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Das Teufelslabyrinth

Das Teufelslabyrinth

Titel: Das Teufelslabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Mal hatte er seinen Vater in dieser Uniform gesehen, als dieser für seinen ersten Einsatz im Irak mit dem Silver Star für Tapferkeit ausgezeichnet worden war. Es war dieselbe Uniform, die er auch auf dem Foto trug, das Ryan auf seinem Schreibtisch stehen hatte. Konnte das das Geschenk sein?
    Noch bevor er seine Mutter darauf ansprechen konnte, hatte diese die Lade mit der Uniform herausgehoben und beiseitegestellt und auch alles darunter Verstaute herausgenommen. Schließlich klappte sie einen falschen Boden heraus, ein Geheimfach, das so perfekt angepasst war, dass Ryan es nicht bemerkt hatte, und zog eine kleine Rosenholzschatulle hervor. »Das war unter den Sachen
deines Vaters, die aus dem Irak zurückgekommen sind«, erklärte sie ihm, drehte die Schatulle in seine Richtung und öffnete sie.
    Auf einem weinroten Samtpolster lag das Kruzifix seines Vaters, das er, solange sich Ryan erinnern konnte, um den Hals getragen hatte. Vorsichtig hob er es hoch, ehrfürchtig beinahe. Es wog schwer in seiner Hand - schwerer, als er erwartet hatte. Und es war nicht flach wie die meisten Kreuze. Der Korpus Christi war vollplastisch gearbeitet, das Kreuz selbst recht massiv und mit prachtvollen Ziselierungen geschmückt, die im Laufe der Jahre schwarz geworden waren.
    »Er wollte es dir schenken, wenn du erwachsen bist«, sagte Teri, während Ryan schweigend das Kreuz in seiner Hand betrachtete. »Aber ich habe mir gedacht, dass du es vielleicht schon jetzt haben solltest. Dad hat gesagt, dass das Kreuz ihm immer geholfen habe, das Richtige zu tun.«
    Tu immer das Richtige.
    Dieses Kruzifix anzunehmen - es sich um den Hals zu hängen und das Gewicht auf dem Herzen zu spüren - bedeutete etwas.
    Es bedeutete, dass er ein Mann geworden war, ein Erwachsener.
    Ein Mann, auf den sein Vater stolz wäre.
    Ungewollt kamen ihm die letzten Tage in Erinnerung, als er sich wie ein beleidigtes Kleinkind benommen hatte, nur weil seine Mutter ihn gebeten hatte, mit ihr und einem Mann, den sie mochte, in einem Restaurant zu Abend zu essen.
    Er hatte sich davor drücken wollen und zu lange gebraucht, um schlussendlich doch noch seine Meinung zu ändern.

    Und dann diese Schlägerei mit den beiden Kerlen in der Schule, wo er nicht einmal ernsthaft versucht hatte, sich seiner Haut zu erwehren.
    Welcher Mann hätte sich derart vermöbeln lassen wie er?
    Plötzlich brannte das Kruzifix wie Feuer in seiner Hand. Das war etwas, das er sich verdienen musste, das er nicht einfach nur annehmen durfte.
    Er reichte es seiner Mutter zurück. »Jetzt noch nicht«, sagte er.
    Sie sah ihn überrascht an. »Bist du sicher?«
    Ryan nickte. »Vielleicht hatte Dad ja Recht - vielleicht bin ich noch nicht alt genug dafür.«
    Teri nahm das Kreuz entgegen, küsste es so liebevoll, dass Ryan beinahe die Tränen gekommen wären, und legte es in die Schatulle zurück. »Es gehört dir«, sagte sie, »und es liegt hier für dich bereit, wann immer du es tragen willst. Die Ziffern des Zahlenschlosses sind das Geburtsdatum deines Vaters.«
    Ryan nickte nur, weil er seiner Stimme nicht traute. Er würde darauf zurückkommen, aber erst, wenn er es sich verdient hatte.
    Und in diesem Moment fühlte er sich diesem Ziel ein ganz klein bisschen näher.

13
    Gordy Adamson funkelte den alten, von Arthritis geplagten Priester, der ihm gegenübersaß, wütend an. »Jetzt hören Sie mir mal zu, und hören Sie mir gut zu, okay?«, knurrte er ohne den geringsten Respekt in der Stimme. »Ich stelle Ihnen ganz einfache Fragen, und darauf erwarte ich ebenso einfache Antworten. Also, warum war Kip nicht auf dem Campus? Wie konnte er einfach so das Schulgelände verlassen, ohne dass es einer von Ihnen gemerkt hat?«
    »Mr. Adamson …«, begann Pater Laughlin.
    »Ich sage Ihnen, warum!«, unterbrach ihn Adamson, der sich vorbeugte und beide Hände auf den Schreibtisch des alten Priesters stemmte.
    »Liebling …« Anne Adamson versuchte ihren Mann zurückzuhalten, indem sie ihm eine Hand auf den Arm legte, doch er schüttelte sie ab, nicht willens, sich in seiner Tirade unterbrechen zu lassen.
    »Weil ihr auch nicht besser seid als andere Schulen, sobald ihr euer saftiges Schulgeld habt und damit eure Kirchenkasse auffüllen könnt.« Gordy wurde immer lauter. »Jede öffentliche Schule - jede verdammte einzelne davon - passt besser auf ihre Schüler auf als ihr auf dieser sündteuren Schickimicki-Penne.« Er hielt für ein, zwei Sekunden die Luft an, während seine Miene von

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