Das Teufelsweib
auf.
Charles de Santerres!
Perpignac fühlte, wie ihm heiß wurde.
Santerres, dachte er, er kann es sein – nein, er ist es! Er sieht genauso aus, er hat Geld wie Heu, ihm gehört jede Frau, die er haben will – kein Zweifel, ich bin auf der richtigen Spur!
Verwundert sah Tissier Perpignac an und fragte ihn:
»Soll ich Santerres nicht an unseren Tisch bitten?«
»Doch, doch«, sagte Perpignac und hatte plötzlich einen tollen Gedanken. »Holen Sie ihn nur, Tissier. Aber eine Bitte habe ich: kein Wort von Dubois und seiner Frau Manon.«
»Wie Sie wollen«, brummte Tissier und zuckte die Achseln.
Dann ging er hinüber, begrüßte Charles de Santerres überschwenglich und kam mit ihm zurück zu Perpignac.
»Oh, das ist schön, dich zu sehen, Charly«, sagte Perpignac erfreut. »Ich hätte nicht gedacht, daß der Tag noch so angenehm werden könnte …«
Der Ober brachte den bestellten Martell.
Und Tissier erzählte den neuesten Witz über Kissinger.
6
Der Kies knirschte leise unter seinen Schritten, als Charles de Santerres nachts durch das schmale Eisentor seiner Villa auf diese zuging, vorbei an den Fliederbüschen, die den Weg säumten. Vor der von einem Glasdach geschützten dicken Eichentür hielt er an und suchte in den Taschen seines Mantels nach dem Schlüsselbund. Da bemerkte er im Garten einen fahlen Lichtschein.
Santerres stutzte. Statt der Schlüssel holte er aus der Hüfttasche seines Anzuges einen kleinen Browning und umschlich sein Haus, bahnte sich leise einen Weg durch die bis zur Mauer reichenden dichten Haselsträucher und blieb stehen. Der Lichtschein drang aus einem der Fenster des ersten Stockwerkes hinaus in den Garten.
Das Zimmer Pierres, stellte Santerres erstaunt fest. Was macht der Diener jetzt noch in der Nacht? Und hat er sich heute nicht freigenommen, um nach Versailles zu seiner alten Tante zu fahren, die er einmal zu beerben gedenkt? Er kann unmöglich schon wieder zurück sein, es sei denn, er ist gar nicht nach Versailles gefahren und hat den freien Tag zu einem ausgedehnten Bummel durch Paris benutzt.
Santerres grinste verständnisvoll und blickte noch einmal hinauf zu dem hell erleuchteten Fenster. Da zuckte er zusammen. Ein Schatten war an dem Fenster vorbeigeglitten, der Schatten einer Frau. Deutlich war – wie bei einem Scherenschnitt – das Profil ihres Körpers zu sehen gewesen … das Gesicht, die Brust, der Leib.
Eine Frau in Pierres Zimmer …
Und diese Frau mußte nackt sein.
Das ließ einen Mann wie Santerres nicht ruhen. Vielleicht konnte er noch mehr von ihr erhaschen. Er schlich also zu dem kleinen Hintereingang, der von der Küche in den Garten führte, und fand ihn unverschlossen. Leise schlüpfte er in das Haus, eilte auf Zehenspitzen hinauf in den ersten Stock und hielt vor der Zimmertür Pierres an. Ein helles Lachen hörte er, ein girrendes, forderndes, prickelndes Lachen, das ihn erstarren ließ. Dieses Lachen kannte er, dieses Lachen hatte er schon so oft gehört, auf der breiten Couch liegend, wobei eine zarte, langfingrige Hand sich kosend in seinem Haar verfing, über seinen Körper glitt, wenn das Licht verlosch und das Lachen ein Stammeln wurde, bis es in einem Seufzer endete, als tauche eine Flamme in einen weiten See.
Mit einem raschen Schritt stand Santerres an der Tür und riß sie auf. Ein schriller Schrei ertönte, und in dem hellen Licht der mehrflammigen Deckenlampe sahen Santerres' weitaufgerissene Augen Manon in leichtbekleidetem Zustand auf dem Bett liegen, während Pierre in Hemd und Hose am Spiegel stand und sich kämmte. Als Pierre seinen Herrn erblickte, fiel ihm der Kamm aus der Hand, und vor dem drohend auf ihn gerichteten Browning wich er bis zum Fenster zurück.
»Charles …«, stammelte Manon. Doch dann schien sie sich zu fassen und richtete sich auf. »Gut, daß du kommst«, sagte sie, und ihre Stimme klang im Handumdrehen kalt. »So ersparst du mir den Abschied von dir.«
»Abschied?« Santerres senkte den Browning ein wenig und stieß mit dem Fuß die Tür zu. Sein Gesicht war wie aus Stein, es hatte jede Farbe verloren. »Meinst du den Abschied vom Leben …«
»Monseigneur«, stammelte Pierre am Fenster, aber eine brüske Handbewegung des Grafen ließ ihn sofort wieder verstummen.
»Mit dir rechne ich später ab, Pierre!« Santerres wandte sich wieder an Manon und sah sie lange an. »Ich habe geglaubt, eine herrliche Geliebte zu haben – jetzt sehe ich, daß es nur eine Hure war …«
Manon saß auf dem
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