Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
elegant geschwungene Handschrift aus dem neunzehnten Jahrhundert auf den Flachbildschirmen des beginnenden dritten Jahrtausends sichtbar.
     
    Mrs. Violet Singleton
    bei
    Mr. & Mrs. William Dodd
    Essex Farm Road
    Harrisburg, Pennsylvania
    14. Juli 1863
     
    Liebste Violet,
    gewiss ist dir bereits zu Ohren gekommen, welch schreckliche Ereignisse sich vor kurzem in New York zugetragen haben. Ich kann nun vermelden, dass wieder Ruhe eingekehrt ist, aber um einen sehr hohen Preis.
    Es herrscht seit langem großer Unmut, denn viele Hunderttausend vom Glück verlassene Bürger leiden noch immer unter den Folgen der Kursstürze, die vor einigen Jahren zu verzeichnen gewesen sind. Laut Mr. Greeleys Tribüne haben gewissenlose Aktienspekulationen und unkluge Kreditvergaben damals dazu geführt, dass die Finanzmärkte der Welt zusammengebrochen sind. In dieser Stimmung genügte nun ein kleiner Funke, um offenen Aufruhr zu bewirken: der Befehl, Männer zum Dienst in der Armee einzuziehen, was von vielen in unserem Kampf gegen die Rebellen als durchaus notwendig erachtet wird, erweist der Feind sich doch als überraschend stark und ausdauernd. Der Widerstand gegen die Einberufung war indessen heftiger und tödlicher, als irgendjemand erwartet hätte. Und wir – Farbige, Abolitionisten und Republikaner – wurden zum Ziel des Hasses, mindestens genauso sehr wie der Offizier, der mit seinen Männern die Zwangsaushebung durchführen sollte.
    Aufrührer, zumeist Iren, liefen durch die Stadt und stürzten sich auf jeden Schwarzen, den sie zu Gesicht bekamen, plünderten Wohnhäuser und Werkstätten. Ich befand mich zufällig in Begleitung zweier Lehrer und des Direktors des Waisenhauses für farbige Kinder, als ein Pöbelhaufen das Gebäude in Brand setzte! Mit mehr als zweihundert Kindern darin! Dank Gottes Hilfe gelang es uns, die Kleinen in einer nahen Polizeistation in Sicherheit zu bringen, aber falls es nach den Randalierern gegangen wäre, hätte keiner von uns überlebt.
    Die Kämpfe dauerten den ganzen Tag an. Am Abend geschahen die ersten Lynchmorde. Nachdem man einen Neger gehenkt hatte, wurde sein Leichnam angezündet, und die betrunkene Horde tanzte ausgelassen um ihn herum. Ich war entsetzt! Ich bin nun nach Norden auf unsere Farm geflohen und will mich fortan der Aufgabe widmen, in unserer Schule die Kinder zu unterrichten, die Obstplantage zu bewirtschaften und mit all meiner Kraft dazu beizutragen, dass unser ganzes Volk in Freiheit leben kann.
    Geliebte Violet, als Folge dieser furchtbaren Geschehnisse kommt das Leben mir ungewiss und vergänglich vor, und es ist mein Wunsch, so du geneigt bist, die Reise auf dich zu nehmen, dass du und unser Sohn sich nun zu mir gesellen. Ich lege diesem Brief Billets für euch beide bei und zehn Dollar für eure Ausgaben. Ich erwarte euren Zug in New Jersey, und von dort aus fahren wir mit einem Boot den Fluss hinauf zu unserer Farm. Du kannst mir beim Unterrichten zur Hand gehen, und Joshua kann weiterlernen und uns und James an der Apfelweinpresse und im Laden helfen. Sollte jemand sich nach dem Anlass oder Ziel deiner Reise erkundigen, antworte genau wie ich es tue: Sag nur, dass wir uns um die Farm kümmern, sie für Master Trilling in seiner Abwesenheit verwalten. Der Hass in den Augen der Aufrührer hat mir in Erinnerung gerufen, dass es nirgendwo sicher ist und dass sogar in unserer idyllischen Heimstatt voraussichtlich Brandstiftung, Diebstahl und Plünderung drohen, sollte bekannt werden, dass die Besitzer der Farm Neger sind.
    Ich komme von einem Ort, an dem ich in Gefangenschaft gehalten wurde und lediglich als ein Dreifünftelmann galt. Ich hatte gehofft, im Norden wäre es anders, doch, ach, es ist noch nicht der Fall. Die tragischen Begebenheiten der letzten Tage haben mir bewiesen, dass du und ich und unseresgleichen noch nicht als vollwertige Männer und Frauen angesehen werden und dass unser Kampf um umfassende Anerkennung mit unermüdlicher Entschlossenheit fortgesetzt werden muss.
    Bitte richte deiner Schwester und William und natürlich ihren Kindern meine herzlichsten Grüße aus. Sag Joshua, ich bin stolz auf seine Leistungen in Geographie.
    Ich ersehne den Tag – und bete, dass er bald kommen möge –, an dem ich dich und unseren Sohn wieder sehen darf.
    In Liebe, dein Charles
     
    Geneva nahm den Brief vom Scanner. »Der Aufruhr von 1863, mitten im Bürgerkrieg. Das waren die schlimmsten zivilen Unruhen in der Geschichte der Vereinigten Staaten.«
    »Er

Weitere Kostenlose Bücher