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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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Überlebenden die bequemste Lösung darstellt. Aber auch nach dieser Schilderung hätte Straus zumindest um sein Leben betteln und bei den Offizieren eine Art Gnadengesuch einreichen müssen – was sicher nicht jedermanns Sache ist. Ob sie es genehmigt hätten, ist außerdem äußerst fraglich. Wie bereits gezeigt, kannten sie nicht einmal Gnade bei den Ehemännern von werdenden Müttern. Und auch dass Kapitän Smith, der sich selbst in die Besetzung von Boot Nr. 8 einmischte, einen Finger krumm gemacht hätte, um Isidor Straus zu retten, ist nicht überliefert.
    Eine neue Definition von »freiwillig«
    »Freiwillig« in den Tod gegangen ist das Ehepaar Straus also nicht. Es sei denn, der Begriff »freiwillig« würde ganz neu definiert. Denn es blieb vielen an Bord dieses Tollhauses, das einmal die
Titanic
war, einfach nicht viel anderes übrig. In Wirklichkeit war es auch hier die Geschichte vom brennenden Hotel, aus dem bestimmte Gäste nicht herausgelassen, sondern in die Flammen zurückgeschickt wurden. Das berühmte letzte Bild der beiden aus dem Cameron-Film
Titanic
romantisiert das Ende des Ehepaars Straus und erweckt den Eindruck eines besonders innigen Sterbeerlebnisses – so, als könnte man nicht schöner sterben als Arm in Arm an Bord eines sinkenden Schiffes. Das Problem ist, dass an dieser Stelle mit den Beweisen endgültig Schluss ist. Ganz im Gegenteil spricht eine Menge gegen diesen einvernehmlichen und friedlichen Tod.
    So ist es schwer vorstellbar, dass jemand an Bord eines sinkenden Schiffes tiefer in den Rumpf hinabsteigt, in eine Kabine geht und sich dort ins Bett legt, um auf den Tod zu warten. Normalerweise würde man vor dem drohenden Ertrinken nach Bewegungsfreiheit und Luft verlangen. Stiege man in den Rumpf hinab, würde man das eigene Schicksal vor der Zeit besiegeln. Normalerweise lebt aber jeder Mensch so lange wie irgend möglich – bis auf einen Selbstmörder. Aber Selbstmörder waren das Ehepaar Straus ja ganz im Gegensatz zu dem immer wieder erweckten Eindruck nun mal nicht.
     
    Nächste Frage: Wären beide wirklich inniglich umarmt in ihrer Kabine gestorben – wären sie dann überhaupt gefunden worden? Wohl kaum. Wenn sich Straus mit seiner Frau tief unten im Schiff in seiner Kabine befand – wie konnte es dann sein, dass seine Leiche geborgen wurde? Etwa eine Woche nach der Katastrophe fischte das Bergungsschiff
Mackay-Bennett
die »Leiche Nr. 96« aus dem Wasser:
    NR . 96 MÄNNLICH  – GESCHÄTZTES ALTER , 65 – VORNE GOLDZAHN (teilweise) – GRAUES HAAR UND SCHNURRBART
    KLEIDUNG  – Pelzbesetzter Mantel; graue Hosen und Weste; gestreiftes Hemd; braune Schuhe; schwarze Seidensocken.
    WERTSACHEN  – Notizbuch; Golduhr; Platin- und Perlenkette; goldenes Federmäppchen; silberne Trinkflasche [»Flachmann«; G. W.]; silberner Salzstreuer; £40 in Noten; £4 2s 3d in Silber.
    ERSTE KLASSE  – NAME  – ISADOR STRAUSS [204]
    Und diese Bergung konnte wohl nur deshalb gelingen, weil Straus eine Schwimmweste trug. Hatte er sich also mit Schwimmweste mit seiner Frau ins Bett gelegt? Und wie war er dann aus dem sinkenden Wrack freigekommen? Seine Frau aber nicht? Denn im Unterschied zu Isidor Straus’ Leiche wurde Ida Straus’ Körper nicht geborgen. Oder wurde sie – wie eine ganze Reihe von Toten – nur nicht identifiziert? Meistens trugen die Reichen an Bord jedoch unverwechselbare Wäsche und Wertsachen bei sich. Auf Schmuck und Kleidungsstücken befanden sich häufig Namen oder Initialen, so dass auch arg entstellte Leichen identifiziert werden konnten. Ein Porträt des Ehepaares zeigt Frau Straus mit einem Ring am linken Ringfinger.
    Ganz im Gegensatz zu der verbreiteten Legende können die Strausens kaum nahe beieinander gestorben sein. Die am Untergangsort vorherrschenden Meeresströmungen sind ja keine Strudel, die die Körper durcheinanderwirbeln könnten, sondern großräumige, langsame Bewegungen. Dass nahe beieinander schwimmende Leichen von diesen großen Meeresströmungen getrennt wurden, ist eher unwahrscheinlich. Die Passagiere des Dampfers
Bremen,
der am 20. April 1912 an dem Feld der schwimmenden Leichen vorbeikam, berichteten, »dass sie einzelne Personen hätten unterscheiden können. So sahen sie eine weibliche Leiche, die noch zwei Kinder in den Armen hielt, und ein Ehepaar, das sich dicht umschlungen hatte«. [205] Das Ehepaar Straus war das aber nicht. Insgesamt deutet das alles darauf hin, dass Isidor und Ida Straus eben nicht am

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