Das Teufelskind
um. »Wo ich hin will? Zum Ashdown Forest.«
»Kenne ich nicht.«
»Der liegt nicht mal weit von hier weg.« Bills Gesicht nahm einen erstaunten Ausdruck an.
»Meinst du das Erholungsgebiet?«
»Genau das.«
»Und da…«
Ich war schon an der Straße und lief auf den Bentley zu, als Bill und Sheila erst von mir eine Antwort bekamen. »Genau, Bill, da werden wir ihn höchstwahrscheinlich finden, deinen, nein euren Sohn!«
Zum erstenmal reagierte Sheila. »Weißt du das genau, John?«
»So ziemlich.«
»Aber wie ist das möglich, wie…« Ich hörte nicht auf sie, sondern schaute nach vorn, denn dort rollte ein Wagen heran. Es war ein dunkelgrüner Rover. Ich kannte ihn, einige unserer Dienstwagen sahen so aus. Die lange Antenne blitzte und wippte. Sollte etwa Suko… Der Rover stoppte. Suko stieg aus, winkte, und gleichzeitig verließ ein anderer Mann den Wagen. Es war Mandra Korab. In diesem Augenblick glaubte ich an Halluzinationen.
***
Während des Sommers lebte das Waldgebiet am Ashdown Forest von den Spaziergängern. Im Winter kam kaum jemand her, höchstens ältere Leute, die die Trostlosigkeit der Landschaft oft mit ihrem eigenen Dasein verglichen. Gegen Abend war das große Waldgebiet leer. Da sagten sich dann höchstens Fuchs und Hase gute Nacht.
Ideale Bedingungen für Martha Sidomas und ihre Nichte. Sie konnten fast sicher sein, von keinem Zeugen gesehen zu werden. Einen weiteren Vorteil besaß das Gebiet auch noch: den Nebel.
Es gab zahlreiche Gewässer, kleine Teiche, manchmal kaum zu sehen, weil ein Schilfgürtel sie verbarg dann wieder größere Seen, viel Wiese, ein Feuchtgebiet.
Nicht nur ideal für Vögel, sondern auch für die Nebelbildung. Aus diesem Grunde hingen stets Schwaden über dem Ashdown Forest, die sich vor allen Dingen in den frühen Morgen-und Abendstunden verdichteten, so daß der Betrachter das Gefühl haben konnte, über der Landschaft würden blasse, graue Tücher wehen.
Wer hier auf den schmalen Wegen mit einem Wagen herfuhr, wollte entweder Vögel beobachten und irgendwie eins sein mit der Natur, oder er hatte finstere Absichten.
Wie eben Martha Sidomas!
Während des ersten Teils der Fahrt hatte sie ziemlich nervös reagiert. Da war sie doch unsicher gewesen, denn sie unterschätzte ihre Gegner keinesfalls. Zu sehr hatte man sie vor ihnen gewarnt. Das Team um den Geisterjäger John Sinclair hatte der Hölle schon genügend Schaden zugefügt und sogar Asmodis, ihrem Anführer, große Niederlagen bereitet. Martha Sidoams hatte mit Hexen und mit dem Teufel Kontakt aufgenommen. Sie wußte von der Frau, die mit dem Satan buhlte, um anschließend ein Kind von ihm zu bekommen.
Eben Lydia!
Ein Teufelskind in der Tat. Der Satan hatte alles gegeben. Obwohl Lydia äußerlich einem Menschen glich, war sie in ihrem Innern allein ein Kind der Hölle - ein Wrack.
Gefühle kannte sie nicht. Zwar hatte es sie für einen kurzen Moment übermannt, nun aber reagierte sie so, wie sie es eigentlich sollte. Nur dem Satan war ihr Leben geweiht.
Wie der Kuckuck in ein fremdes Nest fliegt, so hatten sich Martha und das Kind in die Nähe der Conollys eingeschlichen. Ihr war bekannt, wie diese Menschen reagierten, wenn man ein Mitglied ihrem Kreis entriß. Bei Jane Collins hatten sie es erlebt. Da war der Geisterjäger tagelang ein Wrack gewesen, und diese Tatsache hatte den Gegnern Mut gemacht. Sie wollten auf heimtückische Weise einen nach dem anderen aus dem Team um John Sinclair entfernen, und den schwächsten Punkt, Johnny Conolly, hatten sie sich ausgesucht. Dabei spielte es keine Rolle, ob der Junge noch ein Kind war. Er gehörte zu John Sinclair, das allein zählte.
Sie waren nicht verfolgt worden. Die ersten Befürchtungen hatten sich als grundlos erwiesen, und so war im Laufe der Zeit auch ihr Optimismus gewachsen, der sich durch ein böses Lachen bei Martha Sidomas freie Bahn verschaffte.
Und sie hatte sogar einmal angehalten, um bei sich zu Hause anzurufen. Die Conollys waren da, Sinclair auch, aber es hatte noch jemand eingegriffen. Eine Person, die ebenfalls die unbedingte Rache wollte. Jane Collins! Sie war mit Wikka zusammen, hatte ungemein viel von der Führerin der Hexen gelernt, und ihr war es gelungen, sich auf magische Art und Weise in das Gespräch mit einzuschalten.
Dies alles wußte Martha, und diese Tatsachen gaben ihr auch den nötigen Mut.
Sie lachte schrill, wenn sie an Sinclair und die Conollys dachte. Rotieren würden sie, denn sie wußten nicht, wo
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