Das Teufelslabyrinth
Gegensatz
zu Pater Laughlin besaß Erzbischof Rand noch einen hellwachen Verstand. »Euer Bericht hat mit Sicherheit das Interesse des Vatikans geweckt«, bemerkte er vorsichtig.
Während Pater Sebastian den verhaltenen Ton des Erzbischofs einzuordnen wusste, strahlte Pater Laughlin übers ganze Gesicht. »Ich wusste es!«, rief er aus. »Ich wusste, dass sie das beeindrucken würde!«
»Das hat es in der Tat«, bestätigte der Erzbischof. »Aber da ist noch etwas anderes.«
»Etwas anderes?«, wiederholte der betagte Priester und blinzelte nervös. »Was denn?«
Pater Sebastian richtete sich unbewusst ein wenig auf, als er etwas im Tonfall des Erzbischofs hörte, das ihn dazu veranlasste, auch auf die allerfeinsten Nuancen in seinen Aussagen zu achten.
»Es besteht die Möglichkeit - und ich betone, es ist nur eine Möglichkeit -, dass unser neuer Papst Boston einen Besuch abstatten könnte.«
Pater Laughlin war so perplex, dass ihm die Kinnlade herunterklappte. »Er kommt hierher? Wirklich?«
»Noch einmal«, wehrte der Erzbischof ab, »es ist nur eine Möglichkeit, und wenn man bedenkt, dass seine Nordamerika-Tour bereits in zwei Wochen beginnt, schätze ich diese Wahrscheinlichkeit als gering ein. Als äußerst gering.«
»Dennoch«, meinte Pater Laughlin und klammerte sich an die Vorstellung eines Papstbesuchs wie ein Kind an eine Tüte Bobons. »Das sind ja bemerkenswerte Neuigkeiten!«
Der Erzbischof neigte seinen Kopf ein winziges Stück zur Seite. »Ihr Bericht hat, wie es scheint, Seine Heiligkeit neugierig gemacht. Ich bin sicher, dass Sie beide wissen,
dass die Erzdiözese wiederholt um einen päpstlichen Besuch gebeten hat, dieser aber bislang stets abgelehnt worden war.« Sein Blick wanderte von Pater Laughlin zu Pater Sebastian Sloane. »Aus begreiflichen Gründen, angesichts der Probleme, die wir hier in Boston hatten. Aber wie es aussieht, hat Ihre Arbeit an der St. Isaac’s einen gewissen Eindruck in Rom hinterlassen.« Der Erzbischof machte eine Pause. Pater Laughlin zog derweil ein Taschentuch aus seinem Talar und tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn. Erst als Rand sicher war, dass der betagte Priester nicht vor Aufregung ohnmächtig würde, fuhr er fort und richtete seine Worte diesmal direkt an ihn. »Ich möchte nochmals daran erinnern, Ernest, dass nichts bestätigt ist. Bis auf weiteres darf diese Information nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Nur die ranghöchsten Mitglieder Ihres Kollegiums dürfen davon erfahren.«
»Meines Kollegiums?«, wiederholte Pater Laughlin irritiert.
Der Erzbischof nickte. »Jawohl, Ernest, Ihres Kollegiums. Wenn der Heilige Vater nämlich tatsächlich nach Boston kommt, wird er die St. Isaac’s besuchen wollen, und dann muss alles bereit sein.«
»Und was können wir unternehmen, um den Papst davon zu überzeugen, dass er Boston besuchen muss?«, fragte Pater Sebastian.
Erzbischof Rand lehnte sich zurück, legte nachdenklich die Fingerspitzen aneinander und fixierte den jüngeren Priester eindringlich. »Schlussendlich wird der Papst natürlich tun, was Gott ihm aufträgt, andererseits ist es gut möglich, dass ein weiterer Erfolg - ein weiterer dokumentierter Erfolg - Ihrer Arbeit seinen Entschluss positiv beeinflussen könnte.«
Pater Sebastians Herz schlug ein paar Takte schneller. Wie Pater Laughlin - und wahrscheinlich alle Priester - hegte auch er den lebenslangen Wunsch, dem Papst von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, und als der Erzbischof weitersprach, wuchs seine Aufregung mit jedem Wort.
»Der Papst hat ebenfalls starke Wurzeln in den uralten Riten der Kirche, und meine Quelle im Vatikan weiß zu berichten, dass der Heilige Vater von Ihrer Arbeit sehr angetan war.«
Pater Sebastian, der bereits ahnte, was kommen würde, holte tief Luft. »Verstehe«, sagte er dann.
»Das hoffe ich«, entgegnete der Erzbischof. »Wir alle sehnen einen Besuch des Papstes herbei, Pater Sebastian. Wir brauchen ihn. Und wir zählen auf Sie.« Damit erhob er sich. Pater Sebastian folgte augenblicklich seinem Beispiel und half anschließend Pater Laughlin beim Aufstehen. Als der Erzbischof hinter seinem Schreibtisch hervorkam, um seine Besucher zur Tür zu bringen, wusste Pater Sebastian, dass seine Zukunft von seiner Fähigkeit abhing, dem Auftrag des Erzbischofs gerecht zu werden.
Sie hatten die bescheidene Bischofsresidenz kaum verlassen, da hatte Pater Laughlin bereits sein Handy in der Hand und wählte Schwester Margarets
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