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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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fahren? Ich leihe Ihnen Charles’ Briefe. Aber dann muss ich zur Schule.«
    »Detective Bell wird dich nach Hause bringen«, sagte Rhyme und lachte dann kurz auf. »Was die Schule anbetrifft, so hatten wir uns doch darauf geeinigt, dass du dir heute freinimmst. Du kannst alles später nachholen.«
    »Nein«, widersprach sie entschieden. »Ich war nicht damit einverstanden. Sie haben gesagt: ›Lass uns zunächst mal ein paar Fragen klären, und dann sehen wir weiter‹.«
    Es gab nicht viele Leute, die Lincoln Rhyme durch ein Zitat seiner eigenen Worte in Verlegenheit gebracht hätten. »Egal, was ich gesagt habe, ich bin der Ansicht, du musst zu Hause bleiben«, murrte Rhyme. »Wir wissen jetzt, dass der Täter vielleicht immer noch hinter dir her ist. Es wäre einfach zu riskant.«
    »Mr. Rhyme, ich muss an diesen Tests teilnehmen. An meiner Schule gibt es nicht in jedem Fall Nachholtermine, und wenn die Testunterlagen nicht vollständig sind, stehe ich am Ende ohne Abgangszeugnis da.« Geneva hielt wütend eine leere Gürtelschlaufe ihrer Jeans gepackt. Sie war so dünn. Rhyme fragte sich, ob ihre Eltern womöglich Gesundheitsfreaks waren und ihr nur Weizenkeime und Tofu zu essen gaben. Offenbar tendierten viele Professoren in diese Richtung.
    »Ich verständige umgehend die Schule«, sagte Sachs. »Wir werden den Leuten mitteilen, es habe einen Zwischenfall gegeben und …«
    »Ich möchte wirklich los«, sagte Geneva sanft und sah Rhyme ruhig in die Augen. »Jetzt.«
    »Du sollst doch nur ein oder zwei Tage zu Hause bleiben, bis wir mehr wissen.« Rhyme lachte leise. »Oder bis wir seinen Arsch an die Wand nageln.«
    Er hatte bewusst locker klingen wollen, um sie zu überzeugen, doch er bedauerte seine Worte noch im selben Moment. Er hatte sich ihr gegenüber nicht authentisch verhalten – einzig und allein wegen ihrer Jugend. Es war wie bei den Leuten, die ihn besuchten und sich betont jovial und witzig gaben, weil er im Rollstuhl saß. Sie kotzten ihn an.
    Und auch Geneva wurde folgerichtig sauer auf ihn.
    »Ich würde jetzt gern nach Hause gebracht werden. Oder ich nehme die Bahn. Aber ich muss jetzt los, falls Sie die Briefe haben wollen.«
    Rhyme ärgerte sich, diesen Streit ausfechten zu müssen. »Es geht nicht, und damit basta«, entschied er.
    »Darf ich mal telefonieren?«
    »Warum?«, fragte er.
    »Ich möchte jemanden anrufen.«
    »Wen denn?«
    »Den Anwalt, den ich erwähnt habe. Wesley Goades. Er hat für die größte Versicherungsgesellschaft des Landes gearbeitet und leitet inzwischen eine Rechtshilfekanzlei in Harlem.«
    »Und den willst du anrufen?«, fragte Sellitto. »Weswegen?«
    »Weil ich ihn fragen möchte, ob Sie mich davon abhalten dürfen, zur Schule zu gehen.«
    Rhyme schnaubte verächtlich. »Es ist nur zu deinem Besten.«
    »Das sollte ich doch lieber selbst entscheiden dürfen, nicht wahr?«
    »Nein, deine Eltern oder dein Onkel.«
    »Die müssen nicht nächstes Frühjahr den Abschluss der elften Klasse schaffen!«
    Sachs lachte in sich hinein. Rhyme durchbohrte sie mit einem finsteren Blick.
    »Bleib zu Hause. Nur ein oder zwei Tage«, sagte Bell.
    Geneva ignorierte ihn. »Mr. Goades hat John David Colson aus Sing-Sing freibekommen, der zehn Jahre für einen Mord absitzen musste, den er nicht begangen hatte. Und er hat den Staat New York verklagt, zwei- oder dreimal. Er hat jeden Prozess gewonnen. Kürzlich erst hat er einen Fall vor das oberste Bundesgericht gebracht. Es ging um die Rechte von Obdachlosen.«
    »Den hat er ebenfalls gewonnen, was?«, merkte Rhyme trocken an.
    »Er gewinnt meistens. Ich glaube sogar, er hat noch nie verloren.«
    »Das ist doch verrückt«, murmelte Sellitto und rieb beiläufig an einem winzigen Blutspritzer auf seinem Jackett. »Du bist noch ein Kind …«
    Das hätte er lieber nicht sagen sollen.
    Geneva funkelte ihn wütend an. »Ich darf nicht telefonieren? Steht das nicht sogar einem Häftling zu?«
    Der massige Detective seufzte und deutete auf das Telefon.
    Sie ging hin, sah in ihrem Adressbuch nach und wählte eine Nummer.
    »Wesley Goades«, sagte Rhyme.
    Geneva wartete mit gesenktem Kopf, dass jemand am anderen Ende abheben würde. »Er war in Harvard«, sagte sie zu Rhyme. »Oh, und die Armee hat er auch verklagt. Wegen der Schwulenrechte, glaube ich.«
    Sie sprach in den Hörer. »Mr. Goades, bitte … Könnten Sie ihm ausrichten, dass Geneva Settle angerufen hat? Ich war Zeugin eines Verbrechens und werde von der Polizei

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