündeten Bombe verbarg. Er war nicht schockiert. Immerhin hatte er zwanzig Jahre lang für Troy gearbeitet, da konnte ihn nichts mehr überraschen. Die Reaktion von Troys dämlichen Kindern und deren Anwälten fand er tröstlich. Troy hatte Solomon einmal mit der unmöglichen Aufgabe betraut, im Unternehmen eine Tätigkeit zu finden, die Troy Junior ausüben konnte, ohne dass die Quartalsgewinne darunter litten. Es war ein Alptraum gewesen. Der verzogene, unreife junge Mann, der weder Umgangsformen noch die primitivsten kaufmännischen Kenntnisse besaß, hatte im Geschäftszweig Mineralvorkommen ein Chaos angerichtet, bis Solomon schließlich grünes Licht bekam, ihn an die Luft zu setzen.
Einige Jahre später war es bei einer ähnlichen Episode Rex gewesen und sein Bestreben um Troys Beifall und sein Geld. Am Ende war Rex zu seinem Vater gegangen, um Solomons Entlassung zu erwirken.
Obwohl sich Troys Gattinnen und auch die anderen Kinder jahrelang immer wieder eingemischt hatten, war er unerschütterlich geblieben. Sein Privatleben war ein Fiasko, aber nichts kam seiner geliebten Firma in die Quere.
Zwischen Solomon und Troy hatte nie eine enge persönliche Beziehung bestanden.
Mit der möglichen Ausnahme Josh Staffords war eigentlich niemand wirklich von Troy ins Vertrauen gezogen worden. Zwar hatte ein ganzer Tross von Blondinen die üblichen Intimitäten genossen, doch Freunde hatte Troy nie gehabt. Während er sich von allen Menschen zurückzog und sowohl körperlich wie geistig verfiel, kam es unter denen, die seine Alltagsgeschäfte führten, gelegentlich zu geflüsterten Spekulationen über die Zukunft
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