Das Teufelsweib
Bett und spielte mit den Trägern ihres seidenen Hemdchens, unter dem sich die Brust verführerisch abzeichnete. Sie lächelte Santerres schamlos an und warf mit einem Ruck des Kopfes die langen Locken aus der Stirn.
»Glaubtest du, daß eine Frau, die ihren Mann betrügt, etwas anderes ist? Es war doch Betrug, mein Lieber, nicht wahr? Bist du nicht ein guter Bekannter von Dubois? Ja, bist du nicht sogar so etwas wie sein Freund? Was glaubst du, was mein Mann sagt, wenn er hört, daß sein Freund seine Frau zur Geliebten hat? Dubois kann grausam sein, mein Lieber. Scheusale wie er sind unerreicht im Aussinnen von Rachegedanken.«
»Ich habe dich geliebt«, sagte Santerres dumpf. »Und ein Mann wie Dubois an deiner Seite war eine Beleidigung der Natur. Man mußte sich deiner annehmen!«
»Annehmen?« Manon lachte höhnisch. »Wie uneigennützig! Der Mann, der Frauen tröstet! Der Ehrenmann, der sich unglücklicher Frauen erbarmt. Vielleicht bist du sogar noch ein Seelenarzt? Daß ich nicht lache! Glaubst du, ich hätte dich geliebt? Mich reizte das Abenteuer mit dir, wie es mich auch reizte, von einem Lakaien hier geliebt zu werden …«
»Manon!« Pierre am Fenster taumelte einen Schritt nach vorne. Seine Finger spreizten sich, als wolle er ihren Hals umklammern und sie erwürgen. »Was sagst du da …«
»Männer!« Tiefe Verachtung lag in diesem Wort, als Manon sich erhob und das leichte Seidenkleid überstreifte. Mit den Fußspitzen angelte sie ihre Pumps heran und schlüpfte hinein. Dann stand sie vor dem Spiegel und ordnete etwas ihre Haare. »Der eine mit der Pistole, der andere mit stieren Augen wie ein gestochener Bock. Ich habe immer geglaubt, daß die Frauen die Liebe zu ernst nehmen, aber ich sehe, daß es die Männer sind, die aus einem Abenteuer einen Besitz für ein Leben machen wollen …«
»Noch ein Wort, und ich töte dich!« schrie Pierre und sprang auf sie zu. Aber ein Faustschlag Santerres schleuderte ihn aufs Bett, wo er benommen liegenblieb.
»Ich werde Dubois sagen, daß du ihn betrügst«, sagte der Graf hart zu Manon.
»Er wird dich erschießen.« Aus Manons Stimme klang absolute Sicherheit.
»Wenn, dann wirst du an meiner Seite sterben!« Santerres steckte die Pistole ein und setzte sich müde auf einen Hocker.
»Du siehst, Manon, ich bin ganz ruhig. Was mit Pierre geschieht, wird dich nicht interessieren …«
»Nicht im geringsten!«
»Siehst du, wie gut ich deinen Charakter kenne! Aber mit uns beiden, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Gib mir nur auf eine Frage Antwort: Warum hast du das getan, Manon?«
Manon Dubois blickte ihn kaum mehr an, weil er sie nicht mehr interessierte. Sie lachte. Ihre weißen Zähne schimmerten hell zwischen den roten Lippen. Die dunklen Schatten unter ihren Augen verliehen dem Gesicht etwas Abgründiges und Gemeines.
»Warum? – Warum nicht? Die gleiche Frage stellte mir neulich Dubois! Und ich habe ihm gesagt, daß ich das nicht wüßte, denn wenn ich etwas tue, denke ich darüber nicht nach, und nur von einer Sache, über die man nachdenkt, kann man sagen, warum man sie getan hat. Ich habe mit dir geschlafen – und ich habe mit Pierre geschlafen – und ich werde morgen mit diesem und übermorgen mit jenem schlafen. Warum? Weil mein Mann ein elender Krüppel ist? Weil er häßlich ist, so häßlich, daß ich friere, wenn er mir die Hand gibt? Mein lieber Charles, auch einen Dubois würde ich in die Arme nehmen, wenn es den geringsten Reiz hätte, mit ihm zu schlafen. Und niemand sollte mich dann fragen: Warum hast du das getan, Manon?«
Santerres hatte sich erhoben. Kalte Ernüchterung hatte ihn erfaßt. Groß und schlank stand er in dem kleinen Zimmer, elegant, aber sein blasses Gesicht wirkte hölzern und steif.
»Geh!« sagte er hart. »Sofort! Und du, Pierre, auch!«
»Herr Graf.« Der Diener erhob sich von seinem Bett. Blut tropfte ihm vom Schlag Santerres' aus der Nase. »Ich möchte …« Er stockte. Und plötzlich schrie er, als erwache er aus einem wüsten Traum: »Ich habe nicht gewußt, daß ich es mit einer Teufelin zu tun habe!«
»Die Stimme des kleinen Mannes«, sagte Manon verächtlich und wandte sich noch einmal an Santerres: »Wenn du Dubois unterrichten willst, mußt du dich beeilen. Wir fahren morgen früh nach Monte Carlo …«
Sie ging aus dem Zimmer, die Tür fiel hinter ihr zu. Einen Augenblick stand Santerres wie versteinert, als könne er nicht begreifen, was geschehen war, dann rannte er hinter
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