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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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dich für eine Stelle zu bewerben, wenn du so sprichst.«
    »Tja, und was ist, falls jemand aus Frankreich oder Russland sich für dieselbe Stelle bewirbt? Meinst du denn nicht, dass der Chef diesen Leuten ein Bewerbungsgespräch zugestehen würde, um herauszufinden, ob sie schlau sind und hart arbeiten können, auch wenn sie ein anderes Englisch sprechen? Falls sonst alles stimmt, wieso sollte er die Sprache als Vorwand benutzen, um die Bewerber loszuwerden?« Er lachte auf. »Die Leute in New York müssen demnächst sowieso ein paar Brocken Spanisch und Chinesisch lernen, wenn sie weiter über die Runden kommen wollen. Warum dann nicht auch die Alltagssprache der Afroamerikaner?«
    Seine Logik machte sie sogar noch wütender.
    »Ich mag unsere Sprache, Genny. Sie klingt für mich ungekünstelt. Sobald ich sie höre, fühle ich mich zu Hause. Sieh mal, du hast allen Grund, mir mein Verhalten übel zu nehmen. Aber nicht meine Identität und unsere Herkunft. Dies ist unsere Heimat. Und du weißt, wie man sich zu seiner Heimat verhält, nicht wahr? Man ändert, was geändert werden sollte, und lernt, auf das stolz zu sein, was man nicht ändern kann.«
    Geneva schloss beide Augen und schlug die Hände vor das Gesicht. All die Jahre hatte sie davon geträumt, ein Elternteil zu haben gar nicht mal beide, das wäre Luxus gewesen, sondern eine Person, die da sein würde, wenn sie nachmittags nach Hause kam, die ihr bei den Hausaufgaben half und sie morgens weckte. Und als nichts daraus wurde und sie es endlich geschafft hatte, auf eigenen Füßen zu stehen und sich eine Möglichkeit zu erarbeiten, dieses gottverdammte Viertel zu verlassen, sprang ihr urplötzlich die Vergangenheit an die Kehle und zerrte sie zurück.
    »Aber ich will das nicht«, flüsterte sie. »Ich will mehr als diesen Mist.« Sie deutete mit ausholender Geste auf die umliegenden Straßen.
    »O Geneva, das weiß ich doch. Ich hoffe bloß auf ein paar schöne gemeinsame Jahre, bevor du in die große weite Welt aufbrichst. Lass mich wieder gutmachen, was deine Mutter und ich dir angetan haben. Du verdienst die Welt … Aber mein Schatz, ich muss dich fragen … Kannst du mir einen perfekten Ort zeigen? Wo alle Straßen mit Gold gepflastert sind? Wo jeder seine Nachbarn liebt?« Er lachte. »Du nennst das hier einen Mist. Nun, da hast du Recht. Aber ist es auf die eine oder andere Weise denn nicht überall so, Liebling?«
    Er legte ihr einen Arm um die Schultern. Sie erstarrte, wehrte sich aber nicht. Gemeinsam gingen sie weiter.
     
    Lakeesha Scott saß auf einer Bank im Marcus Garvey Park. Eine halbe Stunde zuvor war sie von ihrem Job in dem Schnellimbiss zurückgekehrt. Sie zündete sich die nächste Zigarette an.
    Es gibt Dinge, die man tun will, und Dinge, die man tun muss, um zu überleben, dachte sie.
    Was sie nun tun würde, fiel in die letztere Kategorie.
    Warum, zum Teufel, hatte Geneva nichts davon gesagt, dass sie nach all diesem Scheiß die Stadt verlassen und nie zurückkehren würde?
    Sie wollte nach Detroit oder Alabama?
    Tut mir Leid, Keesh, wir können uns nicht mehr sehen. Und zwar für immer. Mach’s gut.
    Damit wäre also alles für sie erledigt. Einfach so.
    Warum, warum, warum?
    Und es kam sogar noch schlimmer: Gen musste ihr ja unbedingt erzählen, wo sie während der nächsten paar Stunden sein würde. Nun konnte Keesh sie gar nicht verpassen und hatte keine Ausrede mehr. Oh, am Telefon hatte sie sich Geneva gegenüber so verhalten wie immer, damit ihre Freundin den Braten nicht roch. Aber nun, während sie allein hier saß, wurde ihr immer schwerer ums Herz.
    Mann, fühl ich mich beschissen.
    Aber ich hab keine Wahl.
    Dinge, die man tun muss …
    Na los, forderte Keesha sich auf. Du musst aufbrechen. Komm schon. Bring’s hinter dich …
    Sie drückte die Zigarette aus, verließ den Park in Richtung Westen und bog dann nach Norden ab, vorbei an Kirche um Kirche. Es gab jede Menge davon. Mt. Morris Ascension, Bethelite Community, Ephesus Adventist Church, ein oder zwei Moscheen, eine Synagoge.
    Und all die Geschäfte: ein Papaya King, ein Blumenladen, ein Smokingverleih, eine Wechselstube. Lakeesha kam an einem kleinen unabhängigen Taxiunternehmen vorbei, dessen Besitzer vor der Tür saß und sein mit Klebeband geflicktes Funkgerät hielt, dessen langes Kabel nach hinten in das unbeleuchtete Büro verschwand. Er lächelte ihr freundlich zu. Wie Keesh sie alle beneidete: die Geistlichen vor den schmutzigen Schaufenstern unter den

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