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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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Guggenheim und seinen Sekretär an Deck lotsten.
    Auf dem Bootsdeck hätten sie sich getrennt; Aubart und Sägesser seien in Rettungsboot Nr. 9 gestiegen, und Guggenheim habe gesagt: »Wie sehen uns bald wieder! Es ist nur eine Reparatur. Morgen fährt die
Titanic
weiter!« Wie es aussieht, ist
dies
der letzte von Guggenheim zuverlässig überlieferte Satz, nicht die angebliche Botschaft an seine Frau. Von wegen »bereit, wie ein Gentleman zu sterben«.
     
    Wie kann es zu diesen Widersprüchen kommen? Ganz einfach: Die Hinterbliebenen Guggenheims betrieben aktive PR und bastelten an Guggenheims Sterbemythos als Gentleman. Angeblich haben sie dessen Geliebte dafür bezahlt, Stillschweigen über die Angelegenheit zu bewahren. Tatsächlich verlor diese kein Wort über ihren Abschied von Guggenheim: Stattdessen schwärmte Mme. Aubart von irgendwelchen geheimnisvollen und anonymen Engländern beim Ablegen vom Deck der
Titanic:
»Diese Engländer! Wie mutig, wie gefasst, wie schön! Ich, als patriotische Französin, werde diese Gruppe von Engländern nie vergessen – jeder von ihnen ein perfekter Gentleman –, wie sie ganz ruhig ihre Zigaretten und Zigarren pafften und zusahen, wie Frauen und Kinder in den Booten untergebracht wurden. So habe ich sie in Monte Carlo gesehen – den phlegmatischen Engländer in seiner nobelsten Erscheinungsform. Marie stieg in das Rettungsboot und anschließend ich. Wir waren die letzten Frauen, die das Schiff verließen. Mein letztes Bild von den oberen Decks war immer noch diese Gruppe von Engländern, immer noch mit ihren Zigaretten im Mund, die dem Tod so ruhig und mutig entgegensahen, dass es schon wieder schrecklich war.« [194]
    Aber wieso schwärmte Guggenheims Geliebte von »Engländern«? War Benjamin Guggenheim nicht Amerikaner? Und warum nannte sie ihre Gouvernante nicht Emma, sondern »Marie«? Zweifellos war Aubart um die Zeit dieses Zeitungsberichts (13. Mai 1912) jedoch bereits bei den Guggenheims unter Vertrag und zum Schweigen verpflichtet worden. Also konnte sie unmöglich vom tränenreichen Abschied von ihrem geliebten Benjamin erzählen. Stattdessen verpasste sie den Beteiligten lieber Decknamen und konnte so ihrem verlorenen Geliebten doch noch eine heimliche Hommage widmen. Weder Aubart noch Sägesser wurden von den Untersuchungskommissionen befragt.
    Demnach war es bei Guggenheim also ganz ähnlich wie bei Astor. Während ersterer seine junge, schwangere Frau in einem Rettungsboot unterbrachte und zurückbleiben musste, tat Guggenheim wahrscheinlich dasselbe für seine Geliebte. Nur reden durfte man darüber noch weniger als bei Astor, der mit seiner jungen Frau wenigstens offiziell verheiratet war. Also gab es offenbar Bemühungen der Familie Guggenheim selbst, Benjamins und den Ruf der Familie zu retten, indem die Erzählungen des Stewards über das heroische Ende Guggenheims und seines Sekretärs entweder erfunden oder zumindest aufgehübscht und zurechtgebogen wurden. Schließlich war Benjamin ohnehin schon das schwarze Schaf der Familie, das nicht nur dauernd durch neue Affären von sich reden machte, sondern der Familie auch den Rücken gekehrt und sich seine Vermögensanteile hatte ausbezahlen lassen.
    Darüber hinaus gibt es keine Erkenntnisse über das weitere Schicksal Guggenheims. Außer Etches wurden keine weiteren Zeugen über das Schicksal Guggenheims befragt – nicht in der amerikanischen und schon gar nicht in der britischen Untersuchung. Auch Guggenheims Leiche wurde nie gefunden, zumindest aber nicht identifiziert. Benjamin Guggenheim verschwand ab einem bestimmten Punkt einfach von der Bildfläche, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen – weder im Gedächtnis von Mannschaft und Passagieren noch in der physischen Welt. Benjamin Guggenheims Tochter, die berühmte Peggy Guggenheim, hat die Geschichte vom »Gentleman-Tod« ihres Vaters »nie ernst genommen. Sie interpretierte es so: In Kenntnis des Guggenheimschen Vermögens habe der Steward gehofft, eine schön erfundene Geschichte werde sich für ihn rentieren.« [195]

Isidor Straus: Milliardäre müssen draußen bleiben
    »Die Milliardäre werden abgewiesen«, beobachtete Wolf Schneider in seinem Buch über die
Titanic
. [196] Und interessanterweise starben die drei mächtigsten Männer an Bord alle unter der Fuchtel des Zweitens Offiziers Lightoller. [197] Der nächste Superreiche auf der Backbordseite der
Titanic
, den dieses Schicksal traf, war der dritte finanzielle Dinosaurier an

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