Das Teufelslabyrinth
Nummer.
Pater Sebastian winkte ein Taxi heran und hielt seinem älteren Amtsbruder die Tür auf, doch anstatt einzusteigen, redete der ältliche Priester aufgeregt auf seine Sekretärin ein: »Arrangieren Sie sofort ein Mitarbeitertreffen, Schwester. Wir haben wunderbare Neuigkeiten!« Pater Sebastian warf ihm einen warnenden Blick zu. »Es geht um den Papst«, fuhr Laughlin unbeeindruckt und viel zu laut fort. »Der Papst kommt nach Boston!«
Die Worte waren für Pater Sebastian wie ein Fausthieb. Rasch sah er sich auf dem bevölkerten Gehsteig um, inständig hoffend, dass Pater Laughlins so unbedacht ausgeplauderte Ankündigung ungehört geblieben war. Doch mindestens ein Dutzend Passanten waren bereits stehen geblieben und starrten den aufgeregten Priester neugierig an.
Jegliche Höflichkeiten vermissen lassend, bugsierte Pater Sebastian seinen Glaubensbruder in das wartende Taxi und stieg dann selbst ein. Doch es war zu spät.
Als das Taxi sich in den fließenden Verkehr einfädelte, hatten schon einige der Passanten ihr Handy am Ohr und posaunten die frohe Botschaft in die Welt hinaus.
33
Pater Laughlin saß hinter seinem Schreibtisch und lauschte dem aufgeregten Gemurmel seiner Mitarbeiter, die untereinander die Möglichkeiten eines Besuchs von Papst Innozenz XIV. diskutierten.
Schwester Margaret hatte sich während der Besprechung seitenlange Notizen gemacht und die Vorschläge der Mitarbeiter aufgelistet, die so zahlreich waren, dass die zwei Wochen, die ihnen zur Verfügung standen, zur Bewältigung der Aufgaben niemals ausreichen würden: die Korridore sollten gestrichen werden, die Rosen geschnitten, die Beete vor dem Haupteingang ganz neu bepflanzt werden.
Die Bleiglasfenster in der Kapelle bedurften einer gründlichen Reinigung, und aus allen Ecken und Nischen mussten die Spinnweben entfernt werden.
Als sich dann Bruder Donovans Stimme über die derjenigen erhob, die im Speisesaal einen neuen Parkettboden verlegen wollten, hob Pater Laughlin beschwörend die Hände und räusperte sich vernehmlich.
Zu seinem Erstaunen wurde es augenblicklich still.
»Bedauerlicherweise vermehrt die erfreuliche Aussicht auf einen Besuch des Papstes nicht unsere finanziellen Mittel.«
»Doch, das wird sie«, widersprach Schwester Cecilia. »Wenn wir dem Elternbeirat davon erzählen …«
Pater Laughlin brachte sie mit einem Blick zum Schweigen. Obgleich alle hofften, dass eine Papstvisite in Boston die Klosterschulen - oder zumindest die St. Isaac’s - optisch verjüngte, war nicht damit zu rechnen, dass sich auf wundersame Weise ein Geldhahn öffnete. »Wir werden tun, was in unseren Möglichkeiten steht. Aber lasst uns nicht vergessen, dass unser Hauptaugenmerk den Kindern gehört. Unnötig zu sagen, dass ein Besuch des Papstes eines der wichtigsten Ereignisse in unserem Leben wäre, dennoch dürfen wir unsere Prioritäten nicht aus dem Blick verlieren.« Er nickte Bruder Francis zu. »Ich werde die Brüder und Schwestern, die die Schlafräume beaufsichtigen, anweisen, unsere Schüler ab jetzt besonders intensiv zu betreuen. Wir wollen doch unter allen Umständen vermeiden, dass irgendetwas den Besuch von …« Nur ja nicht noch einmal den Namen Seiner Heiligkeit in den Mund nehmen, das könnte Unglück bringen, ermahnte er sich und schalt sich gleichzeitig für seinen Aberglauben. »… unseres Gastes gefährdet«, fuhr er fort, wobei er das letzte Wort so betonte, dass jedermann
wusste, wen er damit meinte. »Falls einer unserer Schützlinge irgendwelche Anzeichen von …« - wieder unterbrach er sich und suchte nach dem passenden Wort - »… Problemen erkennen lässt, erwarte ich, unverzüglich davon in Kenntnis gesetzt zu werden.«
Weit hinten in dem überfüllten Raum erhob sich Pater Sebastian von seinem Stuhl. »Und vergessen Sie bitte nicht, dass dieser Besuch noch keineswegs bestätigt worden ist. Daher ist es zwingend erforderlich, dass wir diese Neuigkeit so lange für uns behalten, bis wir Genaues wissen.«
»Gibt es noch irgendwelche Fragen?«, erkundigte sich Pater Laughlin in einem Ton, der seinen Mitarbeitern sagte, dass er ohnehin keine zu beantworten gedachte.
Wie beabsichtigt gab es kein Handzeichen.
»Dann danke ich euch«, sagte Pater Laughlin abschließend. »Geht mit Gott.«
Unter aufgeregtem Geplauder verließen die Anwesenden das kleine Büro, nur Schwester Mary David blieb sitzen und wartete, bis auch der Letzte gegangen war, dann trat sie zu Pater Laughlin. »Auf ein Wort,
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