Das Teufelsspiel
des zuständigen Anstaltsdirektors gehen. »Danke, Captain.«
»Keine Ursache. Einen schönen Tag noch.«
Einige Minuten später war Rhyme mit J. T. Beauchamp verbunden, dem Leiter der Northern Texas Maximum Security Correction Facility in Amarillo. Er nannte seinen Namen und sagte, er arbeite für das NYPD. »Also, Direktor …«
»Nennen Sie mich doch J. T., Sir.«
»Gern, J. T.« Rhyme schilderte ihm die Sachlage.
»Charlie Tucker? Natürlich, der Aufseher, der umgebracht wurde. Ein Lynchmord oder so. Ich war damals noch nicht hier. Bin erst kurz nach Tuckers Pensionierung aus Houston hergekommen. Ich hole seine Akte. Moment bitte.« Kurz darauf kam der Direktor zurück. »So, mal sehen. Nein, niemand hat je eine formelle Beschwerde gegen ihn eingereicht, abgesehen von einem einzigen Häftling, der behauptete, Charlie würde ihn ziemlich hart rannehmen. Als Charlie nicht aufhörte, gab es ein kleines Handgemenge.«
»Das könnte unser Mann sein«, sagte Rhyme.
»Nur leider wurde der Häftling eine Woche nach dem Vorfall hingerichtet. Der Mord an Charlie geschah erst ein ganzes Jahr später.«
»Vielleicht hat Tucker auch noch mit einem anderen Insassen Krach gehabt, der dann jemanden beauftragt hat, es dem Wärter heimzuzahlen.«
»Denkbar. Aber zu so einem Zweck gleich einen Profi anheuern? Das kommt mir ein wenig zu ausgeklügelt vor für unseren Verein hier.«
Rhyme neigte zu der gleichen Ansicht. »Nun, womöglich war der Täter ein ehemaliger Insasse. Er hat sich Tucker nach seiner Entlassung vorgenommen und es wie einen Ritualmord aussehen lassen. Könnten Sie sich bei Ihren Aufsehern oder anderen Bediensteten mal umhören? Wir suchen nach einem Weißen, Mitte vierzig, mittlere Größe und Statur, hellbraunes Haar. Er hat wahrscheinlich wegen einer Gewalttat gesessen und wurde entlassen oder ist geflohen, kurz …«
»Von hier ist noch niemand geflohen«, fiel der Direktor ihm ins Wort.
»Also gut, wurde entlassen kurz vor dem Mord an Tucker. Das ist praktisch alles, was wir wissen. Ach ja, er kennt sich mit Waffen aus und ist ein guter Schütze.«
»Das wird nicht weiterhelfen. Wir sind hier in Texas.« Er lachte leise auf.
»Uns liegt ein Phantombild von ihm vor«, fuhr Rhyme fort. »Wir schicken es Ihnen per E-Mail. Könnten Sie es mit den Fotos der Häftlinge vergleichen lassen, die ungefähr zu jener Zeit entlassen wurden?«
»Ja, Sir, ich setze meine Sekretärin darauf an. Sie hat ein verdammt gutes Auge für solche Sachen. Aber es könnte eine Weile dauern. Bei uns haben eine Menge Leute eingesessen.« Er nannte ihnen seine E-Mail-Adresse. Dann beendeten sie das Gespräch.
Im selben Moment trafen Geneva, Bell und Pulaski ein.
Bell berichtete von der erfolgreichen Flucht des Komplizen, fügte noch ein paar Einzelheiten zu der Personenbeschreibung hinzu und erzählte, dass jemand die Schüler und Lehrer befragen sowie die Aufzeichnungen der Überwachungskameras sichten würde.
»Ich habe meinen letzten Test verpasst«, sagte Geneva wütend, als wäre Rhyme daran schuld. Dieses Mädchen konnte einem wirklich auf die Nerven gehen. Trotzdem bemühte er sich um Nachsicht. »Ich habe ein paar Neuigkeiten, die dich interessieren dürften. Dein Vorfahr hat seinen Sprung in den Hudson überlebt.«
»Ehrlich?« Ihr Gesicht hellte sich auf. Begierig las sie den Ausdruck des alten Zeitschriftenartikels. Dann runzelte sie die Stirn. »Man lässt ihn hier einigermaßen schlecht dastehen, als hätte er alles von vornherein geplant. Aber so war er nicht, da bin ich mir sicher.« Sie blickte auf. »Und wir wissen immer noch nicht, was später aus ihm geworden ist, falls er je freigelassen wurde.«
»Nach dieser Information suchen wir noch. Hoffentlich können wir mehr herausfinden.«
Coopers Computer gab einen Piepton von sich. Der Techniker sah nach. »Vielleicht hilft uns das hier weiter. Die E-Mail kommt von einer Professorin am Amherst College, die eine Website über afroamerikanische Geschichte unterhält. Sie gehört zu den Leuten, bei denen ich mich nach Charles Singleton erkundigt habe.«
»Lies vor.«
»Der Text enthält Auszüge aus dem Tagebuch von Frederick Douglass.«
»Wer war das doch gleich?«, fragte Pulaski. »Tut mir Leid, vermutlich sollte ich das wissen. Wo doch sogar eine Straße nach ihm benannt wurde.«
»Ein ehemaliger Sklave«, sagte Geneva. »Der Abolitionist und führende Bürgerrechtler des neunzehnten Jahrhunderts. Außerdem Autor und Vortragsreisender.«
Der
Weitere Kostenlose Bücher