Das Teufelslabyrinth
Glas, wickelte einen frischen Strohhalm aus der Zellophanhülle und hielt Ryan das Glas hin, während dieser schwach an dem Halm saugte. Doch die wenigen Schlucke schienen ihm gutgetan zu haben. »Vergiss … vergiss es einfach«, hauchte er.
Teri starrte ihn an. »Vergessen?«, wiederholte sie fassungslos.
Ryan holte tief Luft, so gut es eben ging, und ließ sie mit einem rasselnden Seufzer entweichen. »Das macht es für mich nur schlimmer«, brachte er heraus und mühte sich, jedes einzelne Wort deutlich auszusprechen.
»Wie könnte irgendetwas schlimmer sein als das hier?«, empörte sich Teri, doch schon im gleichen Moment kam ihr die Antwort.
Ryan könnte tot sein.
Und als hätte er ihre Gedanken gelesen, schloss Ryan die Augen und versank noch tiefer in seinen Kissen.
Teri setzte sich in dem Stuhl zurück und strich unbewusst ihren Rock glatt. Wie lange war er in dieser Toilette gelegen?, fragte sie sich. War er die ganze Zeit bewusstlos in seinem eigenen Blut gelegen, während sie mit Tom in einem schicken Restaurant getafelt hatte? Wie hatte sie das tun können? Wie hatte sie zu einer Verabredung gehen können - einer Verabredung! -, ohne genau zu wissen,
wo ihr Sohn war? Was war sie für eine Mutter? Wenn sie doch nur den Platz tauschen könnte mit ihm; sie hätte zusammengeschlagen werden sollen, nicht er.
Wenn doch nur Bill hier wäre! Er würde wissen, was zu tun war. Warum hatte er sterben müssen? Er sollte hier sein und ihr helfen. Ihr helfen und Ryan! Tränen brannten hinter ihren Lidern, aber sie drängte sie zurück; das Letzte, was Ryan jetzt brauchte, war eine heulende Mutter.
Die Tür des Krankenzimmers ging auf, und ein junger Arzt mit einem Stethoskop um den Hals kam herein und reichte ihr die Hand.
»Mrs. McIntyre? Ich bin Doktor Barris. Ihr Sohn scheint mir sehr viel robuster zu sein, als er im Moment aussieht. Wir haben eine Computertomographie von seinem Kopf und seinem Rumpf gemacht und festgestellt, dass seine Verletzungen viel schlimmer aussehen, als sie zum Glück sind. Er hat einige Prellungen, aber er wird sich schnell wieder erholen.«
Die Worte des Arztes nahmen ihr einen Teil der Schuldgefühle, die auf ihr lasteten. »Wann darf er nach Hause? Heute noch?«
Barris schüttelte den Kopf. »Nein, wir behalten ihn zur Beobachtung lieber über Nacht hier. Aber wenn sich nichts Beunruhigendes zeigt, werde ich ihn morgen entlassen. Spätestens am Sonntag.«
»Na, das sind ja gute Nachrichten«, seufzte Teri erleichtert und drückte Ryans Hand. »Hast du das gehört?«
Ryan nickte, machte die Augen aber nicht auf.
»Wir haben ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben«, fuhr Dr. Barris fort. »Ich schätze, dass er spätestens in zehn Minuten eingeschlafen sein wird.«
»Kann ich bei ihm bleiben?«, fragte Teri. »Einfach hier bei ihm sitzen?«
Der Arzt zuckte unverbindlich die Schultern, aber Tom schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Er muss sich jetzt ausruhen.«
»Aber wenn er etwas braucht?«, erwiderte Teri in flehendem Tonfall, und plötzlich verstand Tom, was sie damit meinte.
»Er wird nichts brauchen, und falls doch, wird sich eine Krankenschwester um alle seine Bedürfnisse kümmern. Zudem wette ich, dass es Ryan lieber wäre, wenn du morgen ausgeschlafen bist, anstatt einzunicken, wenn er dir etwas erzählen möchte.«
Teri sah ihren Sohn mit einem hilflosen Blick an. Seine Augen waren geschlossen, und er schien ruhig und gleichmäßig zu atmen. Tom hatte Recht - es gab nichts, was sie heute Nacht für ihn tun könnte. »Okay«, meinte sie schließlich und stand etwas wackelig auf.
»Ich sehe Sie dann morgen früh«, sagte Dr. Barris. Sein Pager piepte, er warf einen kurzen Blick darauf, verabschiedete sich hastig und eilte aus dem Zimmer.
Teri lehnte sich über das Bett, gab Ryan einen Kuss auf die Wange und strich ihm liebevoll übers Haar, das noch feucht war, nachdem ihm eine Krankenschwester das Blut abgewaschen hatte. Das Herz wurde ihr schwer, als sie ihren Sohn betrachtete. »Gute Nacht, mein Liebling«, flüsterte sie und hauchte ihm noch einen Kuss auf die Wange. »Schlaf gut.«
Ryan machte weder die Augen auf noch gab er irgendwie zu erkennen, dass er ihre Worte gehört hatte.
Im Wagen ließ Teri ihren Tränen dann freien Lauf. Tom fuhr langsam und schwieg, damit sie sich in Ruhe mit
ihren aufgewühlten Gefühlen auseinandersetzen konnte. Erst als er den Wagen in der Einfahrt zum Stehen gebracht, den Motor
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