Das Teufelsweib
Manon.
McJohn wollte ihr einen Platz anbieten.
»Nein, danke«, lehnte sie ab. »Ich bin müde, Percy, und gehe ins Bett …«
Und zu allen: »Noch viel Vergnügen, meine Herren. Gute Nacht.«
Die drei Männer erhoben sich und grüßten. Manon nickte ihnen zu, stieg wieder die Treppe hinab und blickte unten noch einmal empor zur Brücke.
Er hat mich nicht sonderlich vermißt, dachte sie ärgerlich. Die Karten waren ihm wichtiger. Eine Unverschämtheit von ihm. Ich bin das nicht gewöhnt von Männern und werde es ihm vergelten.
Wie ›vergelten‹? Dadurch, daß sie sich ihm versagen, ihn schmoren lassen wollte? O nein, so hätte eine normale Frau reagiert – nicht aber Manon!
»Ich hole ihm das Mark aus den Knochen«, murmelte sie. »Ich mache ihn fertig, bis er vor mir auf dem Boden herumkriecht, nicht mehr fähig, sich zu erheben. Das mache ich!«
Und schon fühlte sie sich nicht mehr so müde.
Sie wandte sich den Räumen zu, die McJohn und sie bewohnten. Es waren luxuriös eingerichtete Kabinen – Liebesnester, wie Percy sie nannte, wenn er mit Manon in den Kissen lag und sie ihm gewährte, was ihm alle ›himmlischen Freuden‹, die schon von Propheten und Aposteln versprochen worden sind, klein und lächerlich dagegen erscheinen ließ.
Manon zog sich aus und legte sich nackt auf ihr Bett. Das Licht ließ sie brennen. Der Duft zerstäubten Parfüms hing über Möbeln und Teppichen. Manon wartete. Sie drehte sich zur Wand, weil ihr von gegenüber der grinsende goldene Buddha, den sie nicht mochte, wieder einmal auf die Nerven ging. Neben Manons Bett war der Buddha für McJohn das zweite ›Herzstück‹ der Kabine. Deshalb leistete McJohn auch entschlossen Widerstand, wenn Manon schon einmal zu erkennen gab, daß sie den Buddha lieber entfernt gesehen hätte.
Plötzlich durchzuckte es Manon heiß: Mein Rücken!
Sie sprang auf: Wenn er den sieht, weiß ich nicht, was passiert.
Sie schlüpfte hastig in ein Nachthemd. Sie löschte jetzt das Licht. Das war die zweite Maßnahme, die ihr unerläßlich schien.
Wieder wartete sie. Dann aber schlief sie in der Dunkelheit ein.
Sie erwachte von einem Sturm, der über sie hinwegraste. Die Amerikaner haben die Sitte in die Welt gebracht, Stürmen, die sich gewöhnlich von der Karibik her ihrer Küste nähern, regelrechte Rufnamen zu geben, Frauennamen zumeist. ›Betty‹ war schon ein ganz schrecklicher Hurrikan, ›Shirley‹ auch. Vermutlich wurzelt diese Sitte in der Summe der Erfahrungen, die Amerikas Männer seit der Landung der Mayflower mit ihren Frauen zu machen pflegen.
Der Sturm, der über Manon hinwegraste, trug aber einen Männernamen: Percy.
Er wühlte nicht das Meer auf, sondern die Kissen. Aber er trug auch in sich schon die Bestimmung selbst des stärksten Orkans: am Ende zu erlahmen, manchmal sogar ganz plötzlich und rasch.
So wie sich Manon ›Strafe‹ geschworen hatte, Strafe für McJohn, begriff sich umgekehrt McJohn als ›Strafe‹ für Manon. Sträflicher Zusammenprall war ganz natürlich die Folge.
Der Vorsatz, mit dem McJohn über die Schwelle getreten war, lautete: Ich mach das Luder fertig, bis sie alle viere von sich streckt!
Er knipste kein Licht an, um ihre Überraschung, ihr Erschrecken zu steigern. Dann riß er ihr als erstes das Nachthemd in Fetzen vom Leibe. Aus Manons Mund wurden Schreie laut: »Bist du wahnsinnig? Sieh dir meinen Rücken und meine Brust an, was du mit ihnen machst!«
Das war die echte Manon. Als McJohn bei Licht die Bescherung sah, auf die ihn Manon aufmerksam gemacht hatte, versprach er ihr, den Buddha einschmelzen zu lassen und ihr den Klumpen Gold zur Verfügung zu stellen.
Ging denn das ewig so weiter? Gab es den Tag der Sühne für Manon nie?
Einer von denen, die sich diese Frage stellten, war nun auch schon Enrico Martinelli. Vergeblich hoffte er auf Schlaf. Er lag hellwach in seinem Bett und dachte an den vergangenen Abend. Noch war er voll vom Zauber dieser einmaligen Frau – einem verfluchten Zauber, wie er jetzt wußte. Und dazu kam Angst, die in ihm hochkroch.
Er wird mich erschießen, hat sie gesagt. Erschießen, wenn er ihren Betrug entdeckt. Ihren Betrug mit wem? Mit mir. Santa Madonna!
Wie sagt man doch so schön: Tenöre haben es leicht bei Frauen …
Aber schwer bei deren Männern …
Man muß es noch einmal sagen: Martinelli wäre der Allerletzte gewesen, der für seine Liebesabenteuer etwas eingesetzt hätte. Die Abneigung dagegen findet sich heutzutage aber nicht nur bei
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