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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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gebracht hatte.
    Rhyme erzählte Geneva von Wesley Goades’ Besuch.
    »Er wollte nach mir sehen, nicht wahr? Ich sagte doch, dass er gut ist. Falls ich jemals jemanden verklagen will, werde ich ihn damit beauftragen.«
    Den Massenvernichtungsanwalt …
    Amelia Sachs kam mit den Spuren vom Tatort herein und begrüßte Geneva und die anderen.
    »Mal sehen, was wir hier haben«, sagte Rhyme neugierig.
    Die Zigarette, die dem Täter als Lunte für den vermeintlichen Schuss gedient hatte, stammte aus einer Schachtel der verbreiteten Marke Merit und war nicht zurückverfolgbar. Man hatte sie angezündet, aber nicht geraucht – zumindest ließen sich am Filter weder Zahnspuren noch Speichel feststellen. Das bedeutete, dass Täter 109 höchstwahrscheinlich kein Gewohnheitsraucher war. Natürlich fanden sich an der Zigarette auch keine Fingerabdrücke. Das Gummihand, mit dem die Zigarette an der Patrone befestigt worden war, wies ebenfalls keine Besonderheiten auf. Das Zyankali besaß keine versteckte Herstellerkennzeichnung. Die Säure konnte praktisch überall gekauft worden sein. Die in Bells Wagen gefundene Vorrichtung bestand aus Haushaltsartikeln: einer Glasschale, Folie und einem gläsernen Kerzenhalter. Nichts davon wies irgendwelche Details auf, anhand derer man es zu einem spezifischen Ort hätte zurückverfolgen können.
    In dem verlassenen Gebäude, von dem aus der Killer die Straßenszene beobachtet hatte, war Sachs auf Spuren der gleichen geheimnisvollen Flüssigkeit gestoßen, die sie bereits aus dem Versteck an der Elizabeth Street kannten (und deren FBI-Analyse immer noch ungeduldig erwartet wurde). Außerdem hatte Amelia winzige Farbpartikel gefunden, deren Orangeton zu einem Straßenschild oder den Warnschildern einer Bau- oder Abrissstelle gepasst hätte. Sie mussten vom Täter hinterlassen worden sein, denn Sachs hatte sie nur an zwei verschiedenen Stellen entdeckt, jeweils direkt neben seinen Fußspuren, und nirgendwo sonst in dem einstigen Ladenlokal. Rhyme spekulierte, der Mann könne sich als Straßen- oder Bauarbeiter verkleidet haben. Oder vielleicht war das sein richtiger Job.
    Sachs und Geneva hatten unterdessen den Karton aus dem Haus ihrer Tante durchsucht. Er enthielt Dutzende alter Bücher und Zeitschriften, Papiere, Zeitungsausschnitte, Notizen, Rezepte, Souvenirs und Postkarten.
    Und, wie sich herausstellte, einen vergilbten Brief in Charles Singletons charakteristischer Handschrift, die diesmal jedoch weit weniger elegant aussah.
    Was in Anbetracht der Umstände verständlich erschien.
    Sachs las ihn laut vor: »›15. Juli 1868.‹«
    »Der Tag nach dem Diebstahl in der Stiftung«, merkte Rhyme an. »Lies weiter.«
    »›Violet – was ist das nur für ein Wahnsinn? Soweit ich bislang herausfinden konnte, soll ich durch diese Ereignisse in Misskredit gebracht werden. Man will mich vor meinen Kollegen und allen ehrenwerten Soldaten dieses Freiheitskampfes demütigen.
    Heute habe ich erfahren, wo ich vielleicht Gerechtigkeit erlangen kann, und so habe ich am Abend Potters’ Field aufgesucht, bewaffnet mit meinem Navy Colt. Doch der Versuch endete in einer Katastrophe, und die einzige Hoffnung auf Rettung liegt nun auf ewig unter Lehm und Erde begraben.
    Ich werde mich heute Nacht vor der Polizei verstecken, die inzwischen überall nach mir Ausschau hält, und mich am Morgen nach New Jersey schleichen. Du und unser Sohn müsst ebenfalls fliehen; ich fürchte, man wird versuchen, auch an euch Vergeltung zu üben.
    Morgen Mittag treffen wir uns am John Stevens Pier in New Jersey. Gemeinsam wollen wir dann nach Pennsylvania reisen, falls deine Schwester und ihr Mann gewillt sind, uns Unterschlupf zu gewähren.
    Über dem Stall, in dem ich mich derzeit verberge, wohnt ein Mann, der mir in meiner Zwangslage gewogen scheint. Er hat mir versprochen, dir diese Botschaft zu überbringen.‹«
    Sachs blickte auf. »Hier ist etwas durchgestrichen, das ich nicht entziffern kann. Dann geht es weiter: ›Es ist jetzt dunkel. Ich habe Hunger und bin müde, fühle mich geprüft wie Hiob. Und doch sind meine Tränen – die Flecke, die du auf diesem Papier siehst, mein Liebling – nicht dem Schmerz geschuldet, sondern dem Bedauern über das Elend, das ich über uns gebracht habe. Alles wegen meines verdammten Geheimnisses! Hätte ich die Wahrheit von der Kuppel des Rathauses gebrüllt, wären diese beklagenswerten Ereignisse womöglich gar nicht erst eingetreten. Nun ist es zu spät für die Wahrheit.

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