Das Teufelsspiel
ihr Ärzte ein Wundertransplantat oder irgendein Klonverfahren entwickelt habt, bin ich bereit, wieder auf eigenen Füßen zu stehen.«
Der Arzt lächelte und klopfte mit der flachen Hand auf Rhymes Bein, wovon dieser nicht das Geringste spüren konnte. Dann nickte Sherman. »Es freut mich sehr, das zu hören, Lincoln. Eine meiner größten Sorgen sind nämlich Patienten, die aufgeben, weil sie feststellen, dass ihr Leben sich durch all die Übungen und harte Arbeit nicht wesentlich verändert. Die Leute wollen deutliche Verbesserungen oder sogar Heilung und begreifen nicht, dass diese Art von Krieg nur durch viele kleine Siege gewonnen werden kann.«
»Ich glaube, ich habe bereits gewonnen.«
Der Arzt stand auf. »Ich möchte dennoch, dass diese Messungen durchgeführt werden. Wir brauchen die Daten.«
»Sobald wir … he, Lon, hörst du zu? Redensart im Anmarsch! Sobald wir klar Schiff gemacht haben.«
Sellitto, der keine Ahnung hatte oder den es nicht interessierte, wovon Rhyme da redete, sah ihn nur ausdruckslos an.
»Also gut«, sagte Sherman und ging zur Tür. »Und viel Glück bei dem Fall.«
»Hoffen wir das Beste«, sagte Rhyme fröhlich.
Der Mann der kleinen Siege verließ das Haus, und Rhyme wandte sich sofort wieder den Wandtafeln zu.
Sachs nahm einen Anruf entgegen, hörte kurz zu und legte wieder auf. »Das war Bo Haumann. Es ging um die beiden Kollegen, die den Strom abbekommen haben. Der erste hat schwere Verbrennungen erlitten, wird aber überleben. Der andere konnte bereits aus dem Krankenhaus entlassen werden.«
»Gott sei Dank«, sagte Sellitto und wirkte dabei sehr erleichtert. »Mann, wie sich das angefühlt haben muss. Dieser ganze Saft, der durch den Körper schießt.« Er schloss kurz die Augen. »Die Verbrennungen. Und der Geruch. Herrje. Sein ganzes Haar stand in Flammen … Ich werd ihm was schicken. Nein, ich bringe es selbst vorbei. Vielleicht Blumen. Glaubt ihr, er würde sich über Blumen freuen?«
Genau wie sein vorheriges Verhalten war auch diese Reaktion völlig untypisch für Sellitto. Cops wurden verwundet und Cops kamen ums Leben, und jeder ging mit dieser Tatsache auf seine eigene Weise um. Es gab viele Beamte, die gesagt hätten: »Dem Himmel sei Dank, er lebt noch«, um sich dann zu bekreuzigen und in der nächsten Kirche ein Dankgebet zu sprechen. Sellittos Art war es, zu nicken und sich wieder an die Arbeit zu machen. Nicht so ein Auftritt wie dieser.
»Ich weiß nicht«, sagte Rhyme.
Blumen?
»Lincoln«, rief Mel Cooper, »ich habe Captain Ned Seely am Apparat.« Der Techniker hatte mit den Texas Rangers über den Mord in Amarillo gesprochen, der laut VICAP Parallelen zu dem Überfall im Museum aufwies.
»Leg es auf den Lautsprecher.«
Cooper drückte einen Knopf.
»Hallo, Captain?«, fragte Rhyme.
»Ja, Sir«, meldete sich in gedehntem Tonfall eine Stimme. »Mr. Rhyme?«
»Der bin ich.«
»Ich habe die Anfrage Ihres Mitarbeiters zum Fall Charlie Tucker erhalten und die Unterlagen herausgesucht, aber es ist nicht viel. Sie glauben, derselbe Täter ist nun auch bei Ihnen aktiv geworden?«
»Die Vorgehensweise ähnelt einem Zwischenfall, der sich heute Morgen hier zugetragen hat. Die Schuhe des Täters waren von derselben Marke, die Sohlen auf gleiche Weise abgenutzt. Und er hat ein paar fingierte Spuren hinterlassen, um uns in die Irre zu führen, genau wie er es mit den Kerzen und dem okkulten Symbol beim Mord an Tucker gemacht hat. Oh, und unser Verdächtiger hat einen Südstaatenakzent. Vor einer Weile gab es einen ähnlichen Mord in Ohio, offenbar eine Auftragstat.«
»Demnach glauben Sie, dass jemand diesen Kerl angeheuert hat, um Tucker zu ermorden?«
»Vielleicht. Wer war dieser Tucker?«
»Ein ganz gewöhnlicher Mann, erst seit kurzem im Ruhestand. Hat davor für die Justizbehörde gearbeitet, in einer unserer Strafanstalten. Er war glücklich verheiratet und bereits Großvater. Hat nie Schwierigkeiten gehabt und war regelmäßiger Kirchgänger.«
Rhyme runzelte die Stirn. »Was genau war seine Aufgabe im Gefängnis?«
»Er war Wärter im Hochsicherheitstrakt von Amarillo … Hmmm, glauben Sie etwa, dass ein Häftling den Mord in Auftrag gegeben hat, um sich für irgendwas zu rächen? Eine Misshandlung oder so?«
»Könnte sein«, sagte Rhyme. »Gibt es entsprechende Einträge in Tuckers Personalakte?«
»Nicht laut unseren Unterlagen. Aber Sie sollten sich am besten bei der Gefängnisverwaltung erkundigen.«
Rhyme ließ sich den Namen
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