Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
finsteren Miene. Teilweise wegen der Sträflingstätowierung. Und auch wegen des schlurfenden Gangs. (Obwohl es sich in Wahrheit nicht um ein ultracooles Checker-Schlurfen handelte, kein herausforderndes Gangsta-Schlurfen, sondern ein O-Scheiße-man-hat-mich-angeschossen-Schlurfen. Aber das wusste hier niemand.)
    Jax hatte an, was er immer anhatte: Jeans, eine verschlissene Tarnjacke und klobige lederne Arbeitsschuhe mit abgenutzten Sohlen. Bei sich trug er ein beachtliches Bündel Scheine, zumeist Zwanziger, ein Messer mit Horngriff, eine Schachtel Zigaretten und an einer Kette den Schlüssel zu seiner kleinen Wohnung an der Hundertsechsunddreißigsten Straße. In den beiden Zimmern befanden sich ein Bett, ein Tisch, zwei Stühle, ein Secondhandcomputer und billiges Geschirr aus dem Ramschladen. Seine Unterbringung war nur geringfügig besser als kürzlich noch bei den Strafvollzugsbehörden des Staates New York.
    Er blieb stehen und sah sich suchend um.
    Da war er, der hagere Typ mit der hellbraunen Haut – ein Mann, der fünfunddreißig oder sechzig hätte sein können. Er lehnte an dem klapprigen Maschendrahtzaun, der den Park im Herzen Harlems umgab. Ein Sonnenstrahl spiegelte sich in der feuchten Öffnung der Bier- oder Weinflasche, die hinter ihm halb versteckt im gelben Gras stand.
    »Na, alles klar, Kumpel?«, fragte Jax und zündete sich eine neue Kippe an, während er auf den Mann zuschlenderte.
    Der hagere Kerl sah ihn fragend an und beäugte die Schachtel, die Jax ihm hinhielt. Er war sich nicht sicher, was das hier zu bedeuten hatte, nahm aber dennoch eine Zigarette und steckte sie ein.
    »Bist du Ralph?«, fragte Jax.
    »Und du?«
    »Ein Freund von DeLisle Marshall. Hab mit ihm im Block S gesessen.«
    »Lisle?« Der hagere Typ entspannte sich. Ein wenig. Er ließ den Mann, der ihn in der Mitte durchbrechen konnte, kurz aus den Augen und schaute prüfend in der Gegend umher. »Lisle ist draußen?«
    Jax lachte. »Lisle hat irgendeiner armen Drecksau vier Kugeln in den Schädel gejagt. Da kommt eher ein Nigger ins Weiße Haus als Lisle je wieder nach draußen.«
    »Es gibt ja auch so was wie Hafturlaub«, sagte Ralph mit gespielter Empörung, was nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass Jax den Test durchschaut hatte. »Also, was gibt’s Neues von Lisle?«
    »Er lässt dich grüßen. Hat mir gesagt, ich soll dich aufsuchen. Er wird für mich bürgen.«
    »Für dich bürgen, für dich bürgen. Okay. Wie sieht seine Tätowierung aus?« Der dünne kleine Ralph mit dem dünnen kleinen Spitzbart schöpfte wieder etwas Selbstvertrauen. Der nächste Test stand an.
    »Welche?«, fragte Jax. »Die Rose oder die Klinge? Und wie ich gehört hab, hat er ein drittes Tattoo dicht neben seinem Schwanz. Aber ich hab’s nie aus der Nähe bewundern können.«
    Ralph nickte ernst. »Wie heißt du?«
    »Jackson. Alonzo Jackson. Aber meistens bloß Jax.« Mit dem Namen war ein gewisser Ruf verbunden. Jax fragte sich, ob Ralph je von ihm gehört hatte. Offenbar nicht – er verzog keine Miene. Jax war angesäuert. »Wenn du mich bei DeLisle überprüfen willst, tu dir nur keinen Zwang an, Kumpel. Aber nenn am Telefon nicht meinen Namen, klar? Sag ihm einfach, der Graffitikönig sei vorbeigekommen, um mit dir zu plaudern.«
    »Graffitikönig?«, wiederholte Ralph und fragte sich erkennbar ratlos, was das nun wieder sollte. Bedeutete es, dass Jax mit dem Blut irgendwelcher Wichser die Wände voll spritzte? »Okay. Vielleicht frag ich ihn. Kommt darauf an. Du bist also draußen.«
    »Ich bin draußen.«
    »Weshalb warst du drin?«
    »Schwerer Raub und Waffenbesitz.« Er fuhr mit leiserer Stimme fort. »Am Anfang wollten die mir einen Zwei-fünf-zwei-fünf anhängen. Übrig geblieben ist ’ne Körperverletzung.« Die Abkürzung bezog sich auf Paragraph 125, Absatz 25 des Strafgesetzbuches, die Bestimmungen zum Tatbestand Mord.
    »Und jetzt bist du ein freier Mann. Nicht schlecht.«
    Jax fand das irgendwie komisch – erst war der mickrige Ralph total nervös, als Jax mit seiner Kippe und dem »Alles klar, Kumpel?« auftauchte. Und dann wurde er plötzlich locker, sobald er wusste, dass Jax wegen schweren Raubes, illegalen Waffenbesitzes und versuchten Mordes gesessen hatte und Blut wie Farbe spritzen ließ.
    Harlem. Musste man es nicht einfach lieben?
    Drinnen, kurz vor seiner Entlassung, hatte er DeLisle Marshall um Hilfe gebeten, und der Bruder hatte ihm geraten, er solle sich an Ralph wenden. Lisle hatte gesagt, der

Weitere Kostenlose Bücher