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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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versuchte verzweifelt, sich am Seil hochzuziehen und die Strangulation aufzuhalten. Aber das schaffte niemand, ganz egal, wie stark er auch sein mochte.
    Taub – während er wartete, bis der zuckende Leichnam des Wärters aufhörte zu pendeln. Taub – während er zu Tuckers Füßen die Kerzen aufstellte, um den Mord wie die Tat eines wahnsinnigen Satanisten aussehen zu lassen, und dem Toten in die glasigen Augen blickte.
    Taub …
    Aber Thompson glaubte, er könne sich selbst wieder instand setzen, so wie er die Badezimmertür und das lockere Treppengeländer des Bungalows repariert hatte. (Es handelte sich um zu erledigende Aufgaben, der einzige Unterschied war die Größe.) Jeanne und die Mädchen würden die Gefühle zurückbringen. Er musste sich lediglich an die Spielregeln halten. Musste tun, was andere Leute taten, normale Leute, Leute, die nicht empfindungslos waren: Die Kinderzimmer verschönern, mit den Mädchen Richterin Judy anschauen, im Park picknicken gehen. Ihnen mitbringen, worum sie gebeten hatten. Traube, Kirsche, Milch. Traube, Kirsche, Milch. Gelegentlich mal fluchen, Mist, Kacke, Scheiße … Denn das machten die Leute, wenn sie sich ärgerten. Und verärgerte Leute johlten etwas.
    Aus diesem Grund pfiff er auch ständig vor sich hin – er glaubte, die Musik könnte ihn in die Vergangenheit zurückversetzen, in die Zeit vor dem Gefängnis. Leute, die Musik mochten, waren nicht empfindungslos. Leute, die vor sich hin pfiffen, spürten etwas, sie hatten Familien, sie wurden deswegen von anderen gemocht. Sie waren Leute, mit denen man plauderte, falls man sie zufällig auf der Straße traf, Leute, denen man von seinem Harleyburger-Teller gern ein paar Pommes abgab, während nebenan fröhliche Musik spielte, denn haben diese Musiker nicht wirklich was auf dem Kasten, mein Junge? Meinst du nicht auch?
    Verhalte dich stets korrekt und angepasst, und die Taubheit wird sich legen. Die Gefühle werden zurückkommen.
    Funktionierte es, grübelte er, dieses Trainingsprogramm, das er sich selbst auferlegt hatte, damit er tief in seiner Seele wieder etwas empfand? Das Pfeifen, die ständige Wiederholung der Dinge, die zu wiederholen er als nötig erachtete, Traube und Kirsche, das Fluchen und Lachen? Vielleicht ein wenig, glaubte er. Er erinnerte sich daran, wie er am Morgen die Frau in Weiß beobachtet hatte, hin und her, hin und her. Er konnte aufrichtig behaupten, dass es ihm Freude bereitet hatte, ihr bei der Arbeit zuzusehen. Eine kleine Freude, aber immerhin ein Gefühl. Nicht schlecht.
    Moment: »Verdammt nicht schlecht«, flüsterte er.
    Da, ein Schimpfwort.
    Womöglich sollte er es mal wieder mit Sex versuchen (für gewöhnlich bekam er es einmal im Monat hin, meistens morgens, aber am liebsten hätte er ganz darauf verzichtet – wenn die Stimmung fehlte, konnte auch Viagra nicht mehr viel ausrichten). Er dachte nun eine Weile darüber nach. Ja, das würde er tun – sich ein paar Tage sammeln und es dann mit Jeanne versuchen. Der Gedanke machte ihn nervös. Doch vielleicht sollte er es einfach in Angriff nehmen. Das wäre ein guter Test. Ja, er würde es darauf ankommen lassen und sehen, ob es inzwischen besser lief.
    Traube, Kirsche, Milch …
    Thompson betrat eine Telefonzelle, die vor einem griechischen Feinkostladen stand. Er wählte die Nummer der Voicemail und gab den Code ein. Es war eine neue Nachricht eingegangen, die besagte, dass sich beinahe die Gelegenheit ergeben hätte, Geneva Settle auf dem Schulgelände zu töten, dass aber zu viele Polizisten in ihrer Nähe gewesen seien. Dann wurde ihre Adresse an der Hundertachtzehnten Straße genannt, verbunden mit der Anmerkung, dass dort mindestens ein ziviles Polizeifahrzeug sowie ein Streifenwagen Position bezogen hatten und bisweilen die Standorte wechselten. Die Zahl der unmittelbaren Leibwächter scheine zwischen einem und drei zu schwanken.
    Thompson prägte sich die Adresse ein und löschte die Nachricht. Dann setzte er seinen umständlichen Weg fort, bis er das sechsgeschossige Apartmentgebäude erreichte, das sich in einem wesentlich schlechteren Zustand befand als Jeannes Bungalow. Er ging zur Rückseite des Hauses und öffnete die Hintertür. Dann stieg er die Treppe bis zu der Wohnung empor, die als sein Hauptversteck diente. Er ging hinein, schloss hinter sich ab und schaltete die Falle aus, die unbefugte Eindringlinge aufhalten sollte.
    Es war hier ein wenig wohnlicher als an der Elizabeth Street. Die Wände waren mit

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