Das Teufelslabyrinth
los?
War alles okay mit Sofia? Niemals hätte er wie ein Angsthase davonrennen dürfen - er hätte bleiben und Schwester Mary David erklären müssen, dass das alles seine Schuld war. Er hätte behaupten können, dass er einfach in Sofias Zimmer eingedrungen sei und sie ihn gebeten habe zu gehen, er aber nicht auf sie hatte hören wollen und …
… und jetzt steckte sie offenbar in größeren Schwierigkeiten als er selbst und würde niemals wieder ein Wort mit ihm reden, ganz zu schweigen davon, sich von ihm küssen zu lassen, oder anfassen, oder …
Er drehte sich auf die andere Seite, zog sich die Decke über den Kopf, legte das Handy unter sein Kissen und versuchte zu schlafen.
Vielleicht kam ihm ja morgen eine Idee, wie er es bei ihr wiedergutmachen könnte.
Vorausgesetzt, sie war morgen noch da. Gut möglich, dass Schwester Mary David Sofias Eltern angerufen und sie noch heute Abend hatte abholen lassen. Das war dieser Frau ohne weiteres zuzutrauen.
Darren drehte sich wieder um, boxte eine Kuhle in sein Kopfkissen und versuchte, es sich bequem zu machen. Doch kaum hatte er die Augen zugemacht, wusste er, dass es sinnlos war. Ganz gleich, was er anstellte, er würde heute Nacht keinen Schlaf finden.
Nicht mit dem Schuldgefühl, das ihm Pater Sebastian eingepflanzt hatte und das jetzt an ihm nagte.
Was war er nur für ein Idiot!
18
Langsam stieg Pater Laughlin die Stufen zum Erzbischöflichen Ordinariat empor. Es war nicht das Alter, das ihn belastete, sondern in erster Linie die vorliegende Angelegenheit, die zweifellos mit dem Tod von Kip Adamson zu tun hatte. Nachdem ihn der Anruf aus dem Büro des Erzbischofs mit der Bitte, umgehend im Ordinariat vorstellig zu werden, am späten Nachmittag erreicht hatte, hatte er sich eilig rasiert und umgezogen und war in ein Taxi gestiegen, ohne dabei die Spur von Aufregung zu empfinden, die ihn vor Jahren stets begleitet hatte, wenn der Kardinal ihn hatte zu sich rufen lassen. Den Kardinal gab es inzwischen nicht mehr, und obgleich Erzbischof Rand sicherlich ein kompetenter Vertreter der Kirche war, war es dennoch nicht dasselbe. Ein Kardinal war eben ein Kardinal, und ein Erzbischof ein Erzbischof, daran gab es nichts zu deuteln. Aber es stand nicht nur ein anderer Mann an der Spitze; in den letzten Jahren hatte sich so vieles in der Bostoner Erzdiözese verändert.
Laughlin blieb kurz stehen, um Luft zu holen und sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn zu tupfen, ehe er die Klingel neben der schmucklosen Eingangstür drückte. Auch etwas, das sich verändert hatte. Dieses einfache Gebäude hatte nichts mit der Residenz des Kardinals zu tun, die Laughlin so gerne besucht hatte. Die damalige Residenz war verkauft worden, um die Schadensersatzforderungen der endlosen Strafprozesse zu erfüllen, in die die Bostoner Erzdiözese verwickelt war, aber dieses Haus hier erschien Pater Laughlin selbst für einen Erzbischof zu bescheiden.
Ein paar Sekunden nachdem er geklingelt hatte, wurde die Tür von einem jungen Priesterseminaristen geöffnet, der ihn umgehend in das Büro von Erzbischof Rand geleitete.
Ein Büro, das jeglichen Luxus und Pomp vermissen ließ, den der alte Kardinal so geschätzt hatte. Es schien, als habe sich die Priesterschaft schlussendlich doch an die Tugend wahrer Bescheidenheit erinnert, zumindest in Boston.
»Guten Abend, Ernest«, begrüßte ihn der Erzbischof, der aufstand und hinter seinem Schreibtisch hervorkam, um dem alten Priester die Hand zu reichen. »Verzeihen Sie, dass ich Sie um diese späte Stunde noch hierhergebeten habe.«
»Mit Vergnügen«, erwiderte Pater Laughlin, der sich mit einem dankbaren Seufzer auf den nächstbesten Stuhl sinken ließ und hoffte, dass seine Antwort ehrlicher klang, als sie war.
Erzbischof Rand seufzte ebenfalls, als er wieder an seinen Platz hinter dem Schreibtisch zurückkehrte. »Ich wünschte, ich könnte das Gleiche sagen, doch im Augenblick kann ich nur wenig Vergnügen in meiner Arbeit hier entdecken.« Er fixierte Pater Laughlin mit einem düsteren Blick. »Genauer gesagt macht sie mir seit Samstag überhaupt keine Freude mehr.« Pater Laughlin faltete sein Taschentuch so, dass die frische Seite nach außen zeigte, und tupfte sich nervös die Stirn ab, nachdem es im Raum innerhalb der letzten Minuten um etliche Grade wärmer geworden zu sein schien. »Und wie Sie sich denken können, Ernest, habe ich mit kirchlichen Belangen genug zu tun und eigentlich keine Zeit, darüber
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