Das Teufelslabyrinth
gekannt, oder?«
Seine Mutter errötete leicht. »Na ja, eigentlich war das eher ein Vorwand, um dich zu sehen«, gestand sie, und jetzt wurde auch Ryan rot.
»Hallo«, sagte Melody. Sie lächelte Ryans Mutter an und versuchte gleichzeitig, deren Begleiter nicht anzustarren.
»Das ist Melody Hunt«, stellte Ryan seine Klassenkameradin vor. »Sie gibt mir Nachhilfe in Katholischer Religionsgeschichte.«
»Das Spezialgebiet meines alten Freundes«, bemerkte Tom Kelly, klopfte Pater Sebastian kumpelhaft auf die Schulter und grinste ihn an. »Na, wie macht sich unser Junge?«
Unser Junge?, dachte Ryan empört. Ich bin nicht dein Junge und werde auch nie dein Junge sein.
»Gut siehst du aus«, meinte Tom jovial und musterte Ryan in seiner Schuluniform. »Na, wie ist das Leben in St. Isaac’s?«
»Okay«, erwiderte Ryan knapp, hielt aber an seinem Lächeln fest und rief sich in Erinnerung, dass seine Mutter ausgehen konnte, mit wem sie wollte, und er sich nicht darüber aufzuregen hatte. Er musste Tom Kelly ja nicht in sein Herz schließen, durfte seiner Mutter aber auch kein schlechtes Gewissen einimpfen, auch wenn er es gern getan hätte.
»Er ist ja erst seit einer Woche hier«, versuchte Melody instinktiv zu vermitteln. »Da kann er noch nicht richtig beurteilen, wie es hier so ist.«
»Du bist wohl schon eine Weile länger hier?«, vermutete Teri.
»Seit der neunten Klasse.«
»He, wenn wir uns nicht beeilen und zu spät zum Unterricht kommen, landen wir beide zur Strafe gleich wieder in der Neunten. Hast du nicht gesagt, du musst noch dein Geometriebuch holen?«, fügte Ryan in der stillen Hoffnung hinzu, dass sie den Wink verstehen möge. Sie hatten zwar noch eine Viertelstunde Zeit, doch er wollte einfach nur weg und das sofort.
Melody hatte verstanden. Und mit einem perfekt gespielten bedauernden Gesichtsausdruck streckte sie Mrs. McIntyre die Hand entgegen. »Wir müssen uns wirklich sputen. War nett, Sie kennenzulernen.«
»Ja, hat mich auch gefreut, Melody«, erwiderte Teri und drückte die angebotene Hand.
»Ich komme gleich nach«, rief Ryan Melody hinterher, die bereits auf dem Weg zu den Schlafräumen war. »Ich will mich nur noch schnell von meiner Mutter verabschieden.« Und als Melody um die Ecke verschwunden war und Ryan auf seine Zehenspitzen starrte, machte sich ein unangenehmes Schweigen breit.
»Hübsches Mädchen«, meinte Tom.
Ryan zuckte unverbindlich mit den Schultern, sagte aber keinen Ton.
»Sie scheint sehr nett zu sein«, versuchte Teri ein Gespräch in Gang zu bringen.
»Ja, ist sie.«
»Dann läuft also alles gut?«
Wieder zuckte Ryan die Schultern. »Ja, das habe ich doch schon gesagt.« Ryan hatte nicht vor, seiner Mutter von all den merkwürdigen Dingen zu erzählen, die an dieser Schule vor sich gingen, und solange er hier war,
brauchte er wenigstens nicht mit anzusehen, wie dieser Typ seine Mutter anbaggerte.
»Fein, dann sehen wir uns am Wochenende, oder?«, fuhr Teri fort. »Ich hol dich Samstag ab und bring dich Sonntagabend wieder zurück.«
Ryan trat von einem Fuß auf den anderen. »Hm, denke schon.« Wieder folgte eine unbehagliche Pause, und als Ryan hochsah, bekam er gerade noch einen Blickwechsel zwischen Tom und seiner Mutter mit, der ihm sagte, dass sie ihm etwas verschwiegen, was er auch gar nicht würde hören wollen.
»Also, jetzt muss ich aber wirklich los«, erklärte er, wobei er seiner Mutter, die offenbar noch etwas sagen wollte, das Wort abschnitt.
Teri zögerte und atmete dann aus, was sich anhörte wie ein Luftballon, der ein Loch hat. »Ich weiß, Liebling«, seufzte sie leise. »Ich will dich natürlich nicht aufhalten - ich habe dich einfach nur so sehr vermisst, das ist alles.«
»Ich dich auch«, antwortete Ryan. »Aber jetzt muss ich mich auf die Socken machen, sonst kriege ich Ärger.«
Wieder sah es so aus, als ob seine Mutter noch etwas sagen wollte, aber im letzten Moment schien sie es sich doch anders zu überlegen. »Also gut«, meinte sie abschließend und trat einen Schritt zurück. Eine Geste, die Ryan sagte, dass sie nicht nur von ihm Abstand nahm, sondern auch von dem, was sie hatte sagen wollen. »Es war schön, dich zu sehen, auch wenn es nur für ein paar Minuten war.«
»Mach’s gut, Sportsfreund«, sagte Tom Kelly und streckte ihm die Hand entgegen.
Sportsfreund? Wie kam dieser Tom Kelly dazu, ihn »Sportsfreund« zu nennen? So hatte ihn nur sein Vater genannt. Geflissentlich ignorierte er Toms Hand und
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