Das Testament
zu, in denen die Drohung einer Scheidung lag. Seit dem Selbstmord seines Vaters hatte er sich ihr gegenüber besonders hochnäsig und herablassend verhalten. Sie hatte sich das aus nachvollziehbaren Gründen gefallen lassen, jetzt aber war Schluss. Sie freute sich schon auf den ersten Streit, der zweifellos beginnen würde, kaum dass sie den Gerichtssaal verlassen hatten.
Auch andere Weichen waren gestellt. Die dickfelligen Anwälte hatten die Überraschung zur Kenntnis genommen und dann instinktiv abgeschüttelt wie eine Ente das Wasser. Der Fall würde sie reich machen. Ihren hochverschuldeten Mandanten blieb keine Wahl, als das Testament anzufechten. Die Prozesse würden sich über Jahre hinziehen.
»Wann gedenken Sie, das Testament gerichtlich bestätigen zu lassen?« wandte sich der Richter an Josh.
»Im Lauf einer Woche.«
»Sehr wohl. Sie können jetzt den Zeugenstand verlassen.«
Josh kehrte im Triumph an seinen Platz zurück, während sich die Anwälte daran machten, ihre Papiere einzusammeln. Sie taten so, als stehe alles zum besten.
»Die Sitzung ist geschlossen.«
NEUNZEHN
Nach dem Ende der Sitzung kam es auf dem Gang zu drei Zusammenstößen.
Glücklicherweise war keiner davon ein Kampf zwischen Phelans. Diese Auseinandersetzungen würden später folgen.
Während sich drinnen die Mitglieder der Phelan-Familien von ihren Anwälten Trost spenden ließen, wartete draußen eine Meute von Reportern. Troy Junior, der als erster hinausging, sah sich sogleich von einem Rudel Wölfe umgeben, von denen ihm einige angriffslustig das Mikrophon entgegenreckten. Er hatte schon am frühen Morgen einen entsetzlichen Kater gehabt und war jetzt, eine halbe Milliarde Dollar ärmer, nicht in der Stimmung, über seinen Vater zu reden.
»Sind Sie überrascht?« fragte ihn ein Trottel hinter einem Mikrophon.
»So kann man das sagen«, sagte er und versuchte, durch die Gruppe hindurchzugehen.
»Wer ist Rachel Lane?« fragte ein anderer.
»Ich nehme an, meine Schwester«, blaffte er ihn an.
Ein kleiner, dürrer Jüngling mit törichten Augen und ungesunder Gesichtsfarbe blieb unmittelbar vor ihm stehen, schob ihm ein Aufnahmegerät unter die Nase und fragte dann: »Wie viele uneheliche Kinder hatte Ihr Vater?«
Reflexartig stieß Troy Junior den Kassettenrekorder in Richtung auf seinen Besitzer zurück. Das Gerät stieß an die Nase des jungen Mannes, und als dieser zurückwich, traf ihn Troy Junior mit einem harten linken Haken am Ohr. Daraufhin ging der junge Mann zu Boden. In dem Durcheinander, das nun folgte, schob ein Polizeibeamter Troy Junior in eine andere Richtung, und beide verschwanden rasch.
Als Ramble einen anderen Reporter anspuckte, musste dieser von einem Kollegen zurückgehalten werden, der ihn daran erinnerte, dass der Junge noch nicht volljährig war.
Zum dritten Zusammenstoß kam es, als Spike mit der in Tränen aufgelösten Libbigail schwerfällig hinter Wally Bright aus dem Gerichtssaal kam. »Kein Kommentar!« brüllte der Anwalt den Medienvertretern zu, die sich um die kleine Gruppe drängte. »Kein Kommentar! Bitte machen Sie den Weg frei!«
Libbigail stolperte über ein Fernsehkabel und taumelte gegen einen Reporter, der zu Boden fiel. Flüche und Ausrufe ertönten, und als sich der Reporter auf Händen und Knien aufzurichten versuchte, trat ihn Spike in die Rippen. Mit einem Schrei stürzte der Mann erneut zu Boden. Als er sich bemühte, auf die Beine zu kommen, verfing er sich im Saum von Libbigails Kleid, was ihm eine saftige Ohrfeige von ihr eintrug. Spike wollte ihn sich gerade gründlich vornehmen, als ein Polizeibeamter eingriff.
Jede der Auseinandersetzungen wurde von Polizeibeamten beendet, und jedesmal schlugen sie sich auf die Seite der bedrängten Erben. Sie halfen ihnen und ihren Anwälten, möglichst rasch die Treppe hinab zur Eingangshalle und zum Ausgang zu kommen.
Der Anblick so vieler Reporter überwältigte den Anwalt Grit, der Mary ROSS
Phelan Jackman vertrat, und erinnerte ihn offenbar an den ersten Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung oder, besser gesagt, an das fragwürdige Verständnis, das er davon hatte. Auf jeden Fall hielt er es für seine Pflicht, seine Meinung frei zu äußern. Den Arm um seine völlig verstörte Mandantin gelegt, sagte er, was sie und er hinsichtlich des überraschenden Testaments empfanden. Seine Mandantin habe ihren Vater stets bewundert, liebe ihn über alles und verehre ihn, doch sei das Testament ganz offenkundig das
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