Das Teufelsspiel
einverstanden, sich in ein jamaikanisches Restaurant ausführen zu lassen, von dem ihr Vater die letzten sechs Jahre geträumt hatte.
»Gibt es diesen Laden überhaupt noch?«, fragte sie kühl.
»Keine Ahnung. Aber wir werden schon etwas finden. Lassen wir uns überraschen.«
»Ich habe nicht viel Zeit.« Sie zitterte vor Kälte.
»Wo bleibt denn der Bus?«, fragte er.
Geneva schaute die Straße hinunter und verzog das Gesicht. O nein … Da kam Lakeesha. Das war mal wieder typisch für sie; sie hatte vorhin am Telefon einfach nicht zugehört, und nun tauchte sie hier auf.
Keesh winkte.
»Wer ist das?«, fragte ihr Vater.
»Eine Freundin von mir.«
Lakeesha musterte unschlüssig Genevas Vater und gab ihrer Freundin mit einer Geste zu verstehen, sie solle zu ihr kommen.
Was war denn los? Keesh lächelte, aber sie hatte eindeutig etwas auf dem Herzen. Vielleicht fragte sie sich, wieso Geneva bei diesem älteren Mann stand.
»Warte hier«, wies sie ihren Vater an und ging auf Lakeesha zu, die den Blick senkte und tief durchzuatmen schien. Dann öffnete sie ihre Handtasche und griff hinein.
Was hat das nun wieder zu bedeuten?, dachte Geneva. Sie überquerte die Straße und blieb am Bordstein stehen. Keesha zögerte kurz und trat einen Schritt vor. »Gen«, sagte sie, und ihr Blick umwölkte sich.
Geneva runzelte die Stirn. »He, was …«
Keesh erstarrte, als direkt hinter der überraschten Geneva ein Wagen hielt. Am Steuer saß Mrs. Barton, die Schulpsychologin. Sie winkte Geneva zu sich. Die schaute zu Keesh, bat sie, einen Augenblick zu warten, und ging zu dem Fahrzeug.
»Hallo, Geneva. Ich hab dich im Gebäude knapp verpasst.«
»Hallo.« Geneva war vorsichtig. Sie wusste nicht, ob die Frau etwas über ihre Eltern in Erfahrung gebracht hatte.
»Mr. Rhymes Mitarbeiter hat mir erzählt, dass sie den Mann erwischt haben, der dir etwas antun wollte. Und dass deine Eltern endlich zurück sind.«
»Mein Vater.« Sie deutete auf ihn. »Das da drüben ist er.«
Die Psychologin betrachtete den kräftigen Mann mit der ärmlichen Kleidung. »Ist alles so weit in Ordnung?«
Lakeesha stand außer Hörweite und musterte die beiden skeptisch. Ihre Miene wirkte sogar noch besorgter als zuvor. Am Telefon hatte sie fröhlich geklungen, aber nun, da Geneva darüber nachdachte … eventuell hatte sie bloß so getan. Und wer war dieser Kerl gewesen, mit dem sie gesprochen hatte?
Niemand …
Wohl kaum.
»Geneva?«, fragte Mrs. Barton. »Geht es dir gut?«
Sie sah wieder die Psychologin an. »Verzeihung. Ja, alles bestens.«
Die Frau nahm erneut ihren Vater in Augenschein und schaute dann zu Geneva, die den Blick abwandte.
»Möchtest du mir vielleicht etwas sagen?«
»Äh …«
»Was ist hier los?«
»Ich …«
Es war eine jener Situationen, in denen die Wahrheit auf jeden Fall herauskommen würde. »Okay, hören Sie, Mrs. Barton, es tut mir Leid. Ich war nicht ganz aufrichtig. Mein Vater ist kein Professor. Er hat im Gefängnis gesessen und wurde vor kurzem entlassen.«
»Und bei wem hast du die ganze Zeit gewohnt?«
»Ich war allein.«
Die Frau nickte, sah dabei aber nicht vorwurfsvoll aus. »Und deine Mutter?«
»Sie ist tot.«
Sie runzelte die Stirn. »Das tut mir Leid … Hat er das Sorgerecht?«
»Darüber haben wir noch nicht im Einzelnen gesprochen. Alles, was er tut, muss von den Behörden genehmigt werden oder so.« Sie sagte das, um Zeit zu schinden. Geneva hatte sich einen ungefähren Plan überlegt, der vorsah, dass ihr Vater zurückkehren und formal ihre Vormundschaft übernehmen würde, während sie weiterhin eigenständig bleiben könnte. »Die nächsten paar Tage bleibe ich bei Mr. Rhyme und Amelia und wohne in deren Haus.«
Die Frau blickte noch einmal zu ihrem Vater. Er lächelte verhalten.
»Das ist ziemlich ungewöhnlich.«
»Ich gehe nicht ins Heim«, sagte Geneva trotzig. »Ich werde nicht alles verlieren, was ich mir aufgebaut habe. Ich laufe weg. Ich …«
»He, immer langsam.« Die Psychologin lächelte. »Wir werden nichts überstürzen. Du hast genug durchgemacht. Lass uns die Angelegenheit in ein paar Tagen besprechen. Wohin möchtet ihr jetzt?«
»Zu Mr. Rhyme.«
»Ich nehme euch mit.«
Geneva winkte ihren Vater heran. Der Mann kam zum Wagen, und das Mädchen stellte die beiden Erwachsenen einander vor.
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Ma’am. Und danke, dass Sie sich um Geneva kümmern.«
»Na los, steigen Sie ein.«
Geneva wandte den Kopf. Keesh wartete
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