Das Titanic-Attentat
»Sonne« war dabei kein allgemeiner Ausdruck für gute Lebensbedingungen, vielmehr war damit ganz konkret Afrika gemeint. Der »Schwarze Kontinent« war der große Kuchen, um den sich die europäischen Mächte zu balgen begannen.
Schon 1896 hatte Deutschland Großbritannien mit der sogenannten Krüger-Depesche brüskiert. In diesem Telegramm gratulierte Kaiser Wilhelm II . dem Präsidenten der Burenrepublik Transvaal zur Abwehr eines von den Briten gesteuerten Angriffs – was in Großbritannien prompt antideutsche Empörung auslöste. »Die Überschätzung der Stellung und der Stärke Deutschlands durch Kaiser Wilhelm II . (1888–1918) verleitete diesen zu einer Politik, die andere Mächte vor den Kopf stoßen musste«, heißt es in Helmut Pemsels
Weltgeschichte der Seefahrt
. »Der Aufbau der deutschen Kriegsflotte beunruhigte die Briten noch mehr, und das Verhalten Wilhelms in der Marokkofrage (Panthersprung) besiegelte die Entente cordiale zwischen Frankreich und Großbritannien«. [21]
Nachdem französische Truppen 1911 marokkanische Städte besetzt hatten, zeigte Wilhelm II . mit dem deutschen Kanonenboot
Panther
Flagge in der marokkanischen Hafenstadt Agadir. Mit der Drohgebärde wollte er die Franzosen zur Abtretung französischer Kolonialgebiete bewegen. Die Briten wiederum fürchteten die Errichtung einer deutschen Marinebasis in Agadir. Und diese »Kanonenbootpolitik« war denn auch einer der Gründe, warum Großbritannien und Frankreich weiter zusammenrückten. Während sich Großbritannien durch die zunehmende Aufrüstung Deutschlands bedroht sah, sah Deutschland diese wiederum nur als Reaktion auf seine eigene »planmäßige Einkreisung« (von Bülow 1906) durch die sogenannte Triple Entente (Dreifachbündnis) zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland.
Die Unterstützung der Cunard Line mit billigen Krediten und Subventionen bei der Rückeroberung des Blauen Bandes von Deutschland war eine Staatsangelegenheit von größter Wichtigkeit für Großbritannien. Und natürlich war es eine Selbstverständlichkeit, dass
Mauretania
und
Lusitania
im Kriegsfall der Royal Navy dienen würden. Salopp gesagt, hatte sich die britische Regierung »entschieden, der Cunard zwei neue Schnelldampfer faktisch zu schenken, wenn sie sich, anders als die White Star Line, verpflichtet, in britischem Besitz zu bleiben.« [22]
J. P. Morgan: Geld regiert die Welt
Geld regiert die Welt – so weit, so bekannt. Aber etwa ab 1902 beschloss ein damals in Europa mehr oder weniger bekannter Amerikaner, dass es künftig auch die Weltmeere regieren sollte. Und zwar nicht irgendein Geld, sondern sein Geld. Um diese Zeit kaufte die International Mercantile Marine ( IMM ), der Schifffahrtskonzern des amerikanischen Großbankiers J. P. Morgan, die britische White Star Line.
Noch heute löst Morgans Name in der Bankenwelt Respekt aus, noch heute ragt sein übermächtiger Schatten über die USA und die Welt, und noch heute gehören die von ihm vor über hundert Jahren gegründeten Konzerne zu den größten der Vereinigten Staaten und des Globus: John Pierpont Morgan, besser bekannt unter der Abkürzung J. P. Morgan. Sein Name überragt die Banken- und Geschäftswelt wie in Stein gemeißelt – wie sonst nur die Namen Fugger, Rothschild oder Warburg.
John Pierpont Morgan: der
Titanic
-Eigentümer und damals mächtigste Banker der Welt [3]
Der 1837 geborene Spross eines bereits sehr erfolgreichen Vaters mit Verbindungen in die höchsten Londoner Bankenkreise »erfand« in den USA praktisch im Alleingang das moderne Investmentbanking. Und da Geld nach immer neuen Investitionen und Wegen sucht, sich zu vermehren, wuchsen und verschmolzen unter seinen Händen Industrien und formten sich Branchen und Kartelle.
In den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts widmete sich Morgan durch Aufkäufe und Fusionen der Kreation eines Eisenbahnimperiums. 1892 schuf Morgan durch Verschmelzung verschiedener Konzerne General Electric, das »Siemens der Vereinigten Staaten«. Noch im Jahr 2011 war General Electric laut Forbes der sechstgrößte Konzern der USA , der größte war die Investmentbank JPM organ Chase, also ebenfalls ein Spross des Morgan-Imperiums. Im selben Jahr kürte Forbes die JPM organ Chase auch zum größten Unternehmen der Welt.
Durch solche wie in Stein gehauene historische Daten sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen. Um herauszufinden, aus welchem Stall die
Titanic
eigentlich stammte,
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